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Zeit der Geheimnisse

Titel: Zeit der Geheimnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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Shelley das so gesagt.
     
    Von den Jungs interessiert sich keiner für Schösslinge und Bäume. In der Mittagspause rasen sie alle zum Kunsttisch und streiten sich um die Schraubendreher und Bohrer, die manbraucht, um ein Stück Schnur aus dem Bastelkasten durch jede der armen Kastanien zu ziehen. Draußen auf dem Hof versucht dann jeder, mit seiner Kastanie an der Schnur die der anderen zu zerschlagen. So geht das Spiel.
    Alexander zertrümmert die von Matthew.
    Matthew zertrümmert die von Josh.
    Und auch die von Sascha, was ein bisschen unfair ist, weil Sascha erst sechs ist. Aber Mrs. Angus hat gesagt, Josh soll sie mitspielen lassen, deshalb ist es eigentlich ihre Schuld.
    Joshs Kastanie hat drei andere zertrümmert, also ist sie jetzt ein Dreier.
    Joshs Kastanie gewinnt in jedem Durchgang. Sie trifft Alexanders zweite Kastanie und dann noch zwei von Matthew. Damit ist sie ein Sechser.
    Josh stürmt über den Pausenhof, er sucht irgendetwas, das er noch zertrümmern kann.
    »Hast du eine Kastanie?«, fragt er mich. Ich schüttle den Kopf. Meine sind sicher verwahrt in meiner Tasche, ich habe keine Löcher hineingebohrt.
    »Hast du eine?«, fragt er Hannah. Hannah sitzt auf der Bank am Rand des Pausenhofs. Sie hat die Stöpsel von Dads iPod im Ohr, so als wäre ihr völlig egal, was die anderen machen. Jetzt nimmt sie die Stöpsel heraus und lässt Josh seine Frage wiederholen.
    »Kastanie?«, sagt Josh. »Hast du eine?«
    »Das ist doch Kinderkram«, sagt Hannah.
    Josh wird rot. »Du hast doch auch ein Loch in deine gebohrt«, sagt er. »Ich hab’s selber gesehen.«
    Hannah steht auf. Auf ihren Plateausohlen ist sie größer als Josh.
    »Auf geht’s«, sagt sie.
    Bei allen anderen war Josh Erster, aber bei Hannah hat er keineChance. Sie ist schon kampfbereit, hält ihre Kastanie schon zwischen Daumen und Zeigefinger an der gespannten Schnur. Josh macht den Mund auf, dann schließt er ihn wieder.
    Hannah kneift die Augen zusammen. Sie zieht ihre Schnur zurück und lässt die Kastanie fliegen. Joshs Kastanie schwingt zurück, bleibt aber heil.
    Jetzt ist er an der Reihe. Er verzieht das Gesicht und reißt seine Schnur zurück. Peng! Aber auch Hannahs Kastanie bleibt heil.
    Jetzt kommt Hannah in Fahrt. Als sie das nächste Mal Joshs Kastanie trifft, fliegt ein Stückchen Schale ab. Sie darf noch einmal, und nun platzt ein größeres Stück ab, und Joshs Kastanie fällt von der Schnur. Hannah hat gewonnen.
    »Das war’s«, sagt sie.
    Josh ist knallrot angelaufen. Er macht ein Gesicht wie Sascha, kurz bevor sie angefangen hat zu weinen, nachdem er ihre Kastanie kaputt gemacht hat.
    »Du hast getrickst«, sagt er. »Ganz mies getrickst. Das weiß ich genau.«
    Drüben an der Schultür läutet Oliver die Glocke. Dingdong, dingdong, dingdong.
    »Alle aufstellen!«, ruft Mrs. Angus.
    »Getrickst!«, sagt Josh.
    Hannah sieht ihn mit diesem Blick an, den ich so gut an ihr kenne. Sie macht sich gar nicht die Mühe, ihm zu antworten. Hebt einfach den iPod auf und geht rüber zu den anderen, die sich in einer Reihe aufstellen.
    Josh guckt sauer.
    »Deine Schwester ist eine ganz miese Schummlerin«, sagt er. »Und du bist blöd.«
     
    Alexander steht ganz hinten in der Reihe mit seiner letzten Kastanie. Es ist die beste, die Königin der Kastanien, groß und glänzend.
    »Tritt nicht gegen Hannah an«, sage ich. »Die gewinnt doch bloß.«
    Alexander sieht seine Kastanie liebevoll an.
    »Ich trete gegen niemanden an«, sagt er. »Ich pflanze sie ein, so wie Miss Shelley gesagt hat. Dann hab ich meinen eigenen Kastanienbaum.«
    Ich sehe mir Alexanders Kastanie näher an.
    »Aber die hat doch ein Loch.«
    »Na und?«, sagt er. »Die Schnur nehme ich ja raus.«
    »Wächst dann trotzdem was daraus, obwohl das Loch drin ist?«
    Alexander zuckt mit den Achseln.
    »Vielleicht schon vorgebohrte Kastanien!«
     
    Als ich in mein Zimmer zurückkomme, hole ich meine Kastanien hervor und reihe sie vor dem Fenster auf. Vier Stück sind es. Es war eine Mutter, die hatte vier Kinder, den Frühling, den Sommer, den Herbst und den Winter. Ich lege den Kopf auf die Fensterbank und betrachte sie von der Seite.
    Ich könnte Löcher hineinbohren und Hannah erlauben, sie alle zu zertrümmern.
    Oder ich könnte sie im Frühjahr einpflanzen, damit Bäume daraus werden.

 
     
    Leer
     
     
    Am Abend gehe ich wieder zur Scheune. Ich rufe und rufe, dann gehe ich auf die Weide und rufe dort, dann zurück in die Scheune und rufe wieder.
    Er

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