Zauberschiffe 06 - Herrscher der drei Reiche
glaubt, er habe den Paragon versenkt. Wenn wir wieder auftauchen…« Er schüttelte den Kopf. »Ich habe keine Ahnung, wie wir empfangen werden.«
»Er hat weder Amber noch mich jemals gesehen. Wir könnten das Beiboot nehmen und uns bei Flut durch den Sumpf schleichen, ein Angebot machen und…«
Brashen schüttelte den Kopf über das mutige Angebot, während er auf Clef herunterschaute. »Das ist tapfer, aber es würde nicht funktionieren, mein Junge. Was sollte ihn davon abhalten, das Lösegeld einzustreichen und euch beide ebenfalls gefangen zu nehmen? Nein. Ich fürchte, es wird einen Kampf geben.«
»Du kannst sie nicht zurückgewinnen, wenn du kämpfst«, mischte sich Paragon ein. »Und du wirst sie auch nicht mit Geld zurückbekommen. Er hat sich schon nicht für Gold interessiert, als du ihm das letzte Mal begegnet bist. Nein. Er wird sie nicht verkaufen.« Die Galionsfigur wandte ihm sein vernarbtes Gesicht zu.
»Woher weißt du das?«, erkundigte sich Brashen.
Paragon wandte sein Gesicht wieder ab. Seine Stimme klang eine Nuance tiefer, als er antwortete. »Weil ich weiß, was ich tun würde. Ich würde Angst haben, dass sie meine Geheimnisse kennen könnte. Dieses Wissen ist für Kennit viel zu gefährlich, als dass er sie am Leben lassen könnte. Er würde sie töten, bevor er zuließe, dass sie ihm genommen wird. Außerdem verstehe ich immer noch nicht, warum er sie überhaupt aus dem Wasser gezogen hat. Es wäre für ihn viel sicherer gewesen, sie ertrinken zu lassen. Das ist ein Stück des Puzzles, das ich nicht begreife.«
Brashen hielt den Atem an. Noch nie zuvor hatte das Schiff so offen mit ihm geredet. Es war fast so, als spreche ein Fremder mit Paragons Stimme.
Die Galionsfigur dachte weiter laut nach. »Wenn er sie behält, will er sie für sich allein haben, ein Schatz, den kein Gold der Welt freikaufen kann. Und es gibt nur einen einzigen Ort, an dem Kennit einen solchen Schatz aufbewahrt. Irgendwann wird er sie dorthin bringen. Nur ein Ort ist sicher genug, um das zu verstecken, was sogar zu kostbar ist, um es zu töten.«
»Kannst du uns dorthin bringen? Könnten wir dort auf ihn warten?«, fragte Brashen.
Das Schiff ignorierte sie. Paragon senkte den Kopf auf seine Brust. Die Muskeln seines Rückens traten deutlich hervor, als müsse er einen schrecklichen Kampf mit sich selbst ausfechten.
»Sir?«, fragte Clef, aber Brashen bedeutete dem Jungen zu schweigen. Sie warteten.
»Wir segeln mit der nächsten Flut«, verkündete Paragon plötzlich. Seine Stimme war die eines Mannes. »Ich werde es tun. Was Gold nicht kaufen kann, vermag vielleicht Blut. Ich werde euch den Schlüssel zu Kennits Herz ausliefern.«
9. Brautwerbung
»Ich will, dass man mich hier herauslässt.«
Kennit schloss die Tür hinter sich und stellte das Tablett ab.
So gelassen wie möglich drehte er sich wieder zu Althea um.
»Gibt es etwas, das Ihr braucht und nicht habt?«, erkundigte er sich mit ausgesuchter Höflichkeit.
»Frische Luft und Bewegung«, antwortete sie sofort. Sie saß auf dem Rand ihrer Koje. Als sie aufstand, musste sie sich abstützen, obwohl das Schiff nur sanft rollte. Sie hielt sich mit einer Hand am Schott fest.
Er runzelte die Stirn. »Ihr fühlt Euch schlecht behandelt? Ist es das?«
»Nicht ganz. Ich fühle, dass ich eine Gefangene bin und…«
»Aber nein. Ihr seid mein Ehrengast. Dass Ihr etwas anderes denkt, verletzt mich. Kommt, seid ehrlich zu mir. Gibt es etwas an mir, das Euch abstößt? Ist mein Äußeres so Furcht einflößend? Wenn ja, dann ohne meine Absicht, das versichere ich Euch.«
»Nein, nein.« Er beobachtete, wie sie sich um eine Antwort bemühte. »Ihr seid ein Gentleman und überhaupt nicht Angst einflößend. Ihr seid mir bisher nur höflich und vornehm entgegengetreten. Aber die Tür war verschlossen, als ich sie öffnen wollte, und…«
»Kommt, setzt Euch hin und esst etwas. Unterhalten wir uns darüber.« Er lächelte sie an und konnte sich nur mit Mühe davon abhalten, sie mit seinen Blicken zu verschlingen. Sie trug jetzt Wintrows Kleidung und hatte ihr Haar zurückgebunden. Damit betonte sie die Ähnlichkeit zwischen den beiden noch mehr. Sie hatte seine dunklen Augen und seine Wangenknochen, aber ihr Gesicht war nie von einer Tätowierung entstellt worden. Vermutlich hatte sie die Kleidung ihres Neffen angezogen, weil sie sie für weniger provokativ hielt als sein Nachthemd. Aber genau das Gegenteil war der Fall. Die Hügel ihrer Brüste unter
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