Zehn zärtliche Kratzbürsten
Male war er in Gewahrsam genommen und in die Zelle gesteckt worden, aber das hatte lediglich zur Folge gehabt, dass er sich, sowie er auf freiem Fuß gewesen war, umso grausamer gerächt hatte. Kirsti hatte mit Veilchen unter den Augen zur Arbeit gehen müssen, einmal hatte ihr Mann ihr das Kieferbein gebrochen, und auch die zarten Rippen waren unter seinen heftigen Faustschlägen mehrfach gebrochen.
In ihrer Not hatte Kirsti eine einstweilige Verfügung erwirkt, die ihrem Mann verbot, sich ihr zu nähern, aber selbst das hatte Heikki nicht bremsen können. Kirsti hatte so große Angst vor ihrem E x mann, dass sie nicht einmal immer wagte, zu Hause zu schlafen, sondern die Nacht häufig bei Freunden verbrachte, einige Male sogar in Westend bei Annikki und Rauno. Diese Hölle dauerte nun also schon viele Jahre an, und Kirsti war mittlerweile ein Nervenbündel. Auch jetzt sah sie sehr mitgenommen aus, hatte vermutlich schon seit Langem nicht mehr richtig geschlafen. Aus Raunos Sicht war es kein Wunder, dass jemand, dessen Leben beinah täglich bedroht wurde, völlig am Ende war.
Er fragte, ob Heikki sie nun in Ruhe ließ.
Kirsti: Du kennst ihn ja …, ich habe die letzten drei Nächte au s wärts verbracht, habe im Betrieb geschlafen, im Museum also.
Sie erzählte, dass ihre Vorgesetzten wussten, dass sie manchmal am Arbeitsplatz übernachtete, zumindest ahnten sie es, wenn Kirsti ein starkes Make-up aufgelegt hatte und wenn sie unbedingt Übe r stunden machen wollte, dabei die ganze Nacht im Büro blieb und die zusätzlichen Stunden nie abrechnete. Kirsti war eine zuverlässige und fleißige Arbeitskraft, normalerweise eine fröhliche und nette Kollegin. Alle mochten sie, Heikki Korkkalainen sogar zu sehr.
Sorjonen schnaubte, dass er Lust hätte, diesem Lumpen mal ric h tig die Fresse zu polieren. Auch Rauno fand, dass der Schweinehund eine gründliche Abreibung verdient hätte.
Kirsti: Gegen Heikki sind sogar die Polizisten machtlos. Jedes Mal windet er sich raus, er kann alles zu seinen Gunsten erklären, und von mir behauptet er, dass ich in eine geschlossene Anstalt gesperrt werden müsste. Wahrscheinlich bin ich inzwischen tatsäc h lich verrückt.
Die unglückliche Frau begann leise zu weinen. Sorjonen holte ein Taschentuch hervor und reichte es ihr, sie trocknete sich mühsam die Tränen und korrigierte dann ihr Augen-Make-up mithilfe eines kleinen Spiegels.
Kirsti: Oh, ich sehe einfach schrecklich aus. Meine alten Bekan n ten würden mich nicht wiedererkennen, wenn sie mich jetzt sehen würden. Wie geht es übrigens Annikki?
Rauno Rämekorpi murmelte, dass seine Ehe gut lief, auch wenn er in letzter Zeit viel dienstlich unterwegs gewesen war. Sorjonen bestätigte das Bekenntnis seines Kunden.
Rauno Rämekorpi und Seppo Sorjonen beschlossen, Kirsti zu i h rer Wohnung zu begleiten, damit sie sich saubere Wäsche, Medik a mente, Seife, Hautcreme und andere Dinge, die eine Frau so brauc h te, holen konnte, denn allein traute sie sich nicht hin. Rauno bestellte die Rechnung, und während er darauf wartete, holte Sorjonen aus dem Auto einen riesigen Blumenstrauß, vom Geschäftsführer des Metallurgieverbandes zum Geburtstag überreicht. Die Blumen wurden auf einem Ecktisch platziert, hinter dem zwei unauffällige Messingplatten festgeschraubt waren, die eine zu Ehren von Tauno Palo, die andere für Matti Pellonpää. Beide waren begnadete Scha u spieler gewesen und hatten zu Lebzeiten diesen Ecktisch im Elite bevorzugt, hatten hier gegessen und getrunken, häufiger als irgendwo anders.
Auf dem Weg zu ihrer Wohnung in der Museokatu erzählte Kirsti, dass sie in der vergangenen Nacht auf dem Thron von Zar Alexander I gehockt und geweint habe. Heute nach Dienstschluss habe sie sich aus Angst vor Heikki nicht nach Hause getraut und sei stattdessen ins Elite gewankt.
Kirsti: In der Nacht habe ich mir gesagt, dass Heikki nicht wagen wird, mich auf einem Zarenthron zu verprügeln. Ach, das Leben als Frau ist einfach die Hölle, immer muss man Angst haben und we i nen.
Die Straßenlampen waren aufgeflammt. Die herbstliche Stadt roch nach faulenden Ahornblättern. Von Westen her wehte ein leichter Wind, er brachte den Geruch des Meeres mit.
Vor ihrer Haustür erstarrte Kirsti vor Schreck. Auf der anderen Straßenseite stand ein Auto, und darin hockte ein Mann mit rot glühendem Schädel.
Kirsti: Oh wie furchtbar, das ist Heikkis Auto, und er sitzt drin, hat wahrscheinlich schon den ganzen Abend auf mich
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