Zehn Tipps, das Morden zu beenden und mit dem Abwasch zu beginnen
wir in die hohe Kunst des Wettbetrugs eingeführt. Jeden Freitag hatten wir ein Abendessen mit einem anderen Fußballschiedsrichter aus einer der unteren deutschen Fußball-Ligen. Sicherlich nicht die unterhaltsamsten Essensgäste (»Ich bügele mein Trikot immer am Abend vor dem Spiel«), aber zu sehen, wie sie am Tag danach pfiffen, war einfach nur geil. Gratis-Elfmeter und für ungültig erklärte Traumtore bis zum Abwinken. Die Spieler schäumten vor Wut, die Fans drehten durch. Und all das war unser Werk. Landschaftsgestaltung war out, Gesellschaftsgestaltung war in. Für uns Kroaten war das ein besonderer Spaß. Und wenn die Deutschen noch so viele Länderspiele gegen uns gewannen, wir gewannen alle Spiele in ihren Ligen. Und strichen dann das Geld beim Fußball-Toto ein. Wir taten es für das Vaterland. Immerhin haben diese Krautkacker die halbe Generation meines Großvaters auf dem Gewissen.
Ich sitze zusammen mit ein paar Kissen auf dem Sofa, ein christlich weißes Handtuch um die Hüften, und zappe durch die heimischen Fernsehsender, da fliegt auf einmal die Tür auf und ein blondes Mädchen von etwa fünfundzwanzig Jahren stürmt herein. Ohne den Auftragskiller ihrer Träume zu bemerken, läuft sie in die Küche und beginnt, mit großem Lärm die Schubladen aufzuziehen. Sie scheint in großer Eile zu sein und lässt ein nach Fluch klingendes Wort in jede Schublade fallen, bevor sie sie wieder zuknallt. Es folgt eine kurze Stille, dann hallt das Wort »Scheiße« durch das heilige Haus. Dann muss sie das Fernsehen gehört haben, denn Sekunden später steht sie im Flur und fragt mich im Tonfall einer schnippischen Edelnutte etwas, das klingt wie: »Quer Hör Zu?« »Wie bitte?«
Sie schaltet auf ziemlich gutes Englisch um: »Oh. Wer sind Sie? Was machen Sie hier?«
»Ich bin To ... Ich bin Father Friendly. Heute Morgen hier angekommen. Aus New York. Gutmunduhr und Zickrita haben mir gesagt, dass ...«
»Aha«, sie stößt einen desinteressierten Seufzer aus und verschwindet wieder in der Küche. Im Fernsehen liest ein Typ mit Halbglatze, der aussieht wie ein Zimmermann, aus einem Buch, das wohl die Bibel sein muss. Die Studiodekoration sieht aus, als hätte er sie selbst gebaut. Das muss ihr Sender sein. Ja. Der Buchstabe A glänzt in einer Ecke. Da sie nur eine Kamera haben, wirkt es fast wie ein Stillleben. Im Hintergrund eine tote Pflanze, davor der Zimmermann in seinem polnischen Anzug, der nur alle drei Seiten mal aus dem Buch aufsieht (und dann auch nur, als wollte er checken, ob das rote Aufnahme-Lämpchen der Kamera noch leuchtet): Im Vergleich dazu sieht TV Tirana aus wie MTV. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Dikans Chef-Status darunter leidet, dass ich in diesem Wurstsender auftrete. Nach dem Gesichtsausdruck des Zimmermanns zu urteilen, spricht er wirklich zu nicht mehr als zehn Zuschauern.
Ich stehe vom Sofa auf, wickele das Handtuch noch einmal fester um meine Hüften und gehe in die Küche. Auf dem Weg muss ich meiner schüchternen Wampe gut zureden (beim Anblick schöner Mädchen wird sie immer so zurückhaltend) und erscheine wenig später im Flur wie eine upgedatete, etwas aus dem Leim gegangene Adonis-Version. Das Mädchen durchwühlt noch immer die Küche wie ein Einbrecher auf Speed.
»Suchen Sie etwas?«, frage ich und versuche, meine Stimme eher nach Presley klingen zu lassen als nach Priester.
»Ja. Meine Schlüssel«, murmelt sie in einen Küchenschrank hinein.
Sie ist schlank, hat kleine Brüste und einen Arsch, so knackig wie ein aufgeblasener Airbag. Wenn sie die einzige Frau in unserer Einheit wäre und wir einen Monat in den Bergen festsäßen, würde ich am Tag 1 anfangen, von ihr zu träumen.
»Ihre Schlüssel? Ihre Schlüssel zu ...? Wohnen Sie hier?«, nun klingt der Priester, als würde er gerade zum Hormonentum konvertieren.
Sie dreht ihren Kopf und sieht mich eine Zeitlang an. Wampe geht sofort in Deckung und zieht sich bis in meinen Brustkorb zurück. Armes Ding. Dem Mädchen scheint sie leid zu tun, aber sie kann nicht anders, als nach ihr zu suchen, lässt ihren Blick über meinen Bauch und die angrenzenden Regionen streifen und überlegt wahrscheinlich, ob diese upgedatete Version von Adonis auf ihrer Hardware laufen könnte. Als sie endlich fertig ist, bin ich fast außer Atem.
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