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Zehn Milliarden (German Edition)

Zehn Milliarden (German Edition)

Titel: Zehn Milliarden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Anderegg
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aber ebenso direkt auf ihrer Arbeit an Alex beruhten.
    »Die sind übergeschnappt«, rief sie aus, als sie die Dateien im Ordner P0851: MINDPRINT quergelesen hatte. Sie trank einen kräftigen Schluck Wein, um ihren Ärger hinunterzuspülen. Die Leute von MINDPRINT beschäftigten sich mit der Entwicklung einer neuen Generation von Lügendetektoren. Im Unterschied zu den primitiven Polygraphen, die durch fortlaufende Messung von Blutdruck, Puls, Atmung und anderen Parametern anzeigen sollten, ob eine Testperson die Wahrheit sagte, interpretierte MINDPRINT direkt die Hirntätigkeit. Natürlich konnte man mit Hilfe ihrer Methode die Hirntätigkeit sehr genau und in Echtzeit auswerten, aber die Leute waren sich offenbar nicht bewusst, was hier gemessen wurde, dachte sie kopfschüttelnd. Seit den Versuchen von Professor Rizzolatti in Parma wusste man, dass die gleichen Neuronen feuern konnten, wenn jemand etwas Bestimmtes tat oder auch nur daran dachte, es zu tun, oder es getan zu haben. Bis heute hatte niemand auch nur die blasseste Ahnung, wie man diese drei Möglichkeiten auseinanderhalten sollte. War ein Verdächtiger schuldig, nur weil er unglücklicherweise an einen Tatort dachte, den er zufällig kannte? Die Leute missbrauchten ihre Forschungsergebnisse, um Gedankenpolizei zu spielen. Dauert nicht mehr lange, bis Menschen vorsorglich eingesperrt werden , schoss es ihr durch den Kopf. Ihr Glas war leer und ihr Ärger kein Bisschen kleiner. Sie goss nach und nahm sich das dritte Dateiverzeichnis vor: P0855: MS , noch ein Projekt, bei dem ihre Nanobots eingesetzt wurden. Der Name konnte nicht passender sein, denn hier ging es darum, Lähmungen zu überbrücken, wie sie bei Patienten mit multipler Sklerose auftreten. Man hatte offenbar bereits erfolgreiche Versuche an Affen durchgeführt, denen Nerven durchtrennt und so künstliche Lähmungen zugefügt wurden. Nanobots in ihrer Hirnrinde übermittelten die Neuronensignale an ein kleines Kästchen, das als elektronische Schnittstelle diente und direkt mit dem Muskelgewebe verbunden war. So wurde die Lähmung überwunden, die Tiere konnten ihre Glieder wieder bewegen.
    »Das nenne ich eine sinnvolle Anwendung«, brummte sie. Es war zwar nicht einzusehen, weshalb Gifford ein Geheimnis daraus machte, aber MS beruhigte sie wieder einigermaßen. Es gab doch noch vernünftige Ideen in diesem Laden. Die zweite CD ließ sie kalt, sie enthielt keine verwertbare Information. Sie war müde, gähnte und warf einen Blick auf die Uhr: bald drei Uhr morgens. Sie musste Schluss machen. Kurz entschlossen scannte sie Rachels Dokumente ein, ohne sie zu lesen, packte sie zusammen mit dem ganzen Inhalt der ersten Disk in eine komprimierte Datei und übermittelte alles an Nicks private Mailadresse. Um nicht wieder zu weinen, schrieb sie nur ein paar wenige begleitende Worte dazu:
     
    Nick, mein Liebster,
    ich finde keine Worte, um auszudrücken, wie leid es mir tut, dich so tief verletzt zu haben. Ich liebe dich, und ich habe dich immer geliebt, seit wir uns das allererste Mal begegnet sind. Du bist das Wichtigste in meinem Leben. Ich weiß, ich habe dein Vertrauen verloren, aber ich möchte es wieder gewinnen, bitte lass es mich versuchen. Auch wenn du nicht mit mir sprechen magst, hoffe ich, dass du die beigefügten Dokumente liest. Ich will keine Geheimnisse mehr vor dir haben, auch wenn es eines Tages meinen Kopf kosten sollte. Ich kann an nichts anderes denken, als an dich und die wunderbare Zeit, die wir zusammen erlebt haben.
    Deine Julie
University of California, Los Angeles
     
    Bob spürte sofort, dass etwas nicht in Ordnung war mit seinem alten Freund. Er hatte ihn selten so wortkarg, ja unsicher erlebt. Etwas bedrückte seinen ehemaligen Chef, und er wollte wissen, was es war.
    »Nick, ich weiß, dass dies kein Höflichkeitsbesuch ist. Also, was ist los?« Nick betrachtete seinen Freund und ehemaligen Arbeitskollegen nachdenklich. Sie hatten sich in eine Ecke der CNSI-Cafeteria auf dem UCLA Campus zurückgezogen.
    »Du mit deinen Verschwörungstheorien«, murmelte er fast unhörbar.
    »Ich glaub’s nicht, hast du das immer noch nicht verdaut?« Nick schüttelte müde den Kopf.
    »Nein, du hattest recht.«
    »Was?« Bob glaubte, sich verhört zu haben.
    »Dein Verdacht war richtig. Die Firma, wegen der ich hier weggezogen bin, wird praktisch von der Armee kontrolliert.« Er schaute trübsinnig in seine leere Kaffeetasse. »Und ich Idiot hab’s nicht gemerkt, bis es zu spät

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