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Zeit deines Lebens

Titel: Zeit deines Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cecelia Ahern
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diese Zeit immer noch beleuchtet waren.
    »Das dort, direkt gegenüber«, erklärte Lou und deutete hinüber. »Dreizehn Stockwerke hoch, im vierzehnten Stock.«
    Sein Vater warf ihm einen verwunderten Blick zu. Wahrscheinlich verwirrte ihn die Erklärung, und zum ersten Mal konnte Lou nachvollziehen, was man an dieser Art Benennung verwirrend finden konnte. Aber diese Erkenntnis war nicht angenehm, sondern ein Gefühl, als zöge man ihm den Boden unter den Füßen weg. Dabei war er sich seiner Sache immer so sicher gewesen.
    »Da, wo überall noch Licht brennt«, erklärte Lou etwas simpler. »Wegen der Weihnachtsfeier.«
    »Ah, dort.« Sein Vater nickte. »Da verbringst du also einen Großteil deiner Zeit.«
    »Ja«, bestätigte Lou stolz. »Übrigens habe ich heute Abend eine Beförderung gekriegt, Dad«, fügte er lächelnd hinzu. »Du bist der Erste, der es erfährt – was ja nur angemessen ist an deinem Festtag«, fügte er schnell hinzu.
    »Eine Beförderung?« Die buschigen Augenbrauen seines Vaters wölbten sich nach oben.
    »Ja.«
    »Noch mehr Arbeit?«
    »Größeres Büro. Besseres Licht«, scherzte Lou. Als sein Vater nicht lachte, wurde er ernst und räumte ein: »Ja, auch mehr Arbeit. Mehr Überstunden.«
    »Aha«, sagte sein Vater nur und schwieg dann wieder.
    Auf einmal spürte Lou, wie er wütend wurde. Hatte er nicht wenigstens einen Glückwunsch verdient?
    »Bist du glücklich dort?«, fragte sein Vater nach einer Weile, den Blick immer noch aus dem Fenster gerichtet, in dem sich der Partyraum hinter ihnen spiegelte. »Es wäre doch vergeudete Zeit, wenn du so hart arbeitest, obwohl es dich nicht glücklich macht. Denn letztlich kommt es doch darauf an, nicht wahr?«
    Lou ließ sich die Bemerkung durch den Kopf gehen. {282 } Zwar war er enttäuscht darüber, dass sein Vater ihn nicht lobte, aber gleichzeitig fand er das angeschnittene Thema sehr interessant.
    »Aber du hast mir doch immer gesagt, ich soll mich anstrengen«, gab er zurück und spürte wieder die Wut, von der er bis vorhin nichts gewusst hatte. »Du hast uns immer eingeschärft, dass wir uns nicht auf unseren Lorbeeren ausruhen sollen, nicht mal für eine Sekunde. So habe ich deine Formulierung jedenfalls in Erinnerung.« Er rang sich ein Lächeln ab, das jedoch ziemlich verkniffen ausfiel.
    »Ja, sicher – ich wollte, dass ihr euch bemüht, das schon«, erwiderte sein Vater, wandte sich Lou zu und blickte ihm ganz direkt in die Augen. »Aber in
jedem
Bereich eures Lebens, nicht nur bei der Arbeit. Jeder Seiltänzer kann auf einer geraden Linie gehen und gleichzeitig einen Stab in der Hand halten. Aber das Balancieren auf dem Seil in schwindelerregender Höhe – das ist es, was er üben muss«, schloss er schlicht.
    Eine Angestellte mit einem Stuhl in der Hand unterbrach ihr Gespräch und damit auch die Anspannung, die sich zwischen Vater und Sohn aufgebaut hatte. »Entschuldigen Sie, aber für wen ist der?«, fragte die junge Frau und sah sich suchend um. »Mein Chef hat mir gesagt, dass jemand aus Ihrer Gruppe um eine Sitzgelegenheit gebeten hat.«
    »Hm, ja, das hab ich«, meinte Lou mit einem ärgerlichen Lachen. »Aber nicht um
eine
Sitzgelegenheit, sondern um Stühle für alle. Plural. Damit alle unsere Gäste sich hinsetzen können.«
    »Oh, hm, so viele Stühle haben wir aber leider nicht«, entschuldigte sich die Bedienung eifrig. »Also, wer möchte diesen hier?«
    »Meine Frau«, sagte Lous Vater rasch, denn er wollte {283 } um jeden Preis eine Szene vermeiden. »Nimm den Stuhl, Lou, und gib ihn deiner Mutter.«
    »Nein, nein, ich kann gut stehen, Fred«, protestierte Lous Mutter. »Du hast Geburtstag, du kriegst den Stuhl.«
    Lou schloss die Augen und atmete tief durch. Dafür hatte er nun zwölftausend Euro bezahlt? Dass seine Familie darüber diskutieren konnte, wer sich auf den einzigen verfügbaren Stuhl setzen durfte?
    »Außerdem hat der DJ gesagt, dass er an traditioneller irischer Musik nur die Nationalhymne zu bieten hat. Soll er die auflegen?«, erkundigte sich die junge Frau.
    »Wie bitte?«, knurrte Lou.
    »Er spielt sie immer am Ende des Abends, aber sonst hat er nichts traditionell Irisches«, erklärte sie zerknirscht. »Wäre es Ihnen und Ihren Gästen recht, wenn er sie jetzt spielt?«
    »Nein!«, fauchte Lou. »Das ist doch absurd. Sagen Sie das Ihrem DJ .«
    »Aber vielleicht können Sie ihm das hier geben«, mischte sich Marcia ein und griff in eine Schachtel, die unter dem Tisch stand und aus der

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