Zehn zärtliche Kratzbürsten
jetzt noch bot sein Thron Kirsti Schutz, doch obwohl er so gewaltige Ausmaße hatte, war er doch eine unbequeme Schla f statt gewesen.
Kirsti bedauerte, dass es in der Ausstellung keine Betten gab, doch dann fiel ihr ein, dass in einem kleinen Zwischenlager im Keller tatsächlich ein Exemplar stand, das Baldachinbett von Gustav III, das zusammen mit den Exponaten aus der Zeit der Schwede n herrschaft ausgestellt werden sollte. Wenn die Männer dieses köni g liche Bett aus dem Lager holen würden, dann könnte auch Rauno mit im Museum übernachten.
Nach dem interessanten Rundgang begaben sie sich in den Haup t saal und setzten sich in die Besucherecke, um auszuruhen. Sorjonen holte aus dem Auto eine Flasche Champagner, Kirsti aus dem Café drei Gläser. Unter dem Deckenfresko, das Akseli Gallen-Kallela seinerzeit für die Weltausstellung in Paris gemalt hatte, ließ Rauno den Korken knallen und goss das schäumende Festgetränk ein. Sie tranken auf die Vergangenheit und eine bessere Zukunft Finnlands.
Im Saal herrschte absolut entspannte Stimmung, doch die dauerte nicht ewig. Rauno Rämekorpi saß, mit dem Champagnerglas in der Hand, da und blickte durch die Glastüren in den neu gestalteten Innenhof des Museums. Kirsti erzählte, dass es dort während der Sommermonate ein Café gegeben, in dem man viele hochrangige Besuchergruppen empfangen habe. Wie es schien, hatte sich auch jetzt jemand Zutritt verschafft. Rauno sprang auf und trat ans Fen s ter. Wahrhaftig, in der Nachtbeleuchtung stand auf dem Innenhof ein hochgewachsener Mann und starrte mit brennenden Augen auf die drei Personen im Saal. Heikki Korkkalainen! Der arme Tropf hatte es irgendwie geschafft, in den Hof zu gelangen. Tatsächlich gab es wohl niemanden, der so ungeheuer eifersüchtig war wie er. Unnac h giebiger tasmanischer Teufel!
Industrierat Rauno Rämekorpi stürmte zur Tür hinaus und warf sich auf den Wissenschaftler. Es kam zu einer heftigen Schlägerei, denn Heikki Korkkalainen war stark, und die verzehrende Liebe verlieh ihm enorme Kräfte. Doch auch Rämekorpi war kein schmächtiger Teenager. Die Faustschläge dröhnten, es gab ein ratschendes Geräusch, als der Frack des Industrierates vom Nacken bis zum Hintern aufriss, die Fetzen flatterten im Kampfgetümmel. Als Sorjonen Rauno zu Hilfe eilen wollte, hatte Korkkalainen schon begriffen, dass er absolut unterlegen war, er ergriff in Panik die Flucht und entwischte durch einen Nebeneingang auf die nächtliche Mannerheimintie.
Rauno Rämekorpi stürmte wieder ins Haus und auf direktem W e ge in die zweite Etage in die Abteilung »Schwedenherrschaft«, dort ergriff er eine zwei Meter lange Hellebarde aus der Zeit des großen Unfriedens. Er trug die grausame Waffe ausgestreckt vor sich her und sauste durch dieselbe Tür hinaus, die Heikki Korkkalainen benutzt hatte. Der Wissenschaftler hatte bereits hundert Meter zurückgelegt, er rannte auf der mittleren Fahrspur und befand sich auf der Höhe des Reichstagsgebäudes. Dumpf brüllend machte sich Rämekorpi an die Verfolgung.
Rauno: Jetzt, Korkkalainen, hast du ausgespielt!
Sorjonen eilte zu seinem Taxi, denn zu Fuß hätte er die beiden Kampfhähne, die durch Helsinkis Hauptstraße stürmten, nicht mehr einholen können. Der gewaltige Spektakel, den sie veranstalteten, übertönte die Geräusche des nächtlichen Verkehrs.
Es war ein wirklich außergewöhnliches Bild: Vorweg rannte in panischer Angst der Wissenschaftler und flehte um Gnade, an seine Fersen hatte sich ein laut brüllender, stämmiger Kerl im zerfetzten Frack geheftet, der eine lange Hellebarde mit sich führte, die in der Straßenbeleuchtung blinkte. Am Glaspalast standen Leute, die das Schauspiel verfolgten und der einhelligen Meinung waren, dass in Finnlands Hauptstadt nicht gerade oft solche Aufführungen stattfa n den.
Erster Mann auf der Straße: Ziemlich wüste Performance.
Zweiter Mann auf der Straße: Schlimm, wofür das Geld der Ste u erzahler so rausgeschmissen wird.
Rauno Rämekorpi merkte, dass er den flüchtenden Doktor nicht mehr einholen würde, denn ein Frack ist kein Sportanzug, und die schwere Hellebarde mit dem langen Schaft bremste sein Tempo. Er musste einsehen, dass Heikki Korkkalainen entkam. Dieser näherte sich dem Erottaja, seine Gestalt war nur schemenhaft zu erkennen. Für diese Nacht musste Rauno seine mörderische Absicht jedenfalls aufgeben.
Schwer keuchend hielt der Krieger inne und senkte seine Streitaxt. Er richtete seine
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