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Zeig mir den Tod

Zeig mir den Tod

Titel: Zeig mir den Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Busch
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sagte nichts, als Ehrlinspiel sie grob am Arm packte. Er blickte mit seinen verquollenen Augen nur träge auf die Küchenuhr und grunzte: »’s kommt gleich Tagesschau.« Nessy konnte den Bullen sogar verstehen. Er wollte ein Leben retten, und sie, die feige Vanessa Sigismund, brachte ihr Maul nicht auf.
    »Frau Sigismund, wir wissen, dass Marius alles inszeniert hat. Und dass Torben Tretter hinter der Verleumdung steckt. Wir wissen, dass
Sie
« – seine grünen Augen schienen sie zu schlagen, und instinktiv legte sie ihre Hand auf die verletzte Wange – »am Unfallort waren. Sie wissen, dass Marius tot ist. Seit Samstagabend. Und Sie wissen, wo seine Schwester ist. Wen, zum Teufel, wollen Sie noch schützen? Also machen Sie, verdammt noch mal, den Mund auf.«
    Sie senkte den Blick auf seine schwarze Umhängetasche mit dem breiten Reißverschluss und dem Schweizer Logo darauf. Sie war echt cool, dachte sie, und dass sie sich mit diesen idiotischen, unwichtigen Gedanken zu retten versuchte vor dem, was jetzt kam. »Ich war nicht …«, versuchte sie ein letztes Mal auszuweichen.
    »Vor dem Haus steht ein Mofa mit platten Reifen. Ein Oldtimer. Ist das Ihres?« Er sah auf ihre Wange und ließ ihren Arm los. »Sind Sie damit gestürzt? Oder ist Ihnen beim Fahren ohne Schutzhelm ein Zweig ins Gesicht geschlagen? Der Wald ist nachts tückisch.«
    Natürlich. Der Helm. Shit. Aber sie hatte unmöglich an die Stelle zurückkehren und ihn holen können. Sie wäre gestorben, wenn sie Marius noch einmal dort gesehen hätte.
    Ihr Vater schenkte sein Glas voll. »Gehört Mama! Hände weg von dem Mofa!« Er saß als Einziger an dem Ecktisch, gestikulierte in der Luft herum. Die Bullen und sie standen zwischen der alten Spüle und dem alkoholstinkenden Wrack, das ihr Vater war. Nur Bier heute, und er trank auch nicht aus der Flasche. Doch sie schämte sich für das Elend und die Hoffnungslosigkeit, die ihr Elternhaus ausstrahlte. Marius war nur selten hier gewesen, zwei oder drei Mal. Aber immer hatte er sie und Dad mit Respekt behandelt. Nessy spürte den Druck hinter ihren Augen. Nein, nicht schon wieder! Nicht vor den Bullen!
    »Warum reden Sie nicht? Spielen Sie ein doppeltes Spiel? Haben Sie Marius zusammen mit Torben fertiggemacht und gleichzeitig mit beiden geschlafen? Ja? Haben Sie sich die Sache mit der Entführung ausgedacht?«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Wenn Rebecca stirbt, weil Sie nicht reden, mache ich Sie fertig. Und auch wenn Sie Ihr Leben nicht komplett im Knast verbringen werden, bleibt diese Schuld an Ihnen kleben.« Er beugte sich zu ihr vor. »Bis Sie so tot sind wie Marius Assmann.«
    Ihre Hände und Arme kribbelten und juckten, sie hätte sich die Haut wegreißen mögen. »Ich … habe ihn nur gefunden.«
    Ihr Vater brabbelte vor sich hin. Niemand beachtete ihn.
    Der kleine Bulle mit der Bundfaltenhose trat neben sie. »Waren Sie in Marius verliebt?«
    Sie biss sich auf die Unterlippe. Nickte. »Ich wollte zu ihm. Ich musste Essen hinbringen. Er hat gewartet, ich hab auch noch Insulin für Becci besorgen sollen. Sie … es ging ihr echt dreckig. Sie war ohnmächtig und war saumäßig erkältet, der Husten hat sich voll übel angehört. Essen und trinken wollte sie auch nichts mehr. Sie hat nach Nagellackentferner gerochen, und Marius hat gesagt, das sei lebensgefährlich.«
    »Deswegen sind Sie am Samstag zu den Assmanns gefahren. Sie wollten sich nicht nach Marius erkundigen. Sie wollten Insulin holen.«
    »Es hat nicht funktioniert. Überall waren Ihre Leute. Ich bin nicht an den scheiß Kühlschrank rangekommen.« Sie konnte die Tränen nicht mehr zurückhalten, und ihr ganzer Körper wurde vom Schluchzen geschüttelt.
    Der kleine Bulle führte sie zu einem Stuhl und setzte sich ihr schräg gegenüber. Dann reichte er ihr ein Taschentuch. »Und weiter?«
    »Freitag, wir haben keine Zeit, wir …«, blaffte Ehrlinspiel, doch der Kleine sagte: »Zwei Minuten.«
    »Ich bin ohne Medikament losgefahren. Ich wollte Marius überreden, aufzugeben. Er hat Becci doch geliebt. Ich dachte, es ist zu gefährlich, und er kann ihr Leben nicht wegen so einem Arschloch von falschem Vater aufs Spiel setzen und dass Becci Angst kriegen muss. Das war’s doch alles nicht wert, oder? Und dann war er plötzlich da auf der Wiese. Bestimmt ist er losgelaufen, weil ich so spät dran war und Becci dringend das Zeug gebraucht hat. Ich glaub, Marius war echt froh, dass ich gekommen bin, er ist zu mir gerannt, er hat bestimmt

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