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Zeit deines Lebens

Titel: Zeit deines Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cecelia Ahern
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aufstehen, um an die Häppchen zu kommen.
    »Na gut, okay.« Hilflos sah die Bedienung zu, wie die Senioren sich über das Essen hermachten, und trat dann zögernd und tablettlos den Rückzug an.
    »Haben Sie gerade etwas von einem Kuchen gesagt?«, rief Marcia ihr nach. Ihrer hohen, überschnappenden Stimme hörte man den Stress an.
    »Ja.«
    »Darf ich ihn mir bitte ansehen?«, fragte Marcia hastig und warf Lou einen entsetzten Blick zu. »Welche Farbe hat er? Womit ist er verziert? Sind Rosinen drin? Daddy hasst nämlich Rosinen«, hörte man ihre erregte Stimme noch, während sie mit der Kellnerin in Richtung Küche verschwand, ihren Notkarton fest im Arm.
    »Also, wer hat Sie eigentlich eingeladen, Gabe?«, erkundigte sich Lou, als seine Schwester weg war. Er hatte absolut keine Lust, sich über Gabes Beförderung zu unterhalten. Er war so gereizt, dass er Gabe bei diesem Thema wahrscheinlich einmal quer durch den Raum geschleudert hätte.
    »Ruth«, antwortete Gabe schlicht und nahm sich vorsichtig ein Kartoffelhäufchen.
    »Ach ja? Fällt mir schwer, das zu glauben«, lachte Lou.
    »Warum?«, gab Gabe achselzuckend zurück. »Sie hat mich an dem Abend eingeladen, als ich bei Ihrer Familie zum Abendessen war und bei Ihnen übernachtet habe.«
    »Was soll das heißen?«, zeterte Lou kindisch und baute sich drohend vor ihm auf. »Sie waren nicht zum Essen eingeladen. Sie haben mich zu Hause abgesetzt und die Reste aufgemampft.«
    Gabe sah ihn seltsam an. »Okay.«
    »Wo ist Ruth überhaupt? Ich hab sie den ganzen Abend noch nicht gesehen.«
    »Oh, wir haben uns die meiste Zeit auf dem Balkon unterhalten. Ich mag Ruth übrigens sehr gern«, antwortete Gabe. Ein bisschen Kartoffelpüree rutschte ihm aus dem Mundwinkel übers Kinn und landete auf seiner geborgten Krawatte. Lous Krawatte, genau genommen.
    Lou biss die Zähne zusammen vor Wut. »Sie mögen Ruth sehr gern? Sie mögen
meine Frau
sehr gern? Na, das ist ja witzig, Gabe, denn ich mag meine Frau auch sehr gern. Wir beide haben so verdammt viel gemeinsam, nicht wahr?«
    »Lou, vielleicht sollten Sie ein kleines bisschen leiser sprechen«, sagte Gabe mit einem nervösen Lächeln.
    Lou sah sich um, lächelte in die neugierigen Gesichter der Umstehenden und legte Gabe dann den Arm um die Schulter, um zu demonstrieren, dass alles in Ordnung war und er sein Geschimpfe witzig meinte. Aber sobald die anderen wieder wegsahen, konfrontierte er Gabe erneut, und zwar ganz ohne Lächeln.
    »Sie haben es also wirklich darauf abgesehen, mir mein Leben wegzunehmen, stimmt’s, Gabe?«
    Gabe machte ein einigermaßen schockiertes Gesicht, aber er hatte keine Gelegenheit zu protestieren, denn in diesem Moment öffneten sich die Aufzugstüren, und heraus stolperten Alfred, Alison und noch ein paar Leute von der Weihnachtsfeier in Lous Firma. Obwohl gerade das Lieblingsweihnachtslied von Lous Vater aus den Lautsprechern dröhnte, schafften es die Neuankömmlinge mit ihren Weihnachtsmannkostümen und Partyhütchen sofort, die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Gnadenlos bliesen sie jedem, der auch nur in ihre Richtung schaute, die mitgebrachten Tröten entgegen.
    Lou ließ Gabe stehen, rannte die Stufen zum Aufzug empor und stellte sich Alfred in den Weg.
    »Wir sind gekommen, um Paaaaaarty zu machen, mein Freund!«, verkündete Alfred und blökte Lou mit seiner Tröte ins Gesicht.
    »Alfred, ihr seid hier nicht eingeladen«, erwiderte Lou laut.
    »O doch, Alison hat mich eingeladen«, wieherte Alfred. »Und ich glaube, du weißt besser als wir alle, wie schwer es ist, eine Einladung von Alison abzulehnen.« Er grinste vielsagend. »Aber es macht mir nichts, zweite Wahl zu sein«, lachte er wieder, betrunken hin und her schwankend, aber dann wanderte sein Blick über Lous Schulter, und sein Gesicht veränderte sich plötzlich. »Hallo, Ruth! Wie geht es dir?«
    Lou blieb beinahe das Herz stehen, als er sich umdrehte und Ruth direkt hinter sich stehen sah.
    »Hallo, Alfred«, antwortete sie nur, verschränkte die Arme vor der Brust und starrte ihren Ehemann unverwandt an.
    Angespanntes Schweigen folgte.
    »Tja, das ist peinlich«, sagte Alfred unsicher. »Ich glaube, dann schließe ich mich mal lieber den anderen Partygästen an und lasse euch zwei in Ruhe aufeinander losgehen.«
    Er verschwand und ließ Lou mit Ruth allein. Der Schmerz in ihrem Gesicht war wie ein Dolch in seinem Herzen. Wut wäre ihm wesentlich lieber gewesen.
    »Ruth«, sagte er. »Ich hab dich schon den

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