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Zeichen im Schnee

Zeichen im Schnee

Titel: Zeichen im Schnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie McGrath
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das Tier wegzuboxen. Der Hundeführer sprach in sein Walkie-Talkie, während sein Kollege um das Fahrzeug herumging und es inspizierte. Edie schauderte. Einer sagte etwas zu ihr. Wiederholte es.
    «Ihr
Name
, Lady.»
    Sie antwortete. Eine Hand schob sich unter ihren Arm und half ihr auf die Beine. Sie hörte, wie ihr Name durch das Walkie-Talkie übermittelt wurde.
    «Was machen Sie hier bei ausgeschaltetem Motor? Es ist spät.»
    «Ich hab ein Nickerchen gemacht.»
    «Warum sind Sie so spät unterwegs?»
    Sie erklärte ihnen, dass sie aus Anchorage gekommen war, um den Friedhof zu besuchen. «Ein Verwandter von mir ist dort begraben.»
    «Sie besuchen Ihren Verwandten mitten in der Nacht?»
    Sie betrachtete die zwei Männer. Beide waren
qalunaat
.
    «Er hat andere Besuchszeiten, seit er tot ist», sagte sie.
    Die zwei Männer sahen einander an, beschlossen dann, die Sache fallenzulassen. Der erste fragte: «Wie lange haben Sie ungefähr geschlafen?»
    Sie zuckte die Achseln.
    «Haben Sie unterwegs jemanden gesehen, Madam? Ich meine, ein anderes Fahrzeug, einen Fußgänger, irgendwen?»
    «Beim Schlafen hab ich meistens die Augen zu. In der Hinsicht bin ich vermutlich altmodisch.»
    Knackend meldete sich das Walkie-Talkie wieder. Die zwei Männer wirkten jetzt entspannter, steckten ihre Waffen wieder ins Halfter. Der Hundeführer zog seinen Hund neben sich und gebot ihm, brav zu sein. Edie wischte sich ab.
    «Es geht um einen entflohenen Gefangenen.»
    Sofort dachte sie an Galloway. Der warnende Blick, den die zwei Beamten wechselten, genügte, um ihren Verdacht zu bestätigen.
    «Wir müssen Sie anweisen, nach Anchorage zurückzufahren. Sie werden kurz vor der Stadt auf eine polizeiliche Straßensperre treffen, aber man wird Sie durchlassen.»
    Jetzt erst bemerkte sie das Knattern eines Hubschraubers.
    Der Hundeführer hielt ihr die Autotür auf. Sie stieg ein, er schloss die Tür. Er bedeutete ihr mit Handzeichen, den Wagen zu starten und das Fenster zu öffnen. Als sie tat wie geheißen, beugte er sich mit einem überheblichen Lächeln hinein.
    «Wenn Sie das nächste Mal mit Ihrem toten Verwandten sprechen, sagen Sie ihm, er möchte sich an die üblichen Besuchszeiten halten.»

[zur Inhaltsübersicht]
    23
    Chuck Hillingberg lag in Anchorage im Bett und wurde gerufen. Es war Marsha, und sie klang angespannt.
    «Hast du das Telefon nicht gehört?» Der Kopf seiner Frau erschien in der Tür.
    Hatte er nicht. Sein Körper, durch die Anstrengungen der letzten Tage bis an seine Grenzen strapaziert, hatte das Dämmerstadium übersprungen und war sogleich in Tiefschlaf gesunken. Er fühlte sich angeschlagen, gefangen zwischen widerstreitenden Anforderungen; sein bewusstes Ich war schon wach, doch sein tiefes Inneres lockte ihn zurück in die Bewusstlosigkeit.
    Marsha kam herein und hockte sich ans Fußende des Bettes. «Es ist Mackenzie.»
    Chuck sah auf die Uhr, schob die Steppdecke beiseite, setzte sich auf und rieb sich die Stirn. Sie fühlte sich feucht an: In den Falten hatte sich kalter Schweiß gesammelt. Chuck hatte den halben Abend mit dem Polizeichef telefoniert, danach Andy angerufen und war nicht vor ein Uhr nachts ins Bett gekommen. Jetzt war es viertel nach drei; er hatte kaum mehr als zwei Stunden geschlafen, und wie es aussah, war es für heute Nacht mit dem Schlaf wohl vorbei.
    Er griff zum Telefon auf dem Nachttisch und stellte auf Lautsprecher.
    «Wehe, wenn’s nicht dringend ist.»
    Mackenzie berichtete ohne Umschweife. Während er sprach, hatte Chuck ein Gefühl, als bräche ein Teil von ihm weg.
    «Sag, dass ich noch mitten in einem beschissenen Albtraum bin», schimpfte er. Das Gefühl, leer zu sein, verwandelte sich in blanke, rohe Wut. «Hab ich richtig gehört? Ihr habt den Kerl entwischen lassen?» Er vergaß seine Beteiligung am Blockhaus, vergaß die wilde, elementare Freude, die er an dem ganzen Geschäft gehabt hatte, zumindest am Anfang, und Zorn erfasste ihn, Zorn auf Mackenzie und all die anderen unwichtigen, kleingeistigen, an Alaska klebenden Männer, die ihn hintergangen, enttäuscht hatten.
    «Wie gesagt, Boss, der Kerl sollte ins Gefängnis in Eagle River verlegt werden.» Mackenzie machte eine Pause und fügte in verändertem Ton hinzu: «Das wolltest du doch.»
    Chuck hörte ein Jaulen und merkte, dass es aus seinem eigenen Mund gekommen war. Er holte tief Luft und versuchte, das Hämmern in seinem Kopf zu beruhigen. Als seine Stimme ertönte, klang sie wie eine abgefeuerte

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