Zehn Tipps, das Morden zu beenden und mit dem Abwasch zu beginnen
hat uns immer gesagt: »Wenn du dich verstecken musst, verstecke dich in größtmöglicher Nähe des Feindes. Er wird überall suchen, nur nicht da.«
Fast alle Vorortvillen haben Doppelgaragen. Manche von ihnen sind so groß wie die Häuser selbst. Und vor jeder von ihnen steht ein großer Geländewagen neben einem kleinen: seiner und ihrer. Ein Super Duty Ford Truck neben einem Porsche Cayenne. Diese Leute halten sich Autos wie Beduinen Kamele. Alle sehen nagelneu aus; ihre Dächer glänzen in der weißen Frühlingsnacht. Wie mir das heilige Paar neulich erzählt hat, werden diese Autos nie in die Garage gefahren. Die Garagen sind nichts weiter als Schreine für die goldenen Kälber vor ihnen, von denen die meisten natürlich schwarz sind. Gutmunduhr hat mir erzählt, sein Nachbar poliere seinen Lexus jedes zweite Wochenende. An den Wochenenden dazwischen hat er wahrscheinlich Sex mit ihm. Viele dieser Geländewagen sind mit riesigen Reifen derart aufgemotzt, dass ihre Auspuffe dafür genau auf der richtigen Höhe sind.
Bei einer Villa ist der Platz vor der Doppelgarage leer. Ich fahre an ihr und fünf anderen Häusern vorbei. Dann halte ich an, parke, springe raus, schließe ab und schmeiße den Schlüssel in den nächstbesten Vorgarten, bevor ich schnurstracks zu dem verlassen wirkenden Haus zurückrenne. (Das würden Sie wahrscheinlich gern in Zeitlupe sehen; ein dicklicher Priester rennt auf Socken über den Bürgersteig wie ein Lottosüchtiger kurz bevor die Annahmestelle zumacht.) In den Fenstern brennt kein Licht. Zumindest kann man keins sehen. Es ist schwer zu sagen, die Nacht ist zu hell. Ich nehme die drei Stufen hoch bis zur Tür. Klingele. In der Ferne höre ich einen Hund bellen. Ich warte eine Weile in der Frühlingskälte. Klingele noch mal. Es scheint eine direkte Verbindung zwischen der Türklingel und einem Hund ungefähr zwei Straßenecken weiter zu geben. Ansonsten ist alles totenstill. Das ganze Stadtviertel hängt vor den Fernsehern. Noch nicht einmal die Bäume bewegen sich. Ob Severina wohl gewinnen wird?
Ich höre ein Auto in einer der Nachbar str aßen. Das FBI muss bereits unterwegs sein. Ich nehme mein Messer raus und öffne die Tür. Wie sich herausstellt, ist der bellende Hund doch im Haus. Ich finde ein paar Hausschuhe im Flur und mache einen kurzen Rundgang durch mein neues Heim. 200 Quadratmeter Luxus. Ein unbenutzter Kamin und ein paar weitere Mondlandschaftsgemälde, dicke Ölschinken in dicken Goldrahmen. Fette Sofas und ein Heimtrainer. Der Hund scheint im Keller zu sein. Ich finde die Treppe und lasse mich von meinen Ohren zur Waschküche leiten. Sobald ich sie betreten habe, bekommt der kleine Köter einen regelrechten Kläffanfall, bis ich ihn mit einer schnellen Drehung des Halses ausknipse. Es ist so einfach, wie bei Kentucky Fried Chicken ein Hühnerbein aus dem Gelenk zu drehen. Diese kleinen haarigen Hunde haben wir zu Hause in Split immer »Perücke auf Beinen« genannt.
Auf der Wäscheleine finde ich ziemlich alberne Hosen, ein spießiges Hemd und Herren-Unterwäsche. Der Kirchenmann legt einen Strip hin und bestattet Father Friendly zusammen mit dem Kläffer in einem leeren Wäschekorb. Dann ziehe ich das Hemd und die Clownshose an und gehe in die autofreie Garage, wo ich nach einem Eimer Farbe suche. In einer Rumpelecke finde ich einen. Ich öffne ihn mit meinem Schweizer Messer und schmiere etwas von der weißen Farbe auf meine Klamotten und mein Gesicht. Das ist genial. Ich bin ganz aufgeregt. Mein Herzschlag wechselt von Bolero zu Bossanova. Dann nehme ich den offenen Farbeimer mit nach oben ins Haus und finde in der Küche ein paar Zeitungen. Ich breite sie im Flur aus - ungefähr 16 Fotos von der isländischen Eurovisions-Schlampe - und stelle den Farbeimer darauf. In der Küche ist ein Radio. Ich schalte es an und Phil Collins krakeelt: »l've been waiting for this moment, all my life. Oh, Lord...« Das mag zwar im Moment nicht so recht passen, aber es hat Zeiten gegeben, da habe ich laut mitgesungen, zum Beispiel als meine Freundin in Hannover mit mir Schluss machte. Ein fantastisches Lied für Trennungen.
Ich bin fast fertig mit allem und schweißgebadet, als es endlich an der Tür klingelt. Der Klang ist sehr luxuriös, als wäre er entworfen, um die Bewohner des Hauses an ihr Geld zu erinnern. Ich gehe zur Tür und öffne. Herzschlag jetzt auf Disco. Zwei Polizisten in Uniform stehen vor dem Haus. Schwarze Jacken, weiße Mützen.
»Hallo«, sagen sie
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