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Zebraland

Zebraland

Titel: Zebraland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marlene Roeder
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Freunde.
    3.) Vielleicht bin ich auch masochistisch veranlag t …
    4.) … oder einfach blöd.
    5.) Weil nur eins schlimmer ist, als Phil mit Anouk zu sehen: ihn gar nicht zu sehen. Verdammt. Ich verachte mich für meine Schwäche.
    Das Wohnzimmer wird himmelblau. Anouk hat die Farbe ausgesucht. Blau soll Harmonie und Ruhe ausstrahlen, hat sie erklärt. Fehlt nur noch, dass sie Schäfchenwolken an die Decke malt.
    Sie thront oben auf der Leiter wie eine Himmelsgöttin und zieht mit einem kleinen Pinsel die Kanten nach. Phil reicht ihr gerade den Farbeimer hinauf. Er trägt tatsächlich einen dieser albernen Hüte aus Zeitungspapier, die Anouk für uns gefaltet hat.
    Ich wende mich von den beiden ab und blicke zum Fenster hinaus. Da bemerke ich das Polizeiauto, das vor dem Haus hält. Angst überkommt mich und zugleich die verzweifelte Hoffnung, dass es endlich vorbei ist. »Die Polizei ist da«, sage ich mit belegter Stimme.
    »Was?!« Phil stürzt ans Fenster. »Scheiße«, flüstert er. Ich kann seine Körperwärme spüren, als er sich neben mir aufs Fensterbrett lehnt. Trotz des Hutes hat er einen leuchtend blauen Streifen auf der Wange abgekriegt.
    Wir spähen durch die Blümchengardine nach draußen und beobachten, wie eine Polizistin mit mausbraunem Dutt und ihr junger, schlaksiger Kollege aussteigen.
    »Kann doch sein, dass es gar nichts damit zu tun hat«, wispert Anouk, die oben auf der Leiter sitzen geblieben ist, als hätte sie Angst, den Erdboden zu berühren. Es würde mich nicht wundern, wenn sie sich die Augen zuhielte. Wie ein Kind, das glaubt, dass es unsichtbar wird, wenn es selbst die anderen nicht sieht.
    Es klingelt. Zweimal. Wir hören das Geklapper von hochhackigen Schuhen auf der Treppe. Phils Mutter. Das Gemurmel von Stimmen, man kann nichts verstehen.
    Phil kaut hektisch auf seiner Unterlippe.
    »Wenn sie wirklich wegen uns hier sind«, sagt er langsam, »dann werden sie sich das Auto ansehen wollen. Eigentlich kann nichts passieren«, sagt er mehr zu sich selbst als zu uns. »Wir haben den Mercedes repariert. Er steht wieder in der Garage. Ich habe sogar einen alten Jutesack darüber ausgeklopft, um ihn wieder einzustauben! Es sieht aus, als wäre er jahrelang nicht bewegt worden. Nein, sie werden nichts merken. Es ist perfekt. Trotzdem!«
    Phil schnappt sich die Gläser, aus denen wir vorhin Saft getrunken haben, und verlässt den Raum.
    Anouk und ich blicken uns ratlos an, dann klettert Anouk vorsichtig von der Leiter und wir folgen ihm ins Schlafzimmer.
    Dort beobachten wir, wie Phil eines der Gläser an die Wand drückt und sein Ohr an den Glasboden legt. »Diese Wand grenzt direkt an die Garage. Sie ist nur aus Rigips«, flüstert er. »Wollt ihr auch?« Anouk schüttelt heftig den Kopf, aber ich nehme eines der Gläser. Die Oberfläche ist kühl und glatt an meinem Ohr. Es ist ein bisschen wie Detektivspielen früher. Nur dass es jetzt um unser Leben, unsere Zukunft geht.
    Wir lauschen. Eine lange Zeit passiert nichts.
    Dann hört man das Quietschen des Garagentores. Das Gemurmel von Stimmen, Wortfetzen verfangen sich in meinem gläsernen Trichter. » … verstehe nicht ganz, waru m … Wagen sehen müsse n … unsere Flugtickets gezeig t …«, höre ich die Stimme von Phils Mutter.
    »Lassen Sie das unsere Sorge sein.« Ich zucke zusammen. Die Stimme der Polizistin klingt so deutlich, als stünde sie direkt neben uns. »Am Moped des verunglückten Mädchens wurden Lackreste sichergestellt. Anhand unserer Lackdateien konnten wir Marke und Baujahr des Tatfahrzeugs ermitteln. Alle infrage kommenden Autos werden routinemäßig überprüft.«
    Die Wand filtert die Antwort von Philipps Mutter. » … nichts zu verbergen.«
    Stille. Schritte.
    Jetzt sehen sie sich bestimmt den Wagen an. Ich stelle mir vor, wie die Polizisten ihn abschreiten und mit den Fingern Linien in unsere gefälschte Staubschicht ziehen, nur wenige Meter von uns entfernt.
    Werden sie etwas bemerken?
    Der junge Polizist sagt etwas, seine Stimme ist ein tiefes Grummeln, nicht zu verstehen.
    »Mein Schwiegervate r … seit Jahren nicht gefahre n … habe für ihn eingekauf t … abe r … geweigert, den Wagen zu verkaufen.«
    »Und Ihr Sohn?«, fragt die Polizistin. Mir wird klar, dass ihr Kollege sich erkundigt hat, wer den Wagen sonst noch gefahren haben könnte.
    »Philipp? … noch keinen Führerschein.«
    »Wie alt, sagten Sie, ist er? Fast achtzehn? Jungs in diesem Alter schlagen gerne mal über die Stränge.

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