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Zeit deines Lebens

Titel: Zeit deines Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cecelia Ahern
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Büros zu finden waren, und eine kleine Lampe ohne Schirm, die in der Ecke des Raums ihr Licht verbreitete. Gabe war in die gleiche schmutzige Decke gewickelt, die Lou von draußen vor dem Gebäude kannte. Außerdem stand ein Wasserkocher auf dem Regal, und daneben lag eine halbleere Sandwichpackung. Weiter oben hing Gabes neuer Anzug, in der Plastikhülle, offenbar noch ungetragen. Der Anblick des makellosen Anzugs, der an einem Metallregal in einem Abstellraum hing, erinnerte Lou an die gute Stube seiner Großmutter – etwas Kostbares, das man sich für ganz besondere Gelegenheiten aufsparte, die nie eintraten oder wenn sie eintraten, nicht als solche erkannt wurden.
    Schließlich schaute Gabe sich doch um und fuhr mit einem {183 } solchen Ruck hoch, dass ihm sein Buch aus der Hand flog. Zum Glück verfehlte es die Kerze.
    »Lou!«, rief er erschrocken.
    »Gabe«, antwortete Lou, ohne jedoch die Befriedigung zu empfinden, die er eigentlich erwartet hatte. Die Szenerie vor ihm war so traurig. Kein Wunder, dass dieser Mann jeden Morgen als Erster und jeden Abend als Letzter im Büro war. Dieser mit Ramsch vollgestopfte kleine Raum war Gabes Zuhause geworden.
    »Wofür ist der Anzug?«, fragte Lou und betrachtete ihn von oben bis unten. Das elegante Kleidungsstück wirkte in dem staubigen Raum, zwischen all dem billigen Zeug, das abgelegt und irgendwann vergessen worden war, völlig fehl am Platz. Ein sauberer, teurer Anzug, das passte einfach nicht.
    »Oh, man weiß doch nie, wann man mal einen guten Anzug braucht«, antwortete Gabe und beobachtete Lou argwöhnisch. »Werden Sie mich verraten?«, fragte er, klang allerdings nicht besorgt, sondern eher interessiert.
    Lou sah ihn an und spürte Mitgefühl in sich aufsteigen. »Weiß Harry denn, dass Sie hier sind?«
    Gabe schüttelte den Kopf.
    Lou dachte nach. »Von mir erfährt keiner ein Wort.«
    »Danke.«
    »Hausen Sie schon die ganze Woche hier unten?«
    Gabe nickte.
    »Ist ziemlich kalt hier drin.«
    »Ja, die Heizung geht aus, wenn alle weg sind.«
    »Ich kann Ihnen ein paar Decken besorgen oder vielleicht ein … äh … ein Heizgerät, wenn Sie möchten«, sagte Lou und fühlte sich wie ein Idiot, kaum dass die Worte aus seinem Mund waren.
    »Ja, danke, das wäre schön. Nehmen Sie doch Platz.« Gabe zeigte auf eine Kiste, die auf dem untersten Regalbord stand. »Bitte.«
    Lou krempelte die Ärmel auf, bevor er die Kiste zu sich heranzog, denn er wollte sich nicht den Anzug schmutzig machen. Dann ließ er sich langsam darauf nieder.
    »Möchten Sie einen Kaffee? Leider hab ich nur schwarzen, die Maschine für den Latte funktioniert nicht.«
    »Nein danke, ich wollte mir eigentlich nur eine Packung Kopfschmerztabletten aus der Apotheke holen«, erwiderte Lou ernst, denn Gabes Anspielung war ihm in seiner Verwirrung völlig entgangen. »Vielen Dank, dass Sie mich gestern heimgefahren haben.«
    »Gern geschehen.«
    »Sie sind gut mit dem Porsche zurechtgekommen.« Lou sah Gabe fragend an. »Haben Sie vielleicht doch schon mal einen gefahren?«
    »Na klar, ich hab einen hinterm Haus stehen«, antwortete Gabe und verdrehte die Augen.
    »Ja, stimmt. Entschuldigung … Woher wussten Sie eigentlich, wo ich wohne?«
    »Das hab ich geraten«, antwortete Gabe sarkastisch und schenkte sich einen Kaffee ein. »Ihr Haus war das einzige in der Straße mit einem geschmacklosen Tor. Der Vogel obendrauf! Also wirklich – ein Vogel?« Er schaute Lou an, als würde sich schon bei der Vorstellung eines metallenen Vogels ein schlechter Geruch im Raum ausbreiten, was ohne die Duftkerzen vielleicht sogar der Fall gewesen wäre.
    »Das ist ein Adler«, verteidigte sich Lou. »Wissen Sie, letzte Nacht war … « Er hatte den Impuls, sich zu rechtfertigen oder sein Verhalten zumindest zu erklären, aber dann {185 } überlegte er es sich anders, denn er war nicht in Stimmung, für irgendetwas Rede und Antwort zu stehen, schon gar nicht vor diesem Gabe, der in einem Abstellraum im Keller auf dem Boden schlief und sich trotzdem erdreistete, auf ihn herabzuschauen. »Warum haben Sie Ruth gesagt, sie soll mich bis zehn schlafen lassen?«
    Gabe fixierte ihn mit seinen blauen Augen, und obwohl Lou ein sechsstelliges Jahreseinkommen und ein Haus für mehrere Millionen in einem der besten Stadtteile von Dublin sein Eigen nannte, während Gabe praktisch gar nichts besaß, fühlte Lou sich ihm schon wieder unterlegen. Und so, als würde er beurteilt.
    »Ich dachte, Sie könnten ein bisschen

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