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Zehn Milliarden (German Edition)

Zehn Milliarden (German Edition)

Titel: Zehn Milliarden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Anderegg
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Schrankschlüssel fand sie nach einigem Suchen im Schreibtisch. Sie öffnete den Metallschrank, fand jedoch nur Personalunterlagen, die sie nicht im Mindesten interessierten.
    »Mist«, schimpfte sie leise. Sie konnte nicht glauben, dass Joe nichts über seine Projekte und kleinen Geheimnisse in den Ablagen aufbewahrte. Sollte er alles nur elektronisch speichern? Wie sie ihn kannte, müsste er zumindest eigene Sicherheitskopien gemacht haben, die hier irgendwo sein mussten. Plötzlich fuhr sie zusammen. Jemand betätigte die Tastatur neben der Tür und gleich darauf sah sie, wie der Türgriff hinuntergedrückt wurde. Reflexartig sprang sie in die dunkle Anrichte und vermochte deren Tür gerade noch halb zuzuziehen, bevor die unbekannte Person eintrat. Nicht die Putzfrau, es war eine andere Frau. Vorsichtig spähte sie durch den Türspalt. Die Frau schaute sich verblüfft im Zimmer um, wohl erstaunt, dass Licht brannte. In diesem Augenblick erinnerte sich Julie wieder. Sie kannte dieses Gesicht. Rachel, den Nachnamen hatte sie vergessen. Die Frau, die Vic in Moorea überzeugen wollte, für ihr Projekt zu arbeiten. Die Frau, die mit im Boot saß, das sie beim Brand von Vics Haus gesehen hatte! Sie war versucht, sie hier und jetzt zur Rede zu stellen, hielt sich aber im letzten Moment zurück. Rachel legte das Mäppchen mit Dokumenten, das sie unter dem Arm trug, auf Giffords Schreibtisch. Dann schaute sie sich nochmals kopfschüttelnd um und schritt schließlich entschlossen auf die Anrichte zu. Ein Schwall heißen Bluts durchzuckte Julies Schläfen, ihr Herz pochte heftig. Im letzten Moment unterdrückte sie einen Schrei. Rachels Hand war am Türgriff. Julie machte sich sprungbereit, suchte verzweifelt nach irgendeinem Gegenstand, mit dem sie sich wehren konnte, doch dann wurde es dunkel. Rachel hatte die Tür der Anrichte geschlossen. Die Schritte entfernten sich. Durch einen Spalt unter der Tür sah sie, wie das Licht erlosch. Die Bürotür fiel ins Schloss und es war totenstill. Sie sank zitternd zu Boden, wagte kaum zu atmen. Lange saß sie zusammengekauert in der engen Anrichte, bevor sie endlich wagte, die Tür aufzustoßen. Sie war nicht für solche Abenteuer geschaffen, aber jetzt war sie hier und wollte nicht unverrichteter Dinge wieder abziehen. Das fahle Licht der Außenbeleuchtung erhellte den Raum immerhin soweit, dass sie sich orientieren konnte. Die Anrichte glich eher einer gut bestückten Bar. Einen steifen Drink könnte ich durchaus vertragen , dachte sie und leckte sich die trockenen Lippen. Hier würde sie wohl nicht finden, was sie suchte, doch sie öffnete trotzdem alle Schubladen und Schränke, um sicher nichts zu übersehen. Beim Blick in den hell erleuchteten Kühlschrank stutzte sie. Neben ein paar Flaschen Wasser, Softdrinks, Milch und einer vertrockneten Zitrone lag ein sauber in durchscheinendes Plastik eingewickeltes Päckchen. Sie nahm es heraus und hätte beinahe einen lauten Jubelschrei ausgestoßen. Das Päckchen enthielt zwei CDs, und die enthielten mit Sicherheit keine Musik.
    »Joes kleine Geheimnisse«, murmelte sie zufrieden lächelnd. Ohne die geringsten Skrupel steckte sie das Päckchen in ihren Aktenkoffer. Ihr Blick fiel auf das Mäppchen, das Rachel auf Joes Schreibtisch gelegt hatte. Sie ging mit ihm ans Fenster, hielt es ins Licht der Straßenlampe und überflog die ersten Seiten. Das erste Dokument war nicht interessant, aber bei der Titelseite des zweiten stutzte sie: P0843: Z, Notabschaltung . Kurzerhand steckte sie das Dokument in ihren Koffer. Eine weitere Notiz stammte offenbar von Rachel selbst. Es war nichts anderes als ein detaillierter Hintergrundbericht über Nick, eine Art Geheimdienstfiche. »Ein Skandal«, zischte sie entrüstet und packte auch dieses Papier ein. Vorsichtig verließ sie das Büro, verabschiedete sich freundlich von Mr. Sanders im Foyer und eilte nach Hause.
    Sie öffnete die letzte Flasche des fruchtigen Chardonnay von Marimar Torres und setzte sich mit einem großzügig gefüllten Glas an ihren Computer. Aufgeregt wartete sie, bis das Laufwerk die erste CD erkannte und das Inhaltsverzeichnis anzeigte. Unverschlüsselt! Fieberhaft brauste sie durch die Ordner und Dokumente, um sich rasch einen Überblick zu verschaffen. Sie hatte offenbar die richtige Disk erwischt. Neben einem Archiv mit allen Statusberichten und Testberichten zum Projekt Z enthielt die CD Material zu zwei weiteren Unterfangen, von denen sie noch nie etwas gehört hatte, die

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