Zeit der Heimkehr
hineinzuspähen.
»Kann zwar keine Suarmusik 'ören, se'e aber, daß er den Mund bewegt. Der redet glatt 'nen Sturm herbei, der alte Jon-Tom. Ich kenne ihn. Der kann noch 'ne ganz andere Art Magie, nur mit Worten. Der is gewitzt genug, um selbst 'nen Magistrat durch einander zu bringen. Du wirst schon se'en, Liebchen. In ein paar Stunden wird sie vor lieblichster Vernunft nur so explodieren.«
Es dauerte nicht lange, da kam Essaip tatsächlich aus der Höhle, und sie explodierte auch, allerdings nicht vor Vernunft. Vielmehr klang sie äußerst aufgebracht. Als die beiden Wachen sich weigerten, Jon-Tom ebenfalls heraus zulassen, prügelte sie sie beide ins Gebüsch. Ein anderer Krieger, ein großer Jaguaroger, trat ihr in den Weg und wollte sie aufhalten.
»Ist nicht schicklich, daß eine Braut die Brauthöhle vor dem Fest verläßt.«
»Aaaaccchhh, hält's Maul, du... du - Mann!« Die Kieferlade des Jaguars machte Bekanntschaft mit einer Tatze, die nur um ein Weniges kleiner war als ein mittelgroßer Winterreifen.
Nun kamen andere Krieger herbei gerannt und wollten die Tochter des Häuptlings besänftigen, die offensichtlich Amok zu laufen begann. Um Jon-Tom kümmerte sich niemand. Der schlenderte an dem gigantischen Handgemenge vorbei zu den fassungslos dreinblickenden Ottern und grinste wie die Cheshire-Katze.
Mudge wandte sich an seine Dame. »Mach dich bereit zum Aufbruch.«
»Was? Nur, weil sie mit den Wachen kämpft, heißt das doch noch nicht, daß die uns aus dem Lager fortspazieren lassen.«
»'alte dich einfach nur bereit. Es is so, wie ich's dir gesagt 'abe. Jon-Tom braucht nich immer zu singen, um Magie zu bewirken.«
Hinter ihnen hatten die weiblichen Mitglieder des Stammes ihre häuslichen Pflichten vergessen und waren aus den Höhlen gekommen. Aufmerksam hörten sie zu, als Essaip die feministische Litanei rezitierte, die Jon-Tom ihr vermittelt hatte, während sie zugleich ein halbes Dutzend Jäger abwehrte. Die meisten der männlichen Oger waren nicht da, weil sie für die nächtliche Zeremonie den Hochzeitsplatz vorbereiteten. Sie hätten Essaips Rede bestimmt hochinteressant gefunden. Die eng zusammen gerottete Schar von Weibchen begann zu grunzen und zu knurren.
Weegee fing ein paar der Sätze auf. »Das ist ja sehr interessant.« Mudge zerrte leicht an ihrem Arm.
»Komm schon, Liebchen, wir müssen gleich ab'auen, sobald Jon-Tom uns erreicht 'at.«
Doch sie widersetzte sich ihm. »Äußerst interessant! So etwas habe ich ja noch nie gehört!« Auch Mudge hörte es. Sein Zerren bekam plötzlich die Energie der Verzweiflung.
Mit einem Mal hörte das Handgemenge auf. Der Häuptling und die anderen Krieger waren zurückgekehrt. »Ist nicht schön, das Fest ohne uns anzufangen«, sagte er tadelnd. »Gibt noch genug Zeit zum Spielen nach der Hochzeitszeremonie.«
»Es gibt keine Hochzeitszeremonie.« Der Häuptling gaffte seine Tochter an. »WAS WAR DAS?«
»Keine Hochzeitszeremonie.« Schwer atmend und mit zerzaustem Pelz, war Essaip ganz eindeutig nicht in der Laune, nun nachzugeben. »Für wen hältst du dich eigentlich, mich so herumn zu kommandieren?«
»Für wen ich mich halte... ich... ich bin dein Vater! Ich bin der Häuptling dieses Stammes!« Das Gesicht des Riesen war rot angelaufen, ein bemerkenswerter Anblick.
«Mit welchem Recht erhebst du eine solche Forderung?« Nachdem es ihm die Worte verschlagen hatte, stapfte der Häuptling durch seine Kriegerschar, alle rechts und links von sich stoßend, und versuchte, ihr eins auf die Schnauze zu geben. Sie blockte den Hieb ab und verpaßte ihm dafür mit der Rechten einen Tiefschlag. Mehrere Krieger traten herbei, um sie zu packen. Als sie dies tun wollten, stürzten sich die Weibchen des Stammes auf sie. Geschrei und Gefauche erfüllte die bis dahin friedliche Abendluft, zusammen mit Pelz- und Fleischstückchen.
Der Häuptling wandte sich von dem Stamm ab und entschloß sich statt dessen, Jon-Tom zur Rede zu stellen, der gerade versuchte, unauffällig auf Zehenspitzen um das Handgemenge herum davonzuschleichen.
»Du! Du hast uns diesen Ärger eingehandelt. Du hast mit meiner Tochter geredet und ihr den Kopf mit abergläubischem Unsinn verdreht. Was für einen bösartigen Zauber hast du verhängt? Die Eheschließung ist abgesagt. Es wird doch wieder ein Abendessen stattfinden.« Er griff nach Jon-Tom, der mit einem Satz aus wich.
»Essaip!« Er rief mehrere Male nach ihr, doch war sie zu sehr damit beschäftigt, das
Weitere Kostenlose Bücher