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Zauberschiffe 06 - Herrscher der drei Reiche

Titel: Zauberschiffe 06 - Herrscher der drei Reiche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Geheimnisse sind meine Rüstung. Ohne sie bin ich allen möglichen Verletzungen hilflos ausgeliefert. Selbst Verletzungen, die niemand beabsichtigt.«
    »Aha. Jetzt verstehst du also«, antwortete er schnell. Er fühlte, dass der Hieb sein Ziel erreichte.
    Sie holte tief Luft und redete hastig weiter, als würde sie in eiskaltes Wasser springen. »Es ist schwer zu erklären. Als ich noch jünger war und davon gesprochen habe, dachten die Menschen, ich wäre zu eitel, nur mit mir selbst beschäftigt. Sie versuchten mir einzureden, dass ich nicht das sein könnte, was ich war, obwohl ich es genau wusste. Schließlich bin ich fortgelaufen. Und habe mir geschworen, keine Angst mehr davor zu haben, was andere Menschen von mir denken. Ich wollte mir die Zukunft erhalten, die vor mir lag. Meine Träume und Pläne habe ich nur mit sehr wenigen Menschen geteilt.«
    »Du sagst mir nichts mit vielen Worten«, erklärte Paragon nachdrücklich. »Was genau bist du also?«
    Sie lachte bitter. »In einem Satz: Ich weiß nicht, wie ich es dir erklären soll. Ich bin genauso oft eine Närrin gescholten worden, wie ich eine Prophetin genannt wurde. Ich wusste immer, dass es bestimmte Dinge gab, die ich tun musste, für die Welt, Dinge, die sonst niemand tun konnte. Na ja. Sehr wahrscheinlich trifft das auf fast jeden zu. Aber ich folge einem Pfad, den ich nicht genau erkennen kann. Es gibt zwar Führer am Weg, aber ich finde sie nicht immer. Ich suche einen Sklavenjungen mit neun Fingern.« Paragon fühlte, wie sie den Kopf schüttelte.
    »Stattdessen habe ich Althea gefunden und gedacht, dass ich eine Verbindung zu dem Jungen durch sie spürte, obwohl sie keine Sklavin war und alle zehn Finger hatte. Also habe ich ihr geholfen. Mögen die Götter mir verzeihen. Ich habe ihr dabei geholfen, ihren Tod zu finden. Dann bin ich Malta begegnet und habe mich gefragt, ob sie vielleicht diejenige wäre, der ich helfen sollte. Ich taste mich durch den Nebel vorwärts, Paragon. Es gibt hier eine Aufgabe, die ich erfüllen muss, aber worin sie besteht, bleibt mir verborgen. Ich kann nur weitermachen und hoffen, dass ich sie erkenne, wenn die Zeit reif ist, und dann die richtigen Maßnahmen ergreife. Obwohl im Moment wenig Hoffnung darauf besteht.« Sie holte tief Luft. »Warum sind die Drachen in dir?«, wiederholte sie ihre Frage.
    Er fühlte, dass sie absichtlich das Thema wechselte. Dennoch antwortete er ihr. »Weil ich eigentlich diese Drachen hätte werden sollen. Was du Hexenholz nennst, ist ein schützender Kokon, den die Seeschlangen um sich spinnen, bevor sie ihre Verwandlung in einen Drachen beginnen. Die Regenwildhändler sind in den Ruinen einer uralten, versunkenen Stadt auf diese Kokons gestoßen. Sie haben sie getötet, die Kokons aber, die mit Erinnerungen angefüllt waren, dazu benutzt, um Schiffe zu bauen. Sie nennen uns Lebensschiffe, aber eigentlich sind wir tot. Denn während die Erinnerungen leben, sind wir zu einem Halbleben verdammt, gefangen in einem unbeholfenen Körper, der ohne die Hilfe von Menschen nicht bewegt werden kann. Ich bin in einer noch viel unangenehmeren Lage als die meisten anderen, denn für meinen Bau wurden zwei Kokons benutzt. Von dem Moment an, als ich geschaffen wurde, rangen die beiden Drachen in mir um die Vorherrschaft.« Er schüttelte seinen großen Kopf. »Ich bin außerdem viel zu schnell erwacht, weißt du. Ich hatte noch nicht genug menschliche Erinnerungen aufgesogen, um wirklich stark genug gefestigt zu sein. Von dem Moment an, als ich die Augen aufschlug, war ich gespalten.«
    »Ich verstehe nicht. Warum bist du dann Paragon und kein Drache?«
    Er lachte bitter. »Was glaubst du, ist Paragon anderes als menschliche Tünche über zwei miteinander streitenden Drachen? Weil sie sich gegenseitig den Rang streitig machten, konnte ich die Oberhand gewinnen. Aber wenn ich sage ›ich‹, weiß ich kaum, was das eigentlich meint.« Er seufzte tief. »Das ist es, was Kennit mir gegeben hat, und das ist es auch, was ich am schmerzlichsten vermisse: ein Gefühl für mein Selbst. Ein Gefühl von Zugehörigkeit. Wenn er an Bord war, hatte ich keine Zweifel, was meine Identität anging. Du siehst ihn nur als blutrünstigen Piraten. Ich erinnere ihn vor allem als einen ungebärdigen, lebhaften Jungen, der voller Freude den Wind und die Wellen genoss. Er lachte laut, schwang sich durch die Takelage und wollte mich nicht allein lassen. Er weigerte sich einfach, Angst vor mir zu haben. Und er ist an Bord

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