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Zebulon

Zebulon

Titel: Zebulon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rudolph Wurlitzer
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die Hose auszog.
    Er drang in sie ein, und sie nahm ihren Arm von Hatchet Jack, dessen Mund weit aufgerissen war, wie in Totenstarre.
    »Nicht bewegen«, befahl sie, nahm ihn in sich auf und atmete mit ihm, bis er spürte, dass ein Druck sein Rückgrat emporschoss, dem pulsierende Hitzewellen folgten.
    Als die Empfindung vorüber war, fühlte er sich plötzlich verlassen, als stürzte er in die dunklen Wogen einer stürmischen See hinab.
Komm näher
, heulten die turmhohen Wellen,
näher zu
– Er wusste nicht, was ihn erwartete. Als er den Mund öffnete, atmete er nicht mehr. Er stellte sich vor, dass seine Lunge voll Wasser war, und je mehr er nach Luft rang, desto übermächtiger wurde die Angst.
    Er betete zu Wakan Tanka und all den Geistern, die dort leben und tanzen, wo die Sonne untergeht, und sich der Zwischenwesen annehmen, die in allen Wassern der Welt gefangen sind. Die alten Menschen sprachen mit ihm. Seine Mutter und sein Vater riefen nach ihm und dem doppelköpfigen Adler, der dort lebt, wo der Riese die Welt auf seinen Schultern trägt. Sie alle riefen nach ihm.
    »Hee-ay-hay-ee«, rief er so laut, dass die anderen davon wach wurden. »Hee-ay-hay-ee-ee!«
    Als er die Augen aufschlug, sah ihn Hatchet Jack auf den Ellbogen gestützt an und zielte mit seinem .44er Colt auf seine Stirn.
    »Treibst du’s nicht ein bisschen zu weit damit, kleiner Bruder?«, fragte er mit einem neugierigen, halb amüsierten Lächeln.
    Zebulon sah, dass es der Colt war, den er trug, als man in dem Saloon auf ihn geschossen und ihn dann in den Arroyo geworfen hatte.
    »Ich hab ihn nicht gestohlen«, sagte Hatchet Jack. »Und ich hab ihn auch keinem Sterbenden abgenommen. Nicht mein Stil. Der Colt lag auf dem Tisch. Da du nicht mehr da warst, hab ich mir gedacht, ich kann ihn genauso gut an mich nehmen.«
    »Jetzt mach schon, erschieß ihn.« Large Marge schaute zu ihnen herüber. »Und die da gleich mit. Er würde es auch tun. Oder, falls dir dazu der Nerv fehlt, erschieß mich. Oder dich selbst. Egal was, nur tu irgendwas, damit dieses ewige blöde Palaver und dieses Rumgemache jeder mit jedem endlich aufhört.«
    Es war eine Situation, die sie nicht mehr verstehen konnte oder wollte. Angewidert zog sie sich die Decke über den Kopf.
    Hatchet Jack gab den Colt Delilah, die ihn aus einer Hand in die andere nahm. Dann reichte sie ihn an Zebulon weiter, der ihn ihr jedoch wieder zurückgab.
    Hatchet Jack stand auf und zog sich die Hose an. »Morgen reiten wir Plaxico nach. Er wartet am Yuba. Er hat mir eine Karte gezeichnet.«
    Er nahm ein Stück Rindsleder aus der Brusttasche. CALFORNIE war über eine Reihe von Pfeilen geritzt, die nach Nordwesten zeigte und an einem dreimastigen Segelschiff endete. An einer anderen Stelle stand ORAGON .
    Delilah drückte sich den Colt mit beiden Händen zwischen die Brüste.
    »Und mehr brauchen wir nicht? Nur eine Karte? Sind wir deswegen hier? Um weiterzureiten, und dann noch ein bisschen weiterzureiten, und dann wieder weiter, wenn uns einer nachreitet und vielleicht einer vor uns her, weil wir nicht wissen, wie wir hinter uns selbst herreiten können? Wenn das so ist, dann lasst uns doch nach Oregon hinaufreiten und den finden, den wir suchen, wer immer das sein mag. Vielleicht kann uns Plaxico, wer immer das ist, erklären, was wir machen, auch wenn er es nicht weiß oder, falls er es doch weiß, nicht sagen kann, warum. Sucht’s euch aus. Mir ist alles recht.«
    Sie feuerte eine Kugel in einen Baumstamm und stolzierte in die Nacht hinaus.
    Als sie zurückkam, schliefen die anderen oder stellten sich zumindest schlafend. Sie suchte sich einen Platz ein Stück entfernt von Hatchet Jack und Zebulon und kuschelte sich allein zusammen, die Arme über den Brüsten verschränkt.
    Über ihnen standen dunkle Wolken wie Tintenkleckse unter dem Vollmond. Irgendwo heulte ein Wolf. Dann noch zwei, und schließlich fiel das ganze Rudel in den Trauerchor ein.
    Sie schliefen die ganze Nacht, zusammen und getrennt, zu erschöpft, um zu träumen oder die Wölfe heulen zu hören.

H ATCHET J ACK RITT VORAUS über grüne, mit Goldruten und Manzanita-Büschen gesprenkelte Hügel. Nach Osten zu schwebte, schmal und spitz wie das Ende eines Queues, ein Regenbogen über einem Wasserfall. Am Himmel segelten Adler. Hirsche und Gabelböcke stoben vor ihnen davon, wenn sie das Hufgetrappel der Pferde hörten, verhofften dann und schauten mit großen erschrockenen Augen zu ihnen zurück.
    Nachdem sie die Oberläufe

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