Zehn Tipps, das Morden zu beenden und mit dem Abwasch zu beginnen
einem kleinen zufriedenen Lachen, als ob es das war, was er wirklich wissen wollte, dann wenden wir uns wieder seiner Lieblingsfarbe zu. »Du ficke Schwarz?«
»Ja, das habe ich mal.«
»Is gut?«, sagt er mit einem ekelhaften Grinsen, dann bricht er in ein debiles Gelächter aus. »Is gut!« Er lacht den ganzen Weg bis zurück zu seiner Zelle. »Schwarz is gut.«
Ich muss Tortur fragen, ob er nicht vielleicht einen kleinen letzten Abschiedsmord tolerieren würde.
Samstagabend erscheint Gut Nie mit einem Karton voller Wodka-Flaschen, auf dem nur noch der Aufkleber SCHMUGGELWARE fehlt. Er stellt ihn auf den Küchentisch wie ein Plantagenbesitzer aus dem 19. Jahrhundert, der weiß, wie er seine Sklaven zu behandeln hat. Er öffnet den Karton nicht, seufzt nur ein paarmal eilig durch die Nase, dann rauscht er in seiner Windjacke davon. Ich wappne mich für eine schlaflose Nacht, doch bis zum nächsten Morgen passiert nichts. Am Sonntagmorgen jedoch sind die Polen früh auf den Beinen und machen sich über den Wodkakarton her wie Heuschrecken über Zuckerrohr. Gegen Mittag singen sie in der Küche ihre Polka-Hits und rufen nach Tomasz.
Ich stelle mich tot, als sie an meine Tür klopfen. So tot, wie ich jetzt auch gern wäre.
Sie finden es komisch, dass ein »Islandski« in so einem Loch wohnt. Im Hardwork Hotel haben immer nur Gastarbeiter gewohnt. Ich versuche alles etwas glaubwürdiger zu machen, indem ich erzähle, dass ich nur zu 25% Isländer sei, und erfinde eine lange Geschichte über einen Vater aus Fresno/Kalifornien, Mr. Chuck Olafsson, der Halbisländer und Soldat in der US-Armee war und in der Reagan-Ära in irgendeinem Kleinkrieg in der Karibik gefallen ist (»Feuer aus den eigenen Reihen, traurige Sache«), und über eine deutsche Mutter, die danach einen kroatischen Priester geheiratet hat, mit dem sie jetzt in Wien lebt.
»Kennt ihr Rapid Wien?«, frage ich sie abschließend.
»Der Fußballclub, ja? Spielen Legia Warszawa letzte Jahr. Ist das dein Club?«
»Ja. Als ich zehn Jahre alt war und mein Vater starb, sind wir nach Österreich gezogen. Da habe ich bis jetzt gelebt.«
Das wäre geschafft. Doch warum Wien? Da habe ich nur mal ein Wochenende verbracht. Aber immerhin hatte ich da meine BMW, Beste Massage Weltweit. Eine Ungarin, die mir sagte, sie wäre zwanzig, aber aussah wie fünfzig, zog ihre Brüste auf meinem Rücken hoch und runter, das himmlischste Gefühl überhaupt, als ob das Gottes Eier wären oder so. Ich komme wieder zu mir und erzähle zu Ende: »Ich habe noch nie in Island gelebt.«
»Aber du sprichst Isländisch?«, fragt einer der drei Polen. Irgendwie sehen sie alle aus wie Soldaten aus dem Zweiten Weltkrieg. Könnten auch Statisten in einem oscarnominierten Schwarzweiß-Kriegsfilm sein, die auf einem Truppenlaster sitzen, der in der nächsten Szene in die Luft fliegt.
»Etwas. Meine Mutter ... Nein, meine Großmutter hat mit mir Isländisch gesprochen, als ich klein war.«
Nun habe ich den Bogen überspannt. Einer von ihnen verschwindet und kommt wenig später mit einem Brief auf Isländisch zurück, voll abgedrehter Buchstaben - ein schwangeres I, ein A, das mit einem E fickt -, und bittet mich, ihn zu übersetzen. Ich nehme ihn mit in meine Zelle und rufe Hanna ah. Es dauert eine Ewigkeit, ihr die unlesbaren Wörter vorzulesen. Schließlich erweist der Brief sich als Einladung zu der Einweihung von irgendeinem Gebäude, an dem der Kerl mitgearbeitet hat. Er kann nicht hin, sagt er, zu viel zu tun auf seiner neuen Baustelle. Die Seven-Elevens sind echte Arbeitstiere. Ihre Körper sind so daran gewöhnt, vor Mitternacht ins Bett zu gehen und um sechs aufzustehen, dass sie auch sonntags nicht ausschlafen können. Deswegen können sie sich nicht am Samstagabend betrinken, sondern erst am Tag danach. Morgens um sieben fangen sie an und hören abends um elf auf.
25. GRANNY'S
Es liegt wohl an dem guten Einfluss von Balatov, denn nach einer Woche im Gastarbeiterlager kann ich an nichts anderes mehr denken als an Sex. Erinnerungen und Tagträume umkreisen meine stundenlangen Bibelstudien. Manchmal fließen sie alle in einer einzigen großen Senka zusammen, meiner Freundin aus Split. Wieder und wieder poppt ihr Kopf aus dem dreckigen Tümpel meines Unterbewusstseins auf. Drei Tage hintereinander träume ich sogar von ihr, was merkwürdig ist, da ich seit Jahren kaum an sie gedacht habe, abgesehen davon, dass ich ab und zu ihren Namen gegoogelt habe.
Senka war immer
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