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Zehn Milliarden (German Edition)

Zehn Milliarden (German Edition)

Titel: Zehn Milliarden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Anderegg
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Nick ist verschwunden. Gestern und heute nicht im Büro, nicht zu Hause, telefonisch nicht erreichbar.«
    »Was heißt verschwunden? Er wird etwas Wichtiges ...« Er unterbrach sie barsch.
    »Wissen Sie, wo er ist? Haben Sie Kontakt zu ihm?«
    »Nein - ich - warum?«
    »Sie sollten sich das einmal anhören.« Es knackte in der Leitung und kurz darauf hörte sie Nicks Stimme: »Hallo?« Wie elektrisiert rief sie:
    »Nick - hallo? Wo bist du, was ist los?«
    »Das wissen wir eben nicht«, antwortete Gifford. »Das war eine Aufzeichnung, Julie. Die Aufnahme wurde vorgestern kurz vor Mitternacht gemacht. Nick war in Ihrem Büro, an Ihrem Telefon und Ihr Computer war ins Air Force Netz eingeloggt. Was sagt uns das?«
    »Sie lassen mein Telefon abhören?«, brauste sie auf. Erst dann begriff sie, was er gesagt hatte. Nick hatte irgendwie herausgefunden, was sie hier wirklich trieb. Sie war enttarnt. »Mein Gott!«, stöhnte sie.
    »Der wird Ihnen auch nicht helfen.« Sie überhörte seinen Sarkasmus. Zu spät, sie hatte zu lange gezögert, ihm die Wahrheit zu sagen. Sie war eine Verräterin. Er hatte sie verlassen. Verlassen! Sie konnte nichts anderes mehr denken. Tränen schossen ihr in die Augen, ihr Herz klopfte wild und ihr Magen verkrampfte sich, dass es schmerzte.
    »Haben Sie verstanden?«, fragte Gifford gereizt. Sie hatte nicht zugehört.
    »Was - wie?«
    »Verdammt, was ist los? Ich habe gesagt, dass Sie sofort zurückkommen sollen. Ich werde hier inzwischen eine harmlose Coverstory verbreiten, aber ich brauche Sie dringend, um dieses Problem zu lösen. Sie müssen Nick solange vertreten, bis wir ihn gefunden haben. Er ist ein erhebliches Sicherheitsrisiko, begreifen Sie das?« Die letzten Worte vernahm sie nur noch undeutlich, als steckte ein dicker Wattebausch in ihrem Ohr. Ohne zu antworten ließ sie den Hörer auf die Gabel fallen und begann, ihre Sachen zu packen. Mechanisch reservierte sie sich einen Platz auf dem nächsten Shuttleflug nach Las Vegas.
    »Was wird das, wenns fertig ist?«, fragte Wegener verwundert, als er den Kopf zur Tür hereinstreckte.
    »Ich muss nach Washington zurück.« Er reagierte bestürzt.
    »Aber doch nicht jetzt, in der heißesten Phase! Das geht nicht, wir brauchen Sie hier.« Sie zuckte nur mit den Achseln und packte unbeirrt weiter.
    »Order von Joe, fragen Sie Stark.« Aufgeregt zog er sich zurück. Als er die Tür hinter sich geschlossen hatte, knickten Julies Knie plötzlich ein. Sie musste sich setzen. Wut kochte in ihr hoch, Wut über sich selbst und über die Leute, die sie zu diesem Verrat an Nick gezwungen hatten. Oder hatte sie sich nur verführen lassen? Ihr Leben war jedenfalls ein Scherbenhaufen. Fuck you!

 
KAPITEL 10
     
College Park, Maryland
     
    D as verlassene Haus schien sie mit seinen dunklen Fenstern vorwurfsvoll anzublicken: Wie konntest du das tun? Julie musste sich überwinden, nicht auf der Stelle heulend wieder wegzulaufen. Halb unbewusst, wie in Trance, war sie nach College Park zurückgereist, stets nur einen Gedanken im Kopf: Verlassen, er hatte sie verlassen, und das völlig zu Recht. Was konnte sie, was sollte sie tun? Sie konnte die Vergangenheit nicht ungeschehen machen. Noch nie in ihrem Leben hatte sie sich hilfloser gefühlt. Sie schloss die Tür auf und zuckte unwillkürlich zurück, als ihr der dumpfe, abgestandene Geruch in die Nase stieg. Mechanisch öffnete sie die Fenster, um die frische Abendluft hereinzulassen. Sie entfernte die traurig über die Vase hängenden welken Blumen, zerknüllte den herumliegenden Zettel, wollte ihn wegwerfen, als sie wie vom Blitz getroffen innehielt. Der Papierknäuel fiel zu Boden. Nicks Handschrift! Sie hob den Zettel auf, glättete ihn sorgfältig auf dem Tisch, las das eine Wort nochmals, setzte sich und konnte die Augen nicht vom kleinen Notizzettel abwenden. Warum? Das eine Wort drückte alles aus, was er fühlen musste: Schmerz, Empörung, Vorwurf, Trauer, Verzweiflung, Resignation. Eine Träne fiel aufs Papier, drohte den Schriftzug des Geliebten zu verwischen. Sie konnte sich nicht länger beherrschen, sank aufs Sofa, den Zettel wie ein wertvolles Juwel an die Brust gepresst und weinte still ins Kissen.
    Warum, ja warum nur hatte sie sich dazu hergegeben, Nick derart zu täuschen. Anfangs war es nichts weiter als ein Spiel für sie. Die Firma wollte diesen brillanten Wissenschaftler mit allen Mitteln an Bord holen. Sie hatte sich eingebildet, jeden Mann zu bezirzen, für sich und ihre Sache

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