Zehn Tipps, das Morden zu beenden und mit dem Abwasch zu beginnen
Haus ihrer Eltern. Man könnte sich zumindest vorstellen, dass hier auch mal der eine oder andere Jünger übergangsweise gehaust hat.
Sie arbeitet in einem Café in der Innenstadt. Sie kellnert, genau wie ich. Dann bietet sie an, den wundertätigen Mann zurück in das Gotteshaus zu fahren, aber ich will auf keinen Fall zurück in die Stille. Außerdem ist sie eh zu spät dran. Ich begleite sie zur Arbeit. Der Priester und die Tochter des Predigers. Sie läuft wie eine aufgedrehte New Yorkerin, die zu spät zum Lunch kommt. Mr. Friendly braucht alle seine Energie, um mit ihr Schritt zu halten. Wenig später kommen wir an der amerikanischen Botschaft vorbei; ein normal aussehendes Gebäude, das direkt an der Straße steht, so breit wie das Lächeln von Laura Bush und so weiß wie ihre Zähne. Die Fassade ist mit sechs Überwachungskameras dekoriert. Ein Trottel mit Bürstenhaarschnitt bewacht den Eingang. Zeit für ein MWA-Manöver. Mit gesenktem Kopf wechsele ich die Seite; passiere die Botschaft mit Gunholder als menschlichem Schutzschild. Sie gibt einen überraschten Laut von sich, und der Anblick ihres süßen Gesichts sorgt dafür, dass mein unflätiges Selbst für einen Moment die Kontrolle übernimmt. Ich murmele: »Fuck.« Sie hört es.
»Ich dachte, Priester sagen so was nicht.«
»Sagen können wir das schon, nur nicht machen.«
Sie verlangsamt ihren Schritt.
»Dann haben Sie nie ... Sind Sie etwa Jungfrau?«
»Das ... das müssen Sie schon selber herausfinden«, sage ich mit einem schrulligen Lächeln. Die Butterblondine sieht mich an, als ob man ihr ein ganzes Kreuzfahrtschiff schenken müsste, bevor sie auch nur darüber nachdenken würde.
Ihr Café ist ein ziemlich netter Laden mitten in der Altstadt namens Café Paris. Es sieht aus wie ein 3-Sterne-Starbucks mit Raucherbereich. Ich bin froh, wieder drinnen zu sein, reibe die Hände aneinander, als hätte ich mitten im Januar ein kleines Café im East Village betreten. Mit dem isländischen Frühling ist nicht zu spaßen. Gunholder legt ihre Kellnerschürze an und bringt mir einen original isländischen Latte Macchiato mit einem doppelten Schuss Genervtheit. Trotz seiner Wundertätigkeit scheint sie Father Friendly und seinen aufblasbaren Bauch nicht ausstehen zu können. Er lächelt sie deppenhaft an.
»Hat Ihr Vater eine Waffe im Haus?«
»Eine Waffe?«
»Ja. In den Staaten hat jeder eine Waffe im Haus. Man muss ja mit allem rechnen. Insbesondere als Geistlicher.« Sie verdreht ihre großartigen Augen.
»Niemand in Island hat eine Waffe. Das ist ein sicheres Land.«
Sicheres Land, am Arsch. Ich müsste nur mal telefonieren, und innerhalb einer Woche wäre dieser unbewaffnete Lavabrocken eine kroatische Kolonie.
Es ist 10:30 Uhr an einem Mittwochmorgen, und in dem Café sitzen drei Leute. Auf der Straße sehe ich zwei Passanten. Kein Wunder, dass die Vororte so still sind, wenn dies die Innenstadt ist. Autos gleiten in Zeitlupe vorbei. Ich kann mich einfach nicht an diese Jeep fahrenden Frauen gewöhnen. Sie sehen alle aus wie die Frauen oder Töchter von Millionären, mit Prada-Sonnenbrillen, Barbiefrisuren und Airbag-Lippen. Auf meiner Skala rangieren sie zwischen Tag 2 und Tag 4.
Ich fühle mich an meine Woche in der Schweiz erinnert. Als ich noch Landschaftsarchitektur studierte, fuhren wir mal auf eine Exkursion in ein kleines Alpendorf, um uns ein neues Skigebiet anzusehen. Die Woche fühlte sich an wie ein ganzer Monat. Da war ja noch weniger los als in scheiß Weißrussland. Alles, was man sah, waren ungefickte Hausfrauen mit Gucci-Frisuren, die für hundert Dollar im Dorfrestaurant zu Mittag aßen. Ihre Männer verwahrten sie wohl in einer nahegelegenen Stadt in einem Banktresor. Aus irgendeinem merkwürdigen Grund ähnelten sie alle der Königin von Spanien und gingen in sehr langsamem Tempo an den Juwelierläden vorbei (reiche Leute gehen immer langsam, wohl wegen der dicken Brieftaschen), in Pelzmänteln, auf hohen Absätzen. Sie waren allesamt Tag-26-Frauen, aber ich stand dennoch an Tag 5 am Rande einer Massenvergewaltigung. Ich sah schon die Schlagzeile in der International Herald Tribune vor mir: »Student fickt fünfzehn Frauen, dann sich selbst.«
Ich trinke meinen Kaffee aus und zahle mit Igors Karte. Gunholder scheint es nicht zu bemerken. Ich frage sie, was der Tourist Friendly unternehmen könnte, sie zeigt aus dem Fenster.
»Ist alles da draußen. Da ist der Dom, das Parlament, die Statue von Jon See Gurt Sohn,
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