Zehn Tipps, das Morden zu beenden und mit dem Abwasch zu beginnen
der Esstisch glänzt, als wäre er aus Porzellan, und jede Fensterbank ist mit Vasen und Statuen vollgestellt. Ein kleiner Bernhardiner sieht mir in die Augen, ein Schnapsfässchen um den Hals - aufzubrechen für den Fall, dass Gott dich verlässt. An den Wänden sind richtige Gemälde (hauptsächlich Mondlandschaften in goldenen Rahmen) und so ziemlich alles, was dafür gemacht ist, an Nägeln zu hängen - ein kleiner Jesus, ein paar getrocknete Rosen und dieses bunte japanische Ding, dessen Namen ich nicht kenne, das für Wind sorgen soll, wo Flaute herrscht. Trotzdem sieht das Wohnzimmer so aus, als würde hier niemand wohnen. Das könnte auch eine Installation im isländischen Museum für modernes Leben sein. Und etwas zu luxuriös für Anhänger von Jesus Christus finde ich es auch. Ich bezweifele zum Beispiel, dass einer der Apostel so einen großen Flachbild-Fernseher hatte. Dafür ist wenigstens alles so sauber wie das Gewissen des Heilands.
Ich lasse mir eine Badewanne einlaufen, gegen den Jetlag, und mache den Fernseher an, gegen die Stille. Auf dem Bildschirm erscheinen 10 000 Menschen und singen in christlichem Einklang in einer riesigen Sporthalle irgendwo im Süden der USA: »Our God Is An Awesome God!« Das ist wirklich awesome, muss ich zugeben. Religiöse Menschen sind ganz schön energisch. Ich schalte auf Reich und Schön um und versuche, die Untertitel zu lesen. Sieht aus wie Ungarisch.
In der Küche finde ich Briefe an Guðmundur Engilbertsson und Sigríður Ingibjörg Sigurhjartardóttir. Jeden Namen zu lesen, dauert ungefähr zwei Minuten. Zurück im Wohnzimmer sehe ich mir einige gerahmte Familienfotos auf einer großen Kommode an. Sie scheinen zwei Kinder zu haben. Mädchen und Junge. Das kleine schneehaarige Mädchen sieht ein bisschen aus wie ihre Mutter. Und trotzdem scheint das Haus total kinderfrei zu sein. Vielleicht verwahren sie die irgendwo in einem päpstlichen Internat. Oder sie haben sie für die Missionsarbeit in Mosambik gespendet. Ein schönes Foto zeigt die ganze Familie in Amerika. Viermal seliges Lächeln bei einer Art Rodeo-Gottesdienst unter freiem Himmel. Erinnert mich irgendwie an meine Nummer 43. Den fetten Kerl vor der Kirche in Atlanta. Meine Kugel hatte die unglaubliche Entfernung von zwei Straßenblocks zurückgelegt, bevor sie seinen Kopf traf. Einer meiner Meisterschüsse. Er trug einen weißen Cowboy-Hut aus Filz oder so - auf jeden Fall ein sehr saugfähiges Material. Als ich wenig später am Tatort vorbeifuhr, sah alles auf zauberhafte Weise ruhig und unschuldig aus: Ein fetter Mann war auf dem Bürgersteig ausgerutscht, mehr nicht. Ein fetter Mann mit einem hübschen roten Hut.
Das Badewasser ist durchgeknallt heiß. Vulkanwasser. Ich muss es runterkühlen, bevor ich meinen Körper hineinlege. Ich lasse ihn eine Stunde darin liegen, während ich in Gedanken die buschigen Regionen der guten alten Republik Munita durchstreife. Der dunkle Wald riecht nach Scheidenflüssigkeit; lustgesättigte Tropfen rinnen in sehr langsamer Zeitlupe an schweren Blättern hinab. Unten am Hafen begegne ich meiner Mutter, die in ihrem hässlichsten Rock aus Kommunistenzeiten und einer Marilyn-Monroe-Bluse vor ihrem Laden steht. Ihren rechten Arm in einem Gips und den linken mit geballter Faust in die Luft gestreckt, ruft sie mir zu: »Diese Tandoori-Schnalle ist nur Spaß und nix Partner! Wenn du dir eine Ehefrau suchst, musst du eine Konferenz mit Herz und Gehirn machen. Aber du redest ja nicht mit denen und lässt lieber deinen Schwanz entscheiden! Ich habe deinen Vater zweiundvierzig Jahre geliebt. Er mich vierzig. Die ersten beiden Jahre hat er noch mit Gordana rumgefickt, dieser serbischen Hure. Dann hat sie ihn gelangweilt, und ab da sind er und sein Schwanz zu Hause geblieben. Du hast Glück, dass du geboren wurdest, nachdem es mit seinem Sexleben vorbei war. Sonst wärest du ein Serbe geworden und dein Bruder hätte dich im Krieg getötet. Ich sage dir eins: Lust hält nicht ewig! Nur die Liebe! Du brichst mir das Herz, du brichst mir den Arm und du brichst alle deine Versprechen. Sag mir, Tomo, wann fängst du wieder an zu studieren?«
Ich habe mal anderthalb Jahre Garten- und Landschaftsarchitektur studiert. In der schönen Stadt Hannover in Deutschland. Dort lernte ich Niko Nevolja (den Fiesen Niko) kennen, der mich in eine ganz andere Welt einführte. Es begann mit ein paar kleinen Koks-Deals. Daraus wurde dann Drogen- und Waffenschmuggel, und schließlich wurden
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