Zehn zärtliche Kratzbürsten
gelauert.
Rauno Rämekorpi und Seppo Sorjonen marschierten energischen Schrittes über die Straße. Tatsächlich, Doktor Korkkalainen saß in seinem Wagen und fixierte die Männer wütend. Sorjonen klopfte an die Scheibe, aber der Philosoph öffnete nicht. Rauno Rämekorpi riss die Tür auf. Seine Faust ballte sich zu einem kräftigen Schlag.
Rauno: Jetzt, Heikki, holt dich der Satan.
Korkkalainen startete den Motor und fuhr mit heulenden Reifen ans andere Ende der Straße, wo er anhielt und das Fenster öffnete. Aus sicherer Entfernung schrie er, dass man ihm keine Angst machen und ihm auch seine Frau nicht einfach rauben könne.
Sorjonen ärgerte sich, dass er sein Taxi beim Restaurant hatte st e hen lassen. Zu Fuß würden sie den verrückten Doktor nicht fassen können.
Kirstis Wohnung befand sich in der dritten Etage. Es war ein schönes Zuhause, vier Zimmer, geschmackvoll eingerichtet. Ein Fremder hätte nie vermutet, dass in diesem Heim über Jahre Eife r sucht und rohe Gewalt, Angst und zerstörerische Liebe geherrscht hatten. Kirsti bat die Männer, zu ihrem Schutz auszuharren, bis sie ein Bad genommen und sich umgezogen hätte. Allein wagte sie dort nicht zu bleiben. Heikki würde hereinstürmen und sie verprügeln, sowie die Männer gegangen wären.
Sorjonen und Rämekorpi fanden Spielkarten und begannen Poker zu spielen, während Kirsti beschäftigt war. Sorjonen knöpfte seinem Kunden dabei drei Hunderter ab, was nach Meinung des Industrier a tes wenig war, wenn man bedachte, dass die Taxifahrer im Allg e meinen ihre sämtliche freie Zeit damit verbrachten, Karten zu dr e schen, und dass sie eigentlich mehr Spieler als Fahrer waren.
Da Kirsti längere Zeit im Bad verweilte, fingen die Männer zum Zeitvertreib an, die Wohnung zu putzen, denn auf den Fußböden hatte sich ziemlich viel Staub angesammelt, da die Hausfrau immer wieder ihr Heim hatte verlassen und die Flucht ergreifen müssen. Rämekorpi saugte Staub, und Sorjonen klopfte die Teppiche. Die Männer waren bereits an gemeinsame Putzaktionen gewöhnt. Dies war nicht das erste Mal auf ihrer Tour, dass sie Wohnungen in Ordnung brachten.
Spätabends war Kirsti endlich fertig. Eine erstaunliche Wandlung war mit ihr vor sich gegangen. Sie sah sehr schön aus, ihr Gesicht strahlte, ihr Haut war klar und glatt, ihr Gang wie der einer Tänzerin, und ihre Augen leuchteten, als sie ihre Gäste anblickte.
Dankbar umarmte sie die Männer, doch trotz ihrer Rührung über den Schutz, den die beiden ihr gewährten, hütete sie sich zu weinen, damit das mit viel Mühe aufgetragene Make-up nicht gefährdet würde.
Kirsti packte Kleidung, Wäsche zum Wechseln und alles, was sie sonst noch brauchte, in eine Tasche, und dann gingen sie gemeinsam zur Hesperiankatu, wo das Taxi abgestellt war. Sie waren ein auffa l lendes Dreigespann: der ranke und schlanke Taxifahrer mit seiner Dienstmütze, der Industrierat in schmuckem Frack und Lackschuhen und zwischen ihnen die strahlende Schönheit. Man hätte denken können, da ging ein Paar in die Oper oder den Nachtklub, begleitet vom privaten Chauffeur.
Am Ziel angekommen, stiegen sie in den Wagen, und Sorjonen fuhr zum Nationalmuseum. Kirsti erzählte, dass das Haus, nach der Sanierung und Umgestaltung, vor zwei Jahren neu eröffnet worden sei. Stolz betonte sie, dass das Museum jetzt in besserem Zustand sei als je zuvor, sie habe selbst an der Umgestaltung der Abteilungen mitgewirkt. Sie benutzten den Eingang auf der Mannerheimintie, der zum Bürotrakt führte, wo Kirsti ihren eigenen Arbeitsraum hatte.
Kirsti stellte die Alarmanlage mit ihrem Codeschlüssel ab, für den Fall, dass der nächtliche Besuch des Trios unnötige Aufmerksamkeit hervorrufen würde. Trotzdem wollte sie ihren Gästen gern die interessantesten Sammlungen zeigen. Sie schaltete das Licht ein, und die Männer machten, geführt von einer echten Expertin, einen Rundgang durch die zehntausendjährige Geschichte des finnischen Volkes. An der Vitrine mit dem Korsett von Katariina Jagellonica warf Kirsti einen schüchternen Blick in Raunos Richtung.
Vor dem Thron Alexanders I, des Zaren Russlands und Großfür s ten Finnlands, machte Kirsti Halt. Obwohl die wilden Truppen des Zaren zu Beginn des neunzehnten Jahrhunderts Finnland erobert hatten, hatte er sich als guter Herrscher erwiesen und in seinem Fürstentum viele Reformen durchgeführt, und, was das Beste war, Finnland hatte hundert Jahre lang einen stabilen Frieden erleben dürfen. Sogar
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