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Zeit deines Lebens

Titel: Zeit deines Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cecelia Ahern
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Atem, ein Beben durchlief seinen Körper, er schloss die Augen und verließ die Welt.

28 Um der alten Zeiten willen
    Um genau die gleiche Zeit, als Lou Suffern diese Welt verließ und eine andere betrat, stand er im Vorgarten seines Hauses in Howth, nass bis auf die Haut. Er zitterte noch von den Strapazen, die er gerade durchgemacht hatte, viel Zeit blieb ihm nicht mehr, aber in diesem Moment wollte er nirgendwo anders auf der Welt sein als hier.
    Er öffnete die Haustür, und seine Schuhe gaben auf den Fliesen ein nasses, schmatzendes Geräusch von sich. Im Wohnzimmer brannte ein munteres Feuer, und auf dem Boden unter dem Baum stapelten sich hübsch eingepackte und mit Bändern geschmückte Geschenke. Bisher waren Lucy und Pud die einzigen Kinder in der Familie, daher war die Tradition entstanden, dass Lous Eltern, Quentin, Alexandra und dieses Jahr – so kurz nach ihrer Trennung – auch Marcia an Heiligabend hier übernachteten. Alle freuten sich so darauf, am Weihnachtsmorgen Lucys strahlendes Gesicht zu sehen, dass man ihnen diesen Wunsch nicht abschlagen konnte. Für Lou wäre es undenkbar gewesen, den heutigen Abend nicht mit ihnen allen zu verbringen, und er freute sich von ganzem Herzen darauf. Als er das Esszimmer betrat, hoffte er, dass sie ihn sehen konnten und Gabes Zaubergeschenk ihn nicht im Stich lassen würde.
    »Lou!« Ruth entdeckte ihn zuerst, sprang sofort auf und {347 } eilte ihm entgegen. »Lou, Schatz, du bist ja ganz nass! Alles okay? Ist irgendwas passiert?«
    Lous Mutter stand ebenfalls auf, um ihm ein Handtuch zu holen.
    »Mir geht’s gut«, beruhigte er sie, nahm ihr Gesicht in beide Hände und konnte sich gar nicht daran sattsehen. »Jetzt geht es mir gut. Ich hab angerufen«, fügte er flüsternd hinzu. »Aber es ist keiner drangegangen.«
    »Pud hat mal wieder das Telefon versteckt«, erklärte sie und betrachtete ihn besorgt. »Bist du betrunken?«, fragte sie schließlich ganz leise.
    »Nein«, lachte er. »Ich bin verliebt«, fügte er, wieder im Flüsterton, hinzu, hob dann aber die Stimme, damit alle ihn hören konnten. »Ich bin verliebt in meine wunderschöne Frau«, wiederholte er, küsste Ruth auf den Mund, küsste sie auf den Hals, küsste jeden Zentimeter ihres wunderschönen Gesichts, und es war ihm vollkommen egal, wer ihn beobachtete. »Es tut mir so leid«, flüsterte er erneut und konnte kaum sprechen vor lauter Tränen.
    »Was tut dir leid? Was ist denn los?«
    »Was ich dir angetan habe, das tut mir leid. Dass ich so war, wie ich war. Ich liebe dich. Ich wollte dir nie wehtun.«
    Nun stiegen auch Ruth die Tränen in die Augen. »Oh, das weiß ich doch, Schatz, das hast du mir schon gesagt. Ich weiß es.«
    »Mir ist nur grade klargeworden – wenn ich nicht bei dir bin, dann bin ich nicht nur ruthlos, sondern völlig ratlos«, lächelte er, und seine Mutter, die inzwischen – ebenfalls mit Tränen in den Augen – mit dem Handtuch zurückgekehrt war, applaudierte und ergriff dann die Hand ihres Mannes, der am Tisch saß.
    »Das betrifft euch alle«, fuhr Lou fort, ohne Ruths Hand loszulassen, »denn ich möchte mich bei euch allen entschuldigen.«
    »Das wissen wir, Lou«, erwiderte Quentin lächelnd, und auch ihm hörte man an, dass er gerührt war. »Aber das ist jetzt alles Vergangenheit. Okay? Hör auf, dir Sorgen zu machen, und setz dich zu uns an den Tisch. Es ist alles in Ordnung.«
    Lou sah seine Eltern an, die lächelten und heftig nickten. Sogar sein Vater hatte Tränen in den Augen, und Marcia blinzelte angestrengt, um nicht zu weinen, während sie in einer Art Übersprungshandlung das Besteck auf dem Tisch herumschob.
    Dann wurde Lou abgetrocknet, alle sagten ihm, dass sie ihn liebhatten, sie küssten und drängten ihn, etwas zu essen, obwohl er kaum etwas hinunterbrachte. Auch er sagte ihnen, wie sehr er sie liebte, sagte es immer und immer wieder, bis sie anfingen zu lachen und ihn beschworen, damit aufzuhören. Nach einer Weile ging er hinauf ins Schlafzimmer, um sich trockene Sachen anzuziehen – damit er sich, wie seine Mutter sagte, nicht noch eine Lungenentzündung holte. Während er dabei war, sich etwas auszusuchen, hörte er plötzlich Pud weinen und rannte sofort ins Zimmer seines Sohnes.
    Dort war es ziemlich dunkel, nur ein kleines Nachtlicht brannte. Lou sah, dass Pud putzmunter war und aufrecht am Gitter seines Bettchens stand – ein Gefangener der Schlafarmee, der gerade aufgewacht ist. Lou knipste das Licht an und ging zu ihm

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