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Zeig mir den Tod

Zeig mir den Tod

Titel: Zeig mir den Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Busch
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bist naiv, Günther. Meinst du nicht, dass die Polizei da der bessere Ansprechpartner ist?«
    »Polizei, Polizei. Die haben noch nicht mal eine Spur. Dieser Krenz von damals behandelt mich, als sei ich ein Schwerverbrecher. Stellt blöde Fragen. Schleimt sich bei Lene ein, indem er den Verständnisvollen gibt. Ganz der, der
ich
natürlich nicht bin. Ich wundere mich, dass er noch nicht in deiner Praxis aufgekreuzt ist.«
    »Er hat keinen Grund dazu.«
    »Sie werden Rebecca nicht finden.« Günthers Stimme wurde leise, als spräche er einen Abschiedsmonolog auf der Bühne. »Krenz nicht und dieser Ehrlinspiel auch nicht. Es wird wie bei Annika laufen. Viel Gerede, viel Action, keine Ergebnisse. Und irgendwann ist das Kind vergessen.«
    »Was dir damals nicht unrecht war«, sagte Uwe und nahm aus dem Augenwinkel eine Bewegung im Eingang wahr. Er drehte sich um. Sie hatten die Tür nicht geschlossen.
    Draußen stand eine Frau mit einem pinkfarbenen Regenschirm in der einen und einer Katzentransportbox in der anderen Hand. Uwe erkannte sie sofort wieder. Trotz des Schirms war sie von der Lederjacke bis auf die Jeans völlig durchnässt. Viel zu nass für die wenigen Sekunden, die sie von dem dunkelpinkfarbenen Sportwagen bis zur Praxistür gebraucht hätte.

[home]
    30
    S ie ist fast angekommen. Nur noch ein paar hundert Meter oder so. Es ist warm, und sie schwebt und sieht die goldenen Wolken direkt vor sich. Nein, Quatsch, die sind gar nicht golden. Sie leuchten brombeerfarben, und um sie herum fliegen Amelies süße Schaummäuse, aber auch sie sind nicht weiß, sondern helllila. Eine Maus fliegt heran und beißt Becci in den Arm. Sie schlägt nach ihr, das hat weh getan! Das darf die nicht! Sie hat ihr doch nichts getan! Sie liebt Tiere!
    Sie kommt ins Trudeln, stürzt ein Stück nach unten, und alles dreht sich in ihrem Kopf. Ihr wird schlecht, sie erbricht.
    Dann wird sie aufgesaugt von einem riesigen Wirbel, der vom Himmel bis auf die Erde reicht, er zieht sie hinab, blöder Wirbel, er schluckt sie einfach, und sie kreist hinunter, wird schneller, immer schneller, fällt, mit dem Kopf nach unten, und alles, was in ihr ist, wird aus ihr herausgequetscht.
    Sie würgt, schluckt, doch es fließt nur Schleim aus ihr heraus, und vor lauter Schlucken und Kotzen bekommt sie keine Luft mehr, schnappt nur, aber wieder bleibt die Luft stecken, und plötzlich kommt das Brennen zurück. Ihr ganzer Körper steht in Flammen.
    Dann schlägt sie unten auf.
    Aber es tut gar nicht weh. Und sie hat sich keine Knochen gebrochen, glaubt sie. Es zerquetscht sie nur. Ihre Brust wird immer enger, und als sie den Arm auf ihre Jacke legt, fühlt sie das glitschige Zeug darauf. Das ist alles aus ihrem Mund gekommen.
    Sie ist wieder nicht im Himmel! Aber jetzt ist sie froh darüber. Denn das, wo sie gerade war, war ein falscher Himmel, mit bissigen Mäusen. Zum Glück ist sie noch einmal abgestürzt.
    Marius hat ihr nicht geholfen, in den Himmel zu kommen!
    Sie will die Augen öffnen. Aber es geht nicht. Jemand hat sie zugeklebt. Sie weiß nicht, ob es Tag oder Nacht ist, ob die Sterne funkeln oder die Sonne scheint. Und sie selbst ist so schwer geworden, sie zerdrückt alles, was unter ihr liegt.
    Marius muss ihr helfen, sonst kommt sie nie in den richtigen Himmel!
    »Marius«, sagt sie. Doch kein Ton kommt aus ihrem Mund. Der ist sicher auch zugeklebt.
    Wo bleibt Marius nur? Er hat doch versprochen, ihr zu helfen! Er hat gesagt, dass er sie rettet. Und was hat er gemacht? Gar nichts! Nicht mal den richtigen Himmel hat er ihr gezeigt und auch nicht, wie das mit dem Sterben funktioniert. Blöder Marius! Papa würde sicher sagen, dass das typisch für ihn ist. Aber das stimmt nicht. Marius macht immer ganz viel für Becci. Einmal hat er sogar ihre Haare gebürstet und ihr einen französischen Zopf geflochten. Das hat super ausgesehen, und er hat Becci über den Kopf gestrichen und gesagt, dass er eine Freundin hat, der das bestimmt auch stehen würde, aber ihre Haare waren nicht lang genug. Eigentlich ist Marius nicht blöd. Das ist gemein, wenn sie das denkt. Vor allem, weil er doch so oft geheult hat in letzter Zeit. Vor der Schule, in der Pause und in seinem Zimmer. Und dauernd dieses Bauchweh. Mama und Papa dürfen das aber nicht wissen. Sie hat es ihm versprochen.
    Wieder fließt etwas aus ihr heraus, jetzt zwischen ihren Beinen, es ist ganz warm und stinkt scharf. Viel schlimmer als im Baumhaus, wo die Mäuse hingepinkelt haben. Dabei hat

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