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Zeit der Gespenster

Zeit der Gespenster

Titel: Zeit der Gespenster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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durchgeschlafen. »Schlafen ist ein Problem«, gab sie zu. »Die Phantasie geht mit ihr durch. Meistens lässt sie das Licht an, und wenn sie einschläft, dann aus purer Erschöpfung.«
    »Möglicherweise leidet Lucy unter den gleichen Angstvorstellungen, die bei Achtjährigen ganz normal sind«, sagte Dr. Calloway. »Andererseits sieht sie vielleicht tatsächlich etwas in ihrem Schrank und unter dem Bett.«
    Meredith schluckte trocken. Ihr Kind konnte nicht psychotisch sein, ausgeschlossen. Und ganz weit hinten im Kopf blitzte ein Gedanke auf, heiß wie eine Flamme: Du wolltest sie damals nicht, und das ist die Strafe dafür .
    »Was soll ich tun?«, fragte sie.
    »Vergessen Sie nicht, dass Achtjährige an den Weihnachtsmann glauben, imaginäre Freunde haben und in ihrer eigenen Phantasiewelt leben. In Lucys Alter fangen Kinder gerade erst an, Einbildung und Wirklichkeit zu unterscheiden – und es könnte durchaus sein, dass das, was sie zu sehen meint, Teil dieses Prozesses ist.«
    »Aber wenn es nicht aufhört?«
    »Dann würde ich empfehlen, Lucy auf eine niedrige Dosis Risperdal zu setzen. Aber warten wir erst mal ab.«
    »Okay.« Meredith sah zu, wie Lucy anfing, der Puppe Zöpfe zu flechten. »Okay.«

    Ross war gar nicht hungrig, daher wusste er auch nicht recht, wieso er in den einzigen Diner im Ort gegangen war – ein Lokal, das es schon so lange gab wie Comtosook selbst und das wie eine Erbkrankheit von einem übergewichtigen Besitzer an den nächsten weitergegeben wurde.
    Als Ross eintrat, waren jeder Tisch und jeder Platz an der Theke besetzt. Er beschloss zu warten, lehnte sich gegen eine verspiegelte Wand und holte seine Zigaretten heraus. »Tut mir leid«, sagte die Kellnerin. »Hier ist Rauchen verboten.«
    Es kam ihm lächerlich vor, dass ein Restaurant mit einer derart fettlastigen Speisekarte das Rauchen verbot, doch Ross steckte seine Zigaretten wieder ein. »Ich geh draußen eine rauchen«, sagte er zu der Frau. »Halten Sie mir einen Tisch frei?«
    Sie lächelte. »Nur wenn ich von Ihnen eine Zigarette kriege.«
    Jetzt, fünf Minuten später, lehnte er am Müllcontainer hinter dem Diner und ließ sich den Rauch durch die Kehle gleiten. Er kniff die Augen zusammen und betrachtete die glühende Zigarettenspitze.
    Er hätte eine Jacke anziehen sollen – hier hinten war es bestimmt zehn Grad kälter. Solche Temperaturschwankungen waren im Ort inzwischen an der Tagesordnung, und die Einheimischen hatten sich offenbar daran gewöhnt.
    Ross drückte die Schultern gegen die Metallwand des Containers, um etwas von der Wärme abzubekommen, die darin gespeichert war. Mit gebeugtem Kopf warf er die Kippe weg.
    »Die war aber noch gar nicht zu Ende geraucht.«
    Er sah auf. »Lia.«
    Selbst wenn sie nichts gesagt hätte, hätte Ross gewusst, dass sie in der Nähe war, denn ihr Blumenduft lag in der Luft. Sie trug wieder das geblümte Kleid, diesmal mit einer Strickjacke darüber.
    »Ich habe Sie gesucht«, sagte Lia.
    Ihre Worte passten nicht zu ihrer Körperhaltung. Sie sah aus, als wollte sie jeden Moment davonstürzen. Sie hatte etwas Hilfloses, Eingesperrtes an sich, das Ross vertraut vorkam. »Ich hab auch nach Ihnen gesucht.« Erst als er es aussprach, merkte er, dass es die Wahrheit war.
    »Haben Sie Ihren Geist schon gefunden?«
    »Nicht meinen Geist«, stellte Ross klar. » Einen Geist.« Er lächelte sie an. »Warum haben Sie mich gesucht?«
    Lia sprach hastig. »Weil … weil ich neulich nicht dazu gekommen bin, Ihnen zu sagen, dass ich … ich suche nämlich auch nach Geistern.«
    »Ach ja?« Ross war völlig perplex.
    »Aber ich bin wohl Amateurin, im Vergleich zu Ihnen.«
    »Haben Sie schon mal was entdeckt?«, fragte Ross.
    Sie schüttelte den Kopf. »Hat das überhaupt schon mal jemand?«
    »Ja, sicher. Ich meine, mal abgesehen von Geisterfotografie und Medien ist sogar schon an den Universitäten von Princeton und Edinburgh auf dem Gebiet geforscht worden. Sogar die CIA hat Untersuchungen zu übersinnlicher Wahrnehmung und Telepathie in Auftrag gegeben.«
    »Die CIA ?«
    »Ja«, sagte Ross. »Offizielle Stellen sind sogar zu dem Schluss gekommen, dass Menschen an Informationen gelangen können, ohne ihre fünf Sinne zu benutzen.«
    »Das ist aber noch kein Beweis für das Leben nach dem Tod.«
    »Nein, aber es lässt vermuten, dass Bewusstsein mehr ist als nur etwas rein Physisches. Vielleicht ist es nur eine andere Form von Hellsichtigkeit, wenn man einen Geist sieht. Vielleicht sind

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