Zeit der Dunkelheit (Band 4)
lernen, sich auf sich selbst zu verlassen.« Sie sahen zu, wie Weißflug Eispfote zu Boden drückte und ihre Haltung mit der Schnauze korrigierte. »Sie macht das gut.«
Die Farnwedel zitterten. Die blassgrünen Stiele bebten an den Wurzeln mehr als an den Spitzen, der Wind konnte es also nicht sein. Eispfote duckte sich und wackelte mit dem Hinterteil, mit den Pfoten knetete sie den Boden. Sanft legte Weißflug der Schülerin den Schwanz auf den Rücken, bis sich Eispfote beruhigt hatte. Sie beugte sich vor, flüsterte Eispfote etwas ins Ohr, dann zog sie sich zurück. Jetzt war Eispfote dran.
Löwenpfote beobachtete Eispfote. Mit einem Satz stürzte sie sich in den Farn.
Aus den Wedeln ertönte ein kurzes Quieken, dann war es wieder still. Anschließend kam Eispfote herausgehüpft, ein kleiner Wühler baumelte zwischen ihren Zähnen. Ihre Augen strahlten vor Glück.
Aschenpelz trat zu ihr. »Gut gemacht!«
Weißflug schnurrte vor Stolz. »Das war großartig, Eispfote!«
»Toller Fang«, fügte Aschenpelz hinzu.
So viel Aufregung wegen eines kleinen Wühlers! Er war bestimmt viel zu jung gewesen, um wegzulaufen, selbst wenn er es gewollt hätte. Löwenpfote musste wieder an die Schlacht in den Bergen denken. Es freute ihn für Eispfote, dass sie ihren ersten Fang so schnell geschafft hatte, aber was hätten sie gesagt, wenn sie gesehen hätten, wie er gegen die Bergkatzen gekämpft hatte? Schließlich ließ sich ein gefangenes Beutehäppchen nicht mit dem Sieg einer einzigen Katze gegen einen ganzen Clan vergleichen.
»Drossel!«
Löwenpfote drehte den Kopf und folgte dem Blick seines Mentors. Eine fette Drossel pickte im Laub neben dem breiten Stamm der Eiche. Lautlos wie eine Schlange glitt Löwenpfote um den Stamm herum, bis er sich hinter der Drossel befand. Mit dem Bauch am Boden schlich er sich an, den Schwanz leicht angehoben, um keine Blätter in Bewegung zu setzen. Die Drossel suchte nach Insekten, ohne auf die Gefahr zu achten. So ein dämlicher Vogel hatte es nicht besser verdient, er musste Frischbeute werden. Löwenpfote hielt inne, schätzte die Entfernung ab und sprang. Mit einem mächtigen Satz brachte er drei Fuchslängen Waldboden hinter sich. Die Drossel breitete panisch die Flügel aus und wollte wegfliegen, aber es war zu spät. Mit tödlicher Präzision war Löwenpfote auf dem flatternden Vogel gelandet und gab ihm mit einem wohlgezielten Biss ins Genick den Rest.
»Das war fantastisch!« Von der anderen Seite des Baumes sah ihn Eispfote mit weit aufgerissenen Augen bewundernd an.
Weißflug hatte überrascht die Ohren angelegt.
Etwas kitzelte Löwenpfote an der Schnauze. Eine weiche Drosselfeder steckte ihm in der Nase.
Verlegen wischte er sie weg.
Aschenpelz nickte. »Nicht schlecht.«
»Was für ein riesiger Satz!«, miaute Weißflug. »Du hättest leicht danebenspringen können.«
Nein, hätte ich nicht. Löwenpfote schob den Gedanken beiseite. In Anbetracht der immer noch überraschten Blicke seiner Clan-Gefährten beschloss er, sie lieber in dem Glauben zu belassen, dass er einfach nur Glück gehabt hatte. Vielleicht hatte Häherpfote recht: Möglicherweise wären sie nicht besonders erfreut, wenn sie wüssten, was in Wahrheit hinter seinem großartigen Fang steckte.
Auf dem Rückweg ins Lager steckte Löwenpfote die ganze Zeit der betörende Duft der Drossel in der Nase. Sie baumelte ihm vor der Brust, die Flügel schleiften durch das Laub. Eispfote tappte neben ihm her und stolperte mehrmals über ihren kleinen Fang, während sie mit ihm Schritt zu halten versuchte.
»Wenn ich bloß nicht so kurze Beine hätte«, schimpfte sie mit zusammengebissenen Zähnen durch den Pelz der Wühlmaus hindurch.
»Sie werden noch wachsen«, versprach Löwenpfote.
Weißflug und Aschenpelz liefen voraus, beide mit einem eigenen Fang im Maul. So spät in der Blattgrüne war jede Beute willkommen. Der Clan musste reichlich essen, um die Blattleere zu überstehen. So sagten es die Ältesten jedenfalls immer wieder. Löwenpfote konnte sich an keine Blattleere erinnern, nur daran, dass hinter den Wänden der Kinderstube etwas lauerte – eine Bedrohung, die den älteren Katzen Sorge bereitete und an den Zweigen des Baus rüttelte.
»Das war wirklich ein großartiger Fang«, miaute Eispfote.
Löwenpfote brummte ein Dankeschön. Er wollte sich nicht an einer Feder verschlucken, um nicht für den Rest des Tages zu husten.
»Warum bist du so früh abgesprungen?«, wollte Eispfote wissen.
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