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Zeit deines Lebens

Titel: Zeit deines Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cecelia Ahern
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Krönung dieses langen, ereignisreichen Tages, plötzlich lautes Sirenengeheul, und als er in den Rückspiegel spähte, musste er leise fluchend zur Kenntnis nehmen, dass direkt hinter ihm ein Polizeiwagen mit blitzendem Blaulicht auftauchte. Langsam nahm er den Fuß vom Gas, in der Hoffnung, die Polizisten würden ihn einfach überholen, aber nein, Sirenengeheul und Warnlicht galten eindeutig ihm. Also blinkte er und fuhr an den Straßenrand, blieb mit den Händen auf dem Steuer sitzen und {87 } beobachtete, wie eine ihm wohlbekannte Gestalt aus dem Streifenwagen kletterte. Langsam trat der Mann an Lous Fahrertür, sah sich dabei um, als machte er einen netten Nachtspaziergang, und gab Lou damit genug Zeit, sich das Hirn nach dem Namen des Sergeants zu zermartern, seine überlaute Musik auszustellen und noch einen ausführlichen Blick in den Seitenspiegel zu werfen. Aber auch eine genauere Betrachtung des Mannes half ihm hinsichtlich des Namens leider nicht auf die Sprünge.
    Der Mann stellte sich an Lous Tür und beugte sich herab, um ihn durch das offene Fenster zu mustern.
    »Mr Suffern«, sagte er ohne eine Spur von Sarkasmus, was Lou mit einiger Erleichterung registrierte.
    »Sergeant O'Reilly.« In letzter Sekunde fiel ihm der Name doch noch ein, und er lächelte den Polizisten an, wobei er die Zähne entblößte wie ein nervöser Schimpanse.
    »Da sehen wir uns in einer sehr vertrauten Situation wieder«, stellte Sergeant O'Reilly mit einer Grimasse fest. »Zu Ihrem Pech sind wir beide wohl häufig zur gleichen Zeit auf dem Heimweg.«
    »Ja, das stimmt, Sir. Ich entschuldige mich. Die Straße war ruhig, ich dachte, da ist es okay, mal ein bisschen schneller zu fahren. Kein Schwein unterwegs.«
    »Nur ein paar unschuldige Menschen. Das ist ja immer das Problem.«
    »Und ich bin einer von ihnen, Euer Ehren«, lachte Lou, der seine Wortwahl bereits bereute, und streckte wie zu seiner Verteidigung beide Hände in die Höhe. »Das ist das letzte Stückchen der Strecke, ich bin gleich zu Hause. Ich hatte grade erst Gas gegeben, als Sie mich rangewinkt haben, glauben Sie mir. Wollte einfach nur heim zur Familie.«
    »Ich hab Ihren Motor noch in Sutton Cross heulen gehört, und das ist ganz schön weit die Straße runter.«
    »Ist ja auch so still heute Abend.«
    »Und Sie haben einen lauten Motor. Das weiß ich, Mr Suffern. Aber so was ist trotzdem gefährlich.«
    »Wahrscheinlich lassen Sie mich nicht mit einer Verwarnung davonkommen, oder?«, fragte Lou und versuchte, Aufrichtigkeit und Reue in sein gewinnendes Lächeln einfließen zu lassen. Beides gleichzeitig.
    »Sie kennen die Geschwindigkeitsbegrenzung?«
    »Ja, sechzig Stundenkilometer.«
    »Und nicht hundertund–«
    Mitten im Wort brach der Sergeant ab und richtete sich mit einem Ruck auf, so dass Lou keinen Blickkontakt mehr mit ihm aufnehmen konnte, sondern stattdessen die Gürtelschnalle des Mannes vor der Nase hatte. Da er nicht wusste, was der Sergeant vorhatte, blieb er sitzen, spähte aus dem Fenster auf die Straße und hoffte, dass er nicht noch mehr Punkte in der Verkehrssünderkartei aufgebrummt bekam. Wenn man mehr als zwölf hatte, war man den Führerschein endgültig los, und mit seinen acht war er ziemlich dicht dran. Vorsichtig schaute er zu dem Polizisten hoch und sah, dass er in seine linke Brusttasche fasste.
    »Brauchen Sie einen Stift?«, rief Lou voller Hilfsbereitschaft und griff in seine Innentasche.
    Doch der Sergeant zuckte nur zusammen und wandte Lou stumm den Rücken zu.
    »Hey, alles klar bei Ihnen?«, erkundigte Lou sich besorgt. Schon wanderte seine Hand zum Türgriff, um auszusteigen und nachzuschauen, aber im letzten Moment überlegte er es sich anders.
    Der Sergeant gab ein unverständliches Grunzen von {89 } sich, dem Ton nach möglicherweise eine Warnung. Dann sah Lou im Seitenspiegel, wie er sich umdrehte und langsam zu seinem Wagen zurücktrottete. Aber sein Gang war ungewöhnlich, denn er schien das linke Bein ein wenig nachzuziehen. War er womöglich betrunken? Der Sergeant öffnete seine Autotür, stieg ein, ließ den Motor an, wendete und war wenig später verschwunden. Stirnrunzelnd blickte Lou ihm nach. Dieser Tag wurde immer verrückter, selbst noch am Abend.
     
    Als Lou die Auffahrt zu seinem Haus erreichte, verspürte er den gleichen Stolz und die gleiche Zufriedenheit wie immer, wenn er nach Hause kam. Für die meisten Durchschnittsmenschen spielt Größe keine Rolle, aber Lou wollte nicht durchschnittlich

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