Zehn zärtliche Kratzbürsten
Aufmerksamkeit auf das Publikum am Straßenrand, die Leute machten dem Mann mit der Hellebarde bereitwillig Platz. Nun traf auch schon Sorjonen ein. Mit heulenden Reifen raste er heran, hielt neben seinem Kunden und befahl ihm einzusteigen. Doch der mochte seinen Ausflug noch nicht beenden, sondern erklärte, er wolle sich am Kiosk etwas Herzhaftes zu beißen holen, vom Kaviar habe er genug. Am Straßengrill neben dem Glaspalast stand eine lange Schlange , aber die Leute forderten den Herrn im zerrissenen Frack und mit der barbarischen Streitaxt höflich auf, nach vorn zu gehen.
Dritter Mann auf der Straße: Bitte, werter Herr, wir gewöhnl i chen Leute haben Zeit, uns anzustellen.
Rauno Rämekorpi kaufte drei Pori-Würstchen mit allen Gewürzen und setzte sich dann in Sorjonens Taxi, immer noch keuchend von der Verfolgungsjagd. Sie fuhren zum Nationalmuseum zurück, Kirsti wartete bereits am Haupteingang.
Im Hauptsaal stärkten sie sich nach dem bedauerlichen Zwische n fall mit einem Glas Champagner. Wie Kirsti berichtete, war während der Abwesenheit der beiden Helden ein Mann vom Wachschutz gekommen, um sich zu erkundigen, was der Lärm vorhin zu bede u ten hatte.
Kirsti hatte ihren Dienstausweis gezeigt und ihm erklärt, dass im Museum ein Schauspiel geprobt wurde, in dem Finnen aus der Eisenzeit und schwedische Wikinger um die Herrschaft auf der Straße nach Osten kämpften – daher der Lärm und das Dröhnen.
Sorjonen meinte darauf, dass Rauno vermutlich der erste Wiki n ger war, der im Frack kämpfte.
Sie aßen die Würste und spülten sie mit Champagner hinunter. Eine ausgezeichnete Kombination, dieses Gericht kann man durc h aus weiterempfehlen – es eignet sich auch für die unteren sozialen Schichten, wenn der Champagner etwa durch Cidre ersetzt wird.
Nach der Mahlzeit hatten die Männer Lust auf eine Zigarette. Kirsti führte sie in die prähistorische Abteilung, wo es ein elektr i sches Lagerfeuer gab. Sie stellte einen Aschenbecher daneben und forderte die Männer auf, den Rauch nicht in Richtung des Rauchme l ders zu blasen. Die beiden fanden es äußerst stimmungsvoll, ihre Zigarette an einem zweitausend Jahre alten elektrischen Lagerfeuer zu rauchen. Die grüne North State passte ausgezeichnet, Rämekorpi und Sorjonen waren sich darin einig, dass die Männer der Steinzeit, hätten sie Geld und Zigaretten gehabt, bestimmt ebenfalls North State geraucht hätten.
Nach der steinzeitlichen Zigarettenpause begaben sie sich ins Ke l lerlager des Museums, wo allerlei alte Gegenstände darauf warteten, konserviert oder in die Sammlungen eingegliedert zu werden. Und tatsächlich stand dort das breite königliche Baldachinbett von Gustav III, die Bespannung bestand aus Seide, am oberen Ende des Bettka s tens waren drei vergoldete Kronen, und am unteren Ende das Mon o gramm des Königs. Die Seiten waren mit Holzschnitzereien verziert, eine mit Segelschiffen, die andere mit Reitpferden.
Kirsti Korkkalainen erzählte, dass das Bett im Jahre 1785 angefe r tigt worden war, damals hatte König Gustav III am Ufer des Bottn i schen Meerbusens, an einem alten Hafenstandort, die Stadt Kaskinen gegründet. Kaskinen sollte nach seinem Willen ein neuer Handel s platz zwischen Vaasa und Turku werden, und er hatte sich von der Stadt eine große Zukunft erwartet. Leider hatte Kaskinen die Erwa r tungen nicht erfüllt und war heute die vermutlich kleinste Stadt Finnlands, aber zur Zeit der Gründung war die Begeisterung groß gewesen. Die Reeder und reichen Bürger hatten in Erwartung des königlichen Besuches beim Schiffszimmermann dieses Baldachinbett in Auftrag gegeben, darin hätte der Monarch bequem liegen und zugleich seine neue Stadt betrachten können. Es ist nicht überliefert, ob der Monarch je dieses ganz nach seinen Maßen gefertigte Möbel benutzt hatte, jetzt aber würde sich der Industrierat zusammen mit der Museologin hineinlegen und diesen Mangel korrigieren.
Unter dem königlichen Baldachin konnten die beiden sogar ganz besonders lange schlummern, denn das Nationalmuseum würde ausnahmsweise am Wochenende geschlossen sein, da die Aufseher und die Mitarbeiter an der Kasse einen Warnstreik durchführten, Grund waren Meinungsverschiedenheiten, die bei den Verhandlu n gen über die Auslegung ihres Tarifvertrages aufgetreten waren.
Rauno Rämekorpi und Seppo Sorjonen nahmen den Baldachin ab und packten dann mit energischem Griff das königliche Bett. Es war zwar schwer, aber mit den Kräften zweier
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