Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zeig mir den Tod

Zeig mir den Tod

Titel: Zeig mir den Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Busch
Vom Netzwerk:
soll der Scheiß mit den Medikamenten? Was ist mit dem Gör? Weißt du was?«
    Nessy nahm seine Hand. Sie war feucht. »Hey, es ist alles gut.«
    Er nickte, als Elisabeth Heinemann auf sie zueilte. Was machte die heute hier? Nessy holte tief Luft, und Torben seufzte leise.
    »Habt ihr es schon gehört? Schrecklich, ganz schrecklich. Ich bin extra hergekommen. Das halbe Kollegium sitzt oben. Die armen Eltern! Wie soll Günther Assmann da nur auftreten!« Sie schüttelte den Kopf. Dann kniff sie die Augen zusammen. »Ich bete zu Gott, dass ihr da heil herauskommt.«
    »Wir? Sie meinen Marius und Rebecca«, sagte Torben und zeigte beim Lächeln seine schneeweißen Zähne.
    »Ich meine, was ich sage.« Damit ging sie hinaus.
    Die beiden sahen sich an. »Abgehalfterte Stute«, schnaubte Torben.
    Nessy dachte an die Geschwister. An die Kälte der letzten Tage und an die traurigen blauen Augen von Marius. Wie er seine Jacke gesucht und aus der stinkenden Mülltonne hinter der Sporthalle gezogen hatte, Rebecca an seiner Seite. Und dass man der Kleinen nie etwas angemerkt hatte von ihrer Krankheit. Dann fiel ihr ein, dass ihr Vater sie erwartete, samt den Einkäufen fürs Wochenende. »Ich muss los.«
    Mit einem Ruck drückte er ihre Finger zusammen, dass es knackte, und beinahe hätte sie aufgeschrien. »Und halt ja die Klappe, Puppe. Keinen Fehler! Sonst kommen wir noch in Verdacht.«

[home]
    15
    S chande! Welche Schande? Los, sag’s schon!« Günther Assmanns Faust krachte neben das Handy, und es schlitterte über die Tischplatte. Neben einer Wasserkaraffe blieb es liegen. »Mich macht ihr nicht fertig.
Mich
nicht!«
    »Lass es, Günther«, sagte Lene leise. »Es wird sowieso kein gutes Ende nehmen.«
    Er sah sie an.
    Sie saß ihm gegenüber, am anderen Ende des großen Glastisches, so weit weg wie möglich. Hinter ihr hingen die Theaterplakate, bunt und lebendig. Lene dagegen war blass. Sie weinte nicht, sie war nicht zornig, sie war innerlich tot. Und er wusste ganz genau, weshalb: wegen Krenz. Diesem Krenz, der rechts zwischen ihnen an der Längsseite des Tisches saß. Genau wie damals. Der mit seinen Triefaugen alles auseinandernahm. Stumm Anklage erhob, als seien sie Verbrecher! »Merken Sie eigentlich nicht, was Sie hier anrichten?«, sagte er zu dem Polizisten.
    »Ich bin für Sie da. Sie dürfen in der Situation nicht allein bleiben.«
    Günther lachte auf. »Wir sind erwachsen. Ich werde Sie … ignorieren. Genauso, wie ich diesen ganzen Mist hier ignorieren werde.« Er deutete mit dem Kinn auf sein Handy.
    Jo Krenz verschränkte die Arme auf dem Tisch und beugte sich zu Assmann. »Das werden Sie nicht tun.«
    »Mist?« Lene flüsterte. »Du nennst das Mist? Es sind unsere Kinder!«
    Günther starrte auf Krenz’ schwarze Lederjacke, die bei jeder Bewegung knirschte und am linken Ärmel abgeschürft war. »Sollten Sie nicht längst in Rente sein?«
    »Zum ersten April.«
    »Guter Scherz.«
    »Nein. Mein sechzigster Geburtstag.«
    »Ach ja, Staatsbeamte dürfen sich ja schon mit sechzig auf ihren Lorbeeren ausruhen.« Krenz’ untere Augenlider erschienen Günther, als sackten sie mit jeder Sekunde noch mehr herab. Der Kerl sah gute zehn Jahre älter aus, als er war.
    »Glauben Sie mir: Ich werde der Sache mit Ihren Kindern auf den Grund gehen, Herr Assmann. Und wenn es das Letzte ist, was ich tue.«
    »Sie tun jetzt nur noch eines. Sie verlassen unser Haus!« Wie er diesen Mann verabscheute. Diesen Schnüffler, diesen zerfurchten Typ, der in sein Leben und das von Lene und Annika eingedrungen war und dabei vorgegeben hatte, auf seiner, Günthers, Seite zu stehen. Aber
ihn
hatte Krenz nicht täuschen können. Nicht mit seinem Lächeln, nicht mit den wenigen, ach so einfühlsamen Worten. Und er konnte ihn auch jetzt nicht täuschen. Es lag in Krenz’ Blick, ganz hinten, hinter dem verwaschenen Blau: Misstrauen. Tief, unauslöschlich, wie Günthers eigene Angst, die ihn manchmal aus dem Spiegel anblickte.
    »Ich bleibe, Herr Assmann. Sie sind wahrscheinlich der Einzige, der Antwort auf das Rätsel geben kann. Falls es kommt.«
    Krenz hatte Günthers Freunde auseinandergenommen, sie bedrängt und in ihren Herzen so lange Misstrauen gesät, bis manche nicht mehr mit ihm geredet hatten. Als ob er, der Vater, seiner Annika hätte etwas antun können! Lächerlich! Nur die Öffentlichkeit war ihm treu geblieben. O ja. Die Herzen waren ihm zugeflogen, tausende, jeden Tag, bedauernd, mitleidig, tuschelnd. Falsche,

Weitere Kostenlose Bücher