Zeichen im Schnee
wurde. «Lass uns da bloß nicht überreagieren. Es war ein kleiner Artikel ganz hinten in der Zeitung. Wenn das wirklich jemanden interessierte, wäre die Presse längst voll davon.»
«Immerhin hat jemand vom APD die Verbindung zu den Altgläubigen durchsickern lassen. Das hätte auf keinen Fall zu diesem Zeitpunkt an die Presse gelangen dürfen.»
«Das wissen wir nicht. Jeder eifrige junge Reporter, der gerade seinen ersten Arbeitstag hatte, hätte herausfinden können, dass die Leiche auf dem Besitz der Altgläubigen lag. Wie Andy schon sagte, wir arbeiten daran, die Geschichte klein zu halten.»
Sie warf ihm einen wütenden Blick zu. «Du unterschätzt die Sache.»
Er gab den wütenden Blick zurück. Ab und zu musste sie daran erinnert werden, wer hier das Kommando hatte, wer von ihnen beiden für den Gouverneursposten kandidierte. «Ich habe Mac schon angerufen.» Das zumindest stimmte. Er ließ unerwähnt, dass der APD -Chef noch nicht von seiner Angeltour zurück gewesen war. Mackenzies Frau hatte gesagt, ihr Mann wolle direkt vom Flugplatz ins Büro, sie werde ihm aber ausrichten, dass er den Bürgermeister sofort nach der Landung anrufen solle.
Marsha wollte etwas sagen, überlegte es sich dann anders, machte «ts, ts», schüttelte den Kopf und sagte, sie gehe jetzt duschen. Chucks Büro-Handy summte. Es war Mackenzie.
«Was kann ich für dich tun, Bürgermeister?»
Andy stand auf und wollte zur Tür gehen, dann sah er Chucks Blick und kehrte auf seinen Hocker an der Frühstücksbar zurück.
«Ich schalte dich auf laut. Andy ist hier.»
Mackenzie und Foulsham begrüßten sich kurz, dann übernahm Chuck wieder.
«Wir sind ein bisschen beunruhigt wegen der Informationen, die über den toten Jungen an die Öffentlichkeit gelangt sind. Vor allem die Sache mit den Altgläubigen. Du weißt ja, die Leute lieben das ganze Gerede über Satanisten. Haben wir einen geheimen Informanten, wegen dem wir uns Sorgen machen müssen?»
«Nicht hier drin, Boss, das garantier ich dir.»
«Abgesehen vom Eisfischen, was tust du, um die Geschichte aus der Welt zu schaffen?»
«Wir haben die Mutter unter falschem Namen in der Klapsmühle. Die Zeugin, eine Einheimische aus einem Scheißnest am Nordpol, kennt im Umkreis von circa fünfzehnhundert Kilometern niemanden. Sie ist bloß zum Iditarod-Rennen hier. Vielleicht hat sie was gesagt. Glaub ich aber nicht. Ich werde Detective Truro anweisen, sie im Auge zu behalten. Er sagt, sie ist irgendwie sonderbar.»
Bob Truro. Chuck erinnerte sich an den flacharschigen, pickligen Anhänger der Jesus-People-Bewegung, den er vom Sommer-Camp der Wiedergeborenen kannte. Es war nicht so sehr sein Glaube, an dem Chuck Anstoß nahm, als vielmehr sein Fanatismus. Damals hatte Truro zu denen gehört, die der Meinung waren, man müsse Leute wie die Altgläubigen aus Prinzip aus der Stadt jagen. Vielleicht hatte er sich nicht geändert?
«Hat Truro Probleme mit diesen Altgläubigen?»
«Mit den Russen? Nee. Ich meine, ich mag die nicht besonders – wer tut das schon? –, aber ob er denen was anhängen würde? Auf keinen Fall. Der Mann ist aufrecht wie ein Elchpimmel. Der Verdächtige, Peter Galloway, ist ein einsamer Wolf. Jedenfalls werden wir ziemlich bald jemanden verhaften können.»
Chuck beugte sich vor. Andy Foulsham deutete ein erleichtertes Grinsen an.
«Wie bald?»
«Wir hoffen, es bald hinter uns bringen zu können, ohne ihn unter einem Vorwand einzubuchten. Wir wissen, dass er vor circa einem Jahr auf dem Altgläubigen-Besitz in der Nähe von Homer gewohnt hat, und wir haben einen Tipp gekriegt, dass er mit der Mutter des toten Kindes ein Verhältnis hatte. Außerdem haben wir die Zeugin, die die Leiche gefunden hat, sie hat Galloway kurz vorher auf einem Motorschlitten in der Gegend gesehen, und sie ist bereit, das vor Gericht zu wiederholen.»
«Bleib mal ’ne Sekunde dran, Mac.»
Chuck bedeutete Foulsham, hinauszugehen, und schaltete den Lautsprecher wieder aus. Er wartete kurz, bis die Tür ins Schloss gefallen war, dann sagte er leise: «Ruf mich in fünf Minuten unter meiner Privatnummer an.»
Er legte das Telefon weg, ging aus der Küche und die Treppe hinauf in sein privates Arbeitszimmer. Er gab den Code des Safes ein und nahm ein Handy heraus, das gleich darauf vibrierte.
«Hey.» Macs Stimme. Das Einzige, was Chuck an dem Mann störte, war seine forsche Art, aber genau wegen dieser munteren Liebenswürdigkeit, dieses perfekten Schleiers, hatte Chuck
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