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Zeit der Gespenster

Zeit der Gespenster

Titel: Zeit der Gespenster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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Gray Wolf verbracht hatte, weil sie herausgefunden hatte, dass er ihr leiblicher Vater war …«, warf Ross ein.
    »Und Pike hat fälschlicherweise angenommen, das Baby wäre von Gray Wolf.«
    Für einen Mann, der so viel Mühe darauf verwandt hatte, die genetische Minderwertigkeit der Abenaki nachzuweisen, musste das ein Schock gewesen sein. Es erklärte, warum Pike das tot geborene Kind vielleicht begraben hatte, bevor die Polizei das Gesicht der Kleinen sehen konnte. Und es erklärte möglicherweise auch, warum er seine Frau getötet hatte.
    »Was ist aus dem Projekt geworden? Warum wurde es eingestellt?«, fragte Ross.
    Shelby begann, die Dokumente wieder einzupacken. »Weil kein Geld mehr da war«, antwortete sie. »Und dann kam Hitler. Für das Nazi-Gesetz zur Verhütung ›erbkranken Nachwuchses‹ stand das amerikanische Sterilisationsgesetz Pate.«
    »Und wann wurde das Gesetz in Vermont aufgehoben?«
    »Jetzt haltet euch fest«, sagte Shelby. »Gar nicht, jedenfalls nicht ganz. Die Bürgerrechtsorganisationen haben es in den Siebzigerjahren angefochten … mit dem Ergebnis, dass es umformuliert wurde … aber Tatsache ist, es gibt noch heute ein Sterilisationsgesetz.«
    Plötzlich sprang Eli ein Name ins Auge. Pial Sommers, verheiratet mit Isobel DuChamps, die als schwachsinnig eingestuft worden war. Ihre Kinder: Winona, Ella und Sopi, die mit sieben Jahren gestorben war. Ella Sommers hatte einen Mann geheiratet, den sie kennengelernt hatte, als sie Kellnerin in Burlington war. Er hieß Robert Rochert, und er war Elis Vater gewesen.
    Pial Sommers hatte sechs Geschwister gehabt, und er war der Einzige gewesen, der laut dieser Tafel weder geisteskrank noch kriminell, noch pervers gewesen war. Eine kurze gepunktete Linie trennte ihn von der mütterlichen Seite der Familie und zehn Cousins und Cousinen, von denen der jüngste John »Gray Wolf« Delacour hieß.

    Als Eli Shelbys Haus und diese neue geballte Ladung von Albträumen verließ, war es nach drei Uhr morgens. Als es um halb sieben an seiner Tür klingelte, zog er sich zunächst ein Kissen über den Kopf, um sich dann doch in seinen Boxershorts aus dem Bett zu quälen.
    Frankie stürmte in die Wohnung, kaum dass er die Tür geöffnet hatte. »Es gibt Neuigkeiten«, sagte sie und steuerte schnurstracks in die Küche, wo sie mit einem vorwurfsvollen Blick die leere Kaffeekanne hochhielt. »Ich habe den Fleck am Nachthemd für dich getestet.«
    »Frankie …«
    »Das Zeug, das du für Blut gehalten hast.«
    »Ich weiß.«
    »Tja, es war keins. Bewahrst du deinen Kaffee nicht in der Tiefkühltruhe auf wie der Rest der modernen Menschheit?« Sie drehte sich um, die Kaffeekanne noch immer in der Hand. »Du bist ja fast nackt, Mensch.«
    »Ich trage eine Unterhose, wie du siehst.«
    »Du hättest dir ruhig einen Bademantel überziehen können.«
    »Frankie«, sagte Eli seufzend. »Ich habe höchstens drei Stunden geschlafen.«
    Sie fand den Kaffee auf dem Kühlschrank und füllte ein paar Löffel in den Filter. »Es ist Mekonium.«
    »Und was ist das bitte schön? Was Radioaktives?«
    »Es ist Kot. Kindspech.«
    »Na und? Wir wissen doch, dass die Frau in der Nacht entbunden hat.«
    Die Kaffeemaschine begann zu gurgeln. »Du hast gesagt, die Frau hat ein totes Baby geboren. Tote Babys scheiden kein Kindspech aus.«
    Der letzte Satz bahnte sich einen Weg zu Elis Verstand und riss ihn aus seinem Nebel. »Moment mal …«
    »Guten Morgen«, sagte Frankie. »Das Baby hat gelebt.«

    Heute war Bingo-Tag, und obwohl Eli nicht vorhatte zu spielen, hatte ein wohlmeinender Mitarbeiter des Pflegeheims eine Karte vor ihn hingelegt. »B-11«, sagte die Spielleiterin, eine kräftige Frau in einem Overall. »B-11!«
    Er sah Spencer Pike, bevor der alte Mann ihn sah, und sprach den Pfleger an, der den Rollstuhl schob. »Ich mach das schon«, sagte Eli, packte die Griffe und manövrierte den Stuhl in eine Ecke, weg von den krächzenden Lautsprechern der Bingo-Spielleiterin.
    Plötzlich und unerwartet wurde Eli von einer Hasswelle erfasst. Das war der Mann, der seine Familie hatte auslöschen wollen. Das war der Mann, der sich die Entscheidung angemaßt hatte, welches Leben lebenswert war. Das war der Mann, der Gott gespielt hatte.
    »Gehen Sie«, sagte Spencer Pike mit Nachdruck.
    Eli fasste Pikes Schultern und drückte sie gegen die Rückenlehne. »Sie haben mich belogen, Spencer.«
    »Ich weiß nicht mal, wer Sie sind.«
    »Reden Sie keinen Quatsch. Ihr Verstand

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