Zaubersommer in Friday Harbor
meine
Liebe?”
„Einfach
nur ein ganz normales T-Shirt.”
„Ich suche
Ihnen etwas Passendes heraus”, wandte Sam sich an Lucy. „Warum gehen Sie
nicht schon mal nach hinten und waschen sich, während ich mich hier
umschaue?”
Lucy
zögerte kurz. Dann nickte sie. „Aber bitte nichts Ausgefallenes oder
Verrücktes. Keine Schädel, keine dummen Sprüche, nichts Unanständiges.”
„Ihr Mangel
an Vertrauen tut mir weh”, sagte Sam.
„Ich kenne
Sie nicht gut genug, um Ihnen zu vertrauen.”
„Mrs
O'Hehir wird für mich bürgen.” Sam wandte sich wieder an die ältere Frau,
stützte sich mit den Händen auf dem Tresen ab und beugte sich verschwörerisch
zu ihr hinüber. „Komm schon, sag ihr, was für ein netter Mensch ich bin. Was
für ein Engel. Was für ein Sonnenschein.”
„Er ist ein
Wolf im Schafspelz”, sagte die Frau zu Lucy.
„In
Wirklichkeit wollte Mrs O'Hehir sagen, ich sei ein Schaf im Wolfspelz”,
korrigierte Sam sie.
Lucy
unterdrückte ein Lächeln. Ihre Laune hob sich zusehends, als die kleine Frau
ihr einen bedeutsamen Blick zuwarf und langsam den Kopf schüttelte. „Ich bin
sicher, dass sie ganz genau wusste, was sie sagen wollte.”
Damit ging
sie in den winzigen Waschraum, zog das nasse T-Shirt aus und ließ es in den
Abfalleimer fallen. Da ihr BH ebenfalls durchnässt war, warf sie ihn auch
gleich weg. Er war sowieso schon alt, ausgeleiert und ziemlich schäbig. Mit heißem
Wasser und Papierhandtüchern wusch sie sich die Arme und die Brust.
„Wie
kommt's, dass Sie ein Biker-Gefolge um sich geschart haben?”, hörte sie
Sam durch die Tür fragen.
„Sie haben
mich damit beauftragt, für ihre Kirche ein Buntglasfenster zu fertigen. Und
jetzt haben sie mich ... nun ja, sozusagen unter ihre Fittiche genommen.”
„Verdienen
Sie damit Ihren Lebensunterhalt? Sie sind Glaskünstlerin?”
„Ja.”
„Klingt
interessant.”
„Ist es
auch. Manchmal.” Lucy warf einen Haufen feuchter Papierhandtücher in den
Abfalleimer.
„Ich habe
ein Shirt für Sie gefunden. Kann ich es Ihnen reinreichen?”
Lucy trat
zur Tür und öffnete sie einen Spalt weit, wobei sie darauf achtete, außer Sicht
zu bleiben. Sam reichte ihr ein dunkelbraunes T-Shirt durch die winzige
Öffnung. Nachdem Lucy die Tür wieder geschlossen hatte, betrachtete sie das
Kleidungsstück mit kritischem Blick. Auf der Vorderseite war in Rosa die
grafische Darstellung einer chemischen Formel aufgedruckt.
„Was soll
das sein?”
Seine
Stimme drang durch die geschlossene Tür. „Die Strukturformel eines
Theobromin-Moleküls.”
„Was ist
Theobromin?”, fragte sie verständnislos.
„Der
Wirkstoff in der Schokolade, der glücklich macht. Soll ich Ihnen was anderes
suchen?”
Obwohl sie
so einen grässlichen Tag gehabt hatte, fand sie das witzig. „Nein, ich nehme
dieses. Ich mag Schokolade.” Der elastische Jerseystoff war weich und angenehm
auf ihrer feuchten Haut Lucy öffnete die Tür und verließ den Waschraum.
Sam wartete
draußen. Er musterte sie. „Sieht gut aus.”
„Ich sehe
aus wie eine Streberin”, gab Lucy zurück. „Ich rieche wie eine Brauerei.
Und ich brauche einen BH.”
„Meine Traumfrau.”
Eisern
unterdrückte sie ein Grinsen und trat zum Verkaufstresen. „Wie viel macht
das?”
Mrs O'Hehir
deutete auf Sam. „Er hat schon bezahlt.”
„Betrachten
Sie's als Geburtstagsgeschenk”, sagte Sam, als er Lucys
Gesichtsausdruck sah. „Wann haben Sie Geburtstag?”
„Im November.”
„Ein sehr
frühes Geburtstagsgeschenk.”
„Danke,
aber ich kann das nicht ...”
„Sie gehen
damit keinerlei Verpflichtungen ein.” Er schwieg einen Moment. „Nun ja,
vielleicht doch eine.”
„Welche?”
„Sie könnten
mir sagen, wie Sie mit vollem Namen heißen.”
„Lucy Marinn.”
Er reichte
ihr die Hand, und sie zögerte kurz, bevor sie sie ergriff. Seine Hand war
warm, seine Finger leicht schwielig. Die Hand eines Arbeiters. Hitze jagte ihr
über den Arm, als würde ihre Haut zum Leben erwachen, und sie zog hastig ihre
Hand zurück.
„Ich möchte
Sie nach Hause begleiten”, sagte Sam.
Lucy
schüttelte den Kopf. „Suchen Sie lieber Ihren Bruder und leisten Sie ihm
Gesellschaft. Wenn er heute endgültig geschieden wurde, ist er vermutlich
ziemlich am Boden.”
„Er wird
auch morgen noch am Boden sein. Dann besuche ich ihn.”
Mrs
O'Hehir, die ihre Unterhaltung mit angehört hatte, warf ein: „Sag Alex, dass er
ohne sie besser dran ist. Und richte ihm aus, er solle
Weitere Kostenlose Bücher