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Zeichen im Schnee

Zeichen im Schnee

Titel: Zeichen im Schnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie McGrath
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sich. Er sei seit zwanzig Minuten im Bett und mitten in seinem wiederkehrenden Traum von einem Flugzeugabsturz, sagte er. Er klang erfreut über ihren Anruf.
    «Wo bist du gewesen?»
    «Du zuerst», sagte sie.
    Er machte keine Einwände. Sie hörte sich seine detaillierte Schilderung des Einsatzes im Chukchi-Motel an. Das waren lauter Neuigkeiten, und sie war froh, dass Derek Palliser endlich etwas unternahm.
    Harry Larsen, der Mann, den Derek und Zach mit heruntergelassener Hose überrascht hatten, saß in einer Zelle des Polizeireviers von Nome, bis er offiziell angeklagt wurde. Er erwies sich als regelrechter Auspacker. In Wisconsin gebürtig, war er vor fünf oder sechs Jahren nach Nome gezogen und hatte einen Posten bei einer Lieferfirma angenommen, die vom Flughafen aus operierte. Er war in Madison wegen sexueller Nötigung eines jungen Mädchens vorbestraft, hatte dort drei Jahre abgesessen und war dann so weit weggezogen, wie er konnte. Derek sagte, aus Angst, wieder im Knast zu landen, sei der Mann kooperativ. Er dachte, wenn er ein braver Junge sei, würde die Polizei in Nome ihn mit einem Klaps auf die Finger gehen lassen. Im Grunde war er überzeugt, nichts Unrechtes getan zu haben. Zach, der bei dem Verhör dabei gewesen war, sagte, der Typ habe standhaft behauptet, er hätte bloß einen geblasen gekriegt und das Mädchen nicht gefickt. Als ob die Sache dadurch besser würde.
    Den Kontakt hatte ihm ein Mann vermittelt, der gelegentlich am Flughafen zu tun hatte, ein Buschpilot, vermutete er, mit Namen Bolvan. Ein Mann mit einer langen Nase. Einige Male hatte Larsen diesem Bolvan eine kleine Menge Frachtgut durchgehen lassen, von dem niemand wissen sollte – gegen ein geringes Entgelt. Als Gegenleistung für den Gefallen hatte Bolvan ihm eine Telefonnummer gegeben. Larsen behauptete, die Nummer verloren und erst angerufen zu haben, als sie ein paar Wochen später wieder auftauchte. Jedenfalls hatte er Bolvan eine Weile nicht gesehen. Die Nummer war ihm wieder verloren gegangen, und er hatte sie sich auch nicht gemerkt.
    «Dieser Walrossfurz spricht nicht Russisch, sonst hätte er gemerkt, dass er für dumm verkauft wurde. Bolvan ist das russische Wort für ‹Trottel›.»
    Das Mädchen hatte zu Larsen gesagt, sie heiße Pfirsich, konnte es aber nicht richtig aussprechen. Sie hatte einen fremdländischen Akzent, aber Larsen, der sein ganzes Leben zuerst in Wisconsin, dann in Alaska verbracht hatte, konnte einen Ausländer nicht vom anderen unterscheiden.
    «Wir haben noch keine Spur von ihr», sagte Derek. Die Polizei von Nome hatte sogleich eine Durchsuchung aller in Frage kommenden Orte durchgeführt – billige Absteigen, Mietzimmer, Bars, sogar unbewohnte Häuser –, war aber nicht fündig geworden. Nome war von mehreren tausend Quadratmetern bloßer Tundra umgeben, nur hier und da mit kleinen Siedlungen von Einheimischen gesprenkelt. Diese waren der Polizei grundsätzlich feindlich gesinnt und schützten wahrscheinlich jeden, von dem sie dachten, ein Eingreifen der Obrigkeit könnte ihn gefährden. Jemanden wie «Pfirsich», mit anderen Worten.
    «Aber jetzt kommt der Knaller. Bolvan hat zu Larsen gesagt, wenn er die Nummer anriefe, die Bolvan ihm gegeben hat, sollte er sagen, Fonseca hätte ihn empfohlen.»
    Bei dem Namen bekam Edie Herzrasseln.
    «Edie, bist du noch dran?»
    «Ja, lass mich kurz nachdenken.»
    «Was haben wir so weit?»
    «Ein verdammtes Durcheinander, Derek, das haben wir so weit.»
    «Wer immer Fonseca ist, er ist nicht sauber. Scheint, dass er Mädchen, richtig
junge
Mädchen, über die Bering-Straße aus Chukchi heranschafft – zuerst nach Nome, dann wer weiß wohin, nach Anchorage vielleicht, ganz sicher nach Meadow Lake. Er ist auch die Verbindung zu TaniaLee Littlefish. Sie hat behauptet, Fonseca ist ihr Mann, erinnerst du dich? Wenn wir Fonseca finden, sind wir halb am Ziel.»
    Derek machte eine Pause, um sich eine Zigarette anzuzünden. «Hast du nicht gesagt, dass Peter Galloway TaniaLee kannte?»
    «Das hat seine Frau gesagt.»
    «Wie es scheint, sind alle von der Idee besessen, dass er die Kinder getötet hat.» Derek zog zu kräftig an seiner Zigarette und musste husten.
    «Alle? Wenn die Finstergläubigen tatsächlich existieren und die Babys bei einer grauenhaften Opferhandlung getötet wurden, entweder von Galloway oder von sonst einem aus seiner Finstergläubigen-Schar, findest du es dann nicht merkwürdig, dass sie die Leichen mit einem Kreuz markiert haben,

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