Zebulon
des Sacramento und des Cottonwood Creek überquert hatten, überwanden sie eine Reihe von Hügeln mit Erlengestrüpp und dichten Ahornwäldchen. Als sie später aus einem Fichtengehölz kamen, sahen sie am Horizont eine dünne Rauchsäule aufsteigen.
Es ging steil bergan, auf einen Felsen zu. In der dünnen Luft sagte keiner etwas, es war, als wären sie in eine Ruhe eingetreten, die schon immer dagewesen war, ein magisches Land, in dem es weder Stillstand noch Tod gab, in dem nie etwas geschehen war und auch nie etwas geschehen würde.
Geräusche von Pickeln und Schaufeln rissen sie aus ihren Gedanken. Unten im Tal sahen sie durch Nebelbänke ein Goldgräberlager, das aus Hütten und Zelten am Ufer des Flusses, eines tosenden Wildbachs in der Mitte einer tief eingeschnittenen Schlucht, errichtet worden war.
Die einzige Hütte mit vier Wänden stand etwas abseits von den anderen auf einer kleinen Anhöhe. Auf einem Schild an der Tür stand:
VORRÄTE UND WERKZEUG –
ERSCHWINGLICHE PREISE
Delilah zeigte auf Cox, den Engländer von der
Rhinelander
, der gerade zu der Hütte hinaufstieg, gefolgt von drei Miwok, die schwere Säcke mit Getreide auf Kopf und Schultern trugen. Cox schickte die Indianer hinein, setzte sich auf eine Bank neben der Tür und zündete sich einen selbstgerollten Stumpen an.
Unter ihm arbeitete eine Gruppe erschöpfter Männer an Abzugsgräben und Wasserrädern. Weiter flussabwärts standen halbnackte Chinesen, Mexikaner und Indianer bis zum Bauch im eiskalten Wasser und wuschen Kies in hölzernen Schwingtrögen.
Plötzlich stieß ein Miwok einen Schrei aus. Er kniete sich hin und horchte mit dem Ohr an der Erde. Auf der Stelle ließen die weiter flussaufwärts arbeitenden Miwok ihre Schwingtröge fallen und rannten in ein dichtes Grautannenwäldchen, unmittelbar bevor der Gefängnisdirektor in das Lager gesprengt kam.
Schräg über der Stirn trug der Direktor eine Kokarde. Sein magerer, von der Ruhr und cholerischer Wut geschwächter Körper war in einen zerrissenen roten Umhang gehüllt. Hinter ihm führte der Sheriff eine zerlumpte Truppe von Wärtern und drei von Pferden gezogene Fouragewagen an. Die Nachhut bildeten Stebbins, der Fotograf und zwei Maultiere, die mit der Fotoausrüstung und mehreren Gestellen mit spanischem Wein beladen waren.
»Wir sind auf der Suche nach dem Gesetzlosen Zebulon Shook«, rief der Direktor. »Wir wissen, dass er diesen Weg genommen hat. Wer etwas über seinen Verbleib weiß, soll jetzt reden.«
Niemand meldete sich. Die meisten hatten noch nie etwas von Zebulon Shook gehört – und wenn, dann hätten sie ihn oder auch irgendwelche andere Gesetzlosen angesichts ihrer eigenen Vergangenheit nie verraten.
»Das ist der letzte Aufruf«, schrie der Direktor.
Als sich wieder niemand meldete, nickte er dem Sheriff zu, und dieser schoss einem chilenischen Arbeiter in den Fuß.
Bis auf Cox, der beim Auftauchen des Direktors in seine Hütte gerannt war, riefen nun alle, was sie über Zebulon wussten oder zu wissen meinten. Das meiste saugten sie sich aber aus den Fingern: »Er ist untergetaucht, Herr General. Niemand weiß, wo –«, »New Mexico oder Colorado –« »Oklahoma –«, »El Paso, hab ich gehört –«, »Jemand hat ihn auf den Brazos gesehen –«, »Er hat in Silver City eine Bank überfallen und die halbe Stadt in Stücke geschossen –«, »In Placerville einen Mann umgelegt –«, »Mit einem Haufen entlaufener Sklaven am Frazier sein Lager aufgeschlagen«, »Auf dem Weg nach Vancouver –«, »Diese Mulattenhure, die ihn an der Nase rumführt –«, »Unterwegs nach Oregon, mit ein paar Männern aus Minnesota –«
»Ergreift diesen Mann!«, rief der Direktor und zeigte auf einen Chinesen, der hinter einem Schleusentor kauerte, das Gesicht halb unter einem Bambushut verborgen.
Während zwei Soldaten auf ihn zurannten, riss Lu ein Brett von dem Tor ab und watete in den Fluss. Er klammerte sich an das Brett und ließ sich über die nächste Stromschnelle treiben. Sein langer schwarzer Zopf ringelte sich hinter ihm her wie eine Schlange, als er den Fluss hinunter verschwand.
Alle stoben in verschiedenen Richtungen davon, bis auf ein Dutzend Chinesen, die sich Schwingtröge vors Gesicht hielten. Zwei wurden auf der Stelle erschossen, drei weitere, als sie in den Wald liefen. Die übrigen blieben mit erhobenen Händen im Wasser stehen.
Der Direktor ritt fuchsteufelswild auf und ab, während seine Leute ausschwärmten, gewaltsam in
Weitere Kostenlose Bücher