Zehn Tipps, das Morden zu beenden und mit dem Abwasch zu beginnen
ich. Dann hatte er auch noch ein behindertes und ein adoptiertes Kind ... und die sind jetzt Waisen, kleine Wesen ohne Vater und Mutter. Ich sollte wohl anbieten, sie zu adoptieren.
Am nächsten Tag reibt Hanna mir die ganze Sache auch noch mal unter die Nase. Ob ich den Brief gelesen und das Foto gesehen habe? Ja, habe ich.
»Er war ein guter Mensch«, sagt sie mit faltigen Augen ohne den leisesten Vorwurf in ihrer Stimme.
»Und er hat seine Frau verloren.«
»Nein«, sagt sie. »Sie hatte einen Unfall und ist gelähmt.« »Gelähmt?«
»Ja. Sie sitzt im Rollstuhl.«
»Aber Gutmunduhr hat mir erzählt, sie ist gestorben.« »Nein. Sie ist fast gestorben, jetzt ist sie auf dem Wege der Besserung, glaube ich.«
»Okay. Und sie haben zwei Kinder?«
»Ja. Sie haben zwei Kinder adoptiert. Das jüngere ist aus Gambia, das ältere sitzt auch im Rollstuhl.«
Ach du Scheiße. Der Krüppel ist auch adoptiert. Heiliger geht's nun wirklich nicht. Und jetzt sind sie eine Familie auf acht Rädern ...
»Vielleicht willst du ihnen schreiben?«, sagt Mrs. Tortur. Nein.
»Ja, vielleicht.«
»Du sollst ihnen natürlich nicht sagen, wer du bist. Schreib einfach, dass du Father Friendly gekannt hast und von seinem Tod gehört hast... und dass es dir leid tut.«
Sie macht eine Pause. Wir sehen uns an. Mutter Erde und ich.
»Vorausgesetzt, das stimmt«, fügt sie hinzu.
»Natürlich tut es mir leid.«
»Gut. Du bist auf dem Wege der Besserung.«
Sie streicht mir mit ihrer großen, weißen Hand über die Wange. Mit ihren kräftigen, weichen Fingern. Wäre das ein Film, würde ich sie nun in meine Tom-Cruise-Arme nehmen, und wir würden uns so gierig küssen wie zwei Menschen, die nach einer Woche in der Wüste ihre erste Grapefruit essen, dann würde ich ihr die Kleider vom Leib reißen, und noch in derselben Kameraeinstellung würden wir auf meiner harten Heiligenpritsche biblische Liebe miteinander machen. Der Film würde Trinitatis heißen, und es ginge um ein Dreiecksverhältnis zwischen Sünder, Priester und Priesterfrau.
»Ich glaube, es könnte gut für DICH sein, wenn du ihnen schreibst.«
»Okay. Ich denke darüber nach.«
Eigentlich sollte ich den anderen 66 Witwen auch schreiben. Einen Formbrief zur Entschuldigung.
Liebe Mrs__
Mit großem Bedauern und einer gewissen Trauer schreibe ich Ihnen, um Ihnen mitzuteilen, dass ich Ihren Ehemann umgebracht habe. Natürlich weiß ich, dass nichts Ihren geliebten Mann ersetzen kann, nichts kann ihn wieder lebendig machen, egal, wie sehr ich meine Tat bedauere.
Trotzdem möchte ich Sie bitten, Verständnis für meine Situation zu haben. Zu dem Zeitpunkt des Hinscheidens Ihres Mannes war ich Berufskiller für eine bestimmte Organisation. Töten war mein Beruf. Zwischen den Jahren 2000 und 2006 habe ich 67 Männer umgebracht. Ihr Ehemann war nur einer von vielen. Mr._war Mord Nummer__
Ich kann Ihnen versichern, dass sein Tod einer der denkwürdigsten auf meiner Liste war. Ihr Ehemann war ein guter Mensch. Er starb auf sehr würdevolle Weise und hat nicht mit seinem Schicksal gehadert.
Es ist mir hingegen eine Freude, Ihnen nunmehr mitteilen zu können, dass ich mich entschlossen habe, einen neuen Pfad in den Urwald des Lebens zu schlagen. Im Mai 2006 habe ich die Auftragsmord-Branche verlassen. Menschen zu erschießen ist einer der schwierigsten Berufe überhaupt. Die physischen Anforderungen und der psychische Druck sind enorm. Nun habe ich einfach genug. Daher kann ich Ihnen versichern, dass ich, sollten Sie einen neuen Partner gefunden haben (wozu ich Ihnen gratulieren möchte, falls dies der Fall ist), diesen auf keinen Fall ebenfalls töten werde.
Mit freundlichen Grüßen Tomislav Bokšić
Dies ist das letzte Mal, dass ich den Namen meines Vaters verwende. Jetzt ist er tot.
Mein neues Ich bekommt einen neuen Namen. Nachdem ich zwei Priester umgebracht habe, werde ich von zwei weiteren aufs neue getauft.
»Guten Morgen, Mister Olafsson!«, sagt Gutmunduhr, als er plötzlich am Ende der zweiten Woche in meinem Versteck auftaucht und sich fast die Zähne aus dem Mund lächelt. Er überreicht mir einen nagelneuen isländischen Pass mit meinem Gesicht und meiner eigenen isländischen Sozialversicherungsnummer, einer kennitala. Ich bin wiederauferstanden unter dem Namen Tomas Leifur Olafsson. Die zwei Priester lachen sich kaputt, als sie mir dabei zusehen, wie ich ihn lese. Sie kriegen sich gar nicht wieder ein. Ich weiß zwar nicht, warum, aber sie finden
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