Zaubersommer in Friday Harbor
wie seine Zärtlichkeit sie erregte.
Sam löste
sich als Erster aus dem Kuss. Er hielt Lucy in den Armen, bis sie das
Gleichgewicht wiedergefunden hatte. Verwirrt und entwaffnet schaffte sie es
schließlich, sich von ihm zu lösen, und eilte die Stufen zur Haustür hinaus.
„Ich rufe
dich an”, hörte sie ihn sagen.
Sie hielt
einen Moment inne und warf einen Blick über die Schulter zurück. „Das wäre
keine gute Idee”, meinte sie leise.
Sie wussten
beide, dass ihre Antwort sich nicht auf die Wohnung bezog.
„Du musst
dich nicht bedrängt fühlen”, sagte er. „Du bestimmst, wo es langgeht,
Lucy.”
Sie lachte
kurz auf. „Wenn man jemandem sagen muss, dass er bestimmt, wo es langgeht, dann
ist das ganz sicher nicht der Fall.” Ohne sich noch einmal nach ihm
umzusehen, eilte sie die restlichen Stufen hinauf.
Kapitel 8
s ist noch zu früh”, hatte Kevin
protestiert, als Alice das Thema Hochzeit ansprach. „Du bist doch gerade erst
eingezogen.” Sie warf ihm einen langen strengen Blick zu. „Über was für
eine Zeitachse reden wir hier?”
„Zeitachse?”,
gab er verwirrt zurück.
„Sechs
Monate? Ein Jahr? Ich werde nicht ewig warten, Kevin. Viele Männer sind in
deinem Alter längst verheiratet. Wo also liegt das Problem? Du hast gesagt, du
liebst mich.”
„Ja, aber
...”
„Wie viel Zeit brauchst du noch, mich
kennenzulernen? Woran hapert es? Ich habe kein Problem damit, dich zu
verlassen, wenn du das Gefühl hast, dass wir nicht zusammenpassen.”
„Das habe
ich nie behauptet.”
Aber Alice
hatte entschieden, dass sich für sie etwas Großartiges ereignen musste – zumal
sie gerade ihren Job als Drehbuchschreiberin verloren hatte. Ihr Agent hatte
angerufen, nachdem er mit der Chefautorin von Nur das Herz kennt die
Wahrheit gesprochen hatte. Die Serie war abgesetzt worden. Das Zuschauerinteresse
war so gering, dass nicht einmal die erste Staffel abgedreht werden sollte. Man
hatte den Sendeplatz bereits mit ein paar Spielshows neu belegt. Noch wurde versucht,
die Rechte an der Serie an einen Kabelkanal zu verkaufen, aber derweil saß
Alice arbeitslos zu Hause und war auf ihre mageren Ersparnisse angewiesen.
Kevin zu
heiraten würde für sie gleich drei Probleme lösen. Sie bekam damit Anrecht auf
seine finanzielle Unterstützung. Lucy würde anerkennen müssen, dass Kevin Alice
mehr liebte, als er sie geliebt hatte. Und ihre Eltern müssten diese Verbindung
endlich akzeptieren. Alice und ihre Mutter würden gemeinsam die Hochzeit
planen, alle wären aufgeregt, und die Familie könnte wieder glücklich vereint
sein. Lucy wäre gezwungen, ihren verletzten Stolz hinunterzuschlucken und über
die Sache hinwegzukommen.
Kaum
steckte der Verlobungsring an ihrem Finger, rief Alice triumphierend ihre
Eltern an. Sie war fassungslos, als sie statt mit den erwarteten Glückwünschen
mit harscher Kritik konfrontiert wurde.
„Habt ihr
schon einen Termin festgesetzt?”, hatte ihre Mutter gefragt.
„Noch
nicht. Ich dachte, wir beide setzen uns zusammen und überlegen gemeinsam
...”
„Du
brauchst mich nicht in deine Pläne einzubeziehen”, fiel ihre Mutter ihr
ins Wort. „Dad und ich werden an deiner Hochzeitsfeier teilnehmen, wenn du das
möchtest. Aber sie zu planen und zu bezahlen liegt nicht in unserer
Verantwortung.”
„Wie bitte?
Ich bin eure erste Tochter, die heiratet – und ihr wollt mir keine Hochzeit
ausrichten?”
„Wir wären
überglücklich, eine Hochzeit auszurichten, wenn unsere Familie wieder versöhnt
ist. Aber so wie die Dinge im Moment stehen, hast du dir dein Glück auf Kosten
deiner Schwester erkauft. Und unsere Rücksichtnahme auf ihre Gefühle macht es uns
unmöglich, deine Beziehung zu Kevin zu unterstützen. Das heißt übrigens auch,
dass wir dir nicht länger jeden Monat finanziell unter die Arme greifen
werden.”
„Ich fühle
mich, als würde ich enterbt”, rief Alice wütend und erstaunt zugleich.
„Ich glaube das einfach nicht. Das ist so unfair!”
„Du hast
eine Situation herbeigeführt, die jedem gegenüber unfair ist, Alice. Auch dir
selbst gegenüber. Vor uns liegen so viele Ereignisse ... Festzeiten, Geburten,
Krankheiten ... alles Dinge, die wir als Familie bewältigen müssen. Und das
geht nicht, solange du dein Verhältnis zu Lucy nicht in Ordnung gebracht
hast.”
Voller
Entrüstung hatte Alice den Inhalt des Gespräches an Kevin übermittelt. Der
zuckte nur die Achseln und meinte, sie sollten die Hochzeit vielleicht
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