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Zeit der Heimkehr

Zeit der Heimkehr

Titel: Zeit der Heimkehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Dean Foster
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dem Ausgang ein mattes Leuchten. Weegee stieß ein Keuchen aus, Vorsicht einen Fluch. Amalm rannte auf das Bett zu und stellte sich schützend davor.
    »Verdammt sollen sie sein«, murmelte der Kinkaju matt. »Sie kommen wieder, um mich zu piesacken.« Er hob seine zittrige Stimme. »Warum könnt ihr mich nicht in Ruhe lassen? Warum saugt ihr nicht jemand anders aus? Ich bin völlig unschuldig!«
    »Niemand ist unschuldig, alle sind schuldig«, verkündete eine Grabesstimme. »Auch könnten wir dich nicht in Ruhe lassen, selbst wenn wir wollten. Wir sind dir zugeteilt worden - zugeteilt worden - zugeteilt worden...« Die Worte hallten durch den Raum.
    Jon-Tom wich um keinen Zoll zurück. In dem fahlen Nebel, der das Schlafzimmer ausfüllte, begannen sich Gestalten herauszubilden. Sie sahen jedoch ganz anders aus als das, was er erwartet hatte. Vielmehr nahmen sie die Gestalt von Wörtern an, völlig unentzifferbar, die hin und her trieben. Schwarze Buchstaben, die sich aus schlangengleichen Flecken und Skorpionumrissen formten. Sie tanzten und drehten Pirouetten und scharten sich immer enger um das Bett und den hilflos darin liegenden alten Kinkaju.
    Der arme Couvier Coulb versank tief in seinen Kissen, als die schiere Macht der geheimnisvollen Worte Jon-Tom beiseite schob. Sie versuchten nicht, dem Bannsänger Schaden zuzufügen, schubsten ihn aber mehrere Schritte zurück, als würde er überhaupt nichts wiegen.
    Dann verschmolzen die Worte miteinander und schrumpften, um zu den Gestalten zu werden, die Amalm beschrieben hatte. In kleinen Gruppen von zweien und dreien sammelten sie sich am Kopfteil und auf den Decken, winzige, gesichtslose Menschen von etwa vier Zoll Größe. Alle sahen genau gleich aus, austauschbar und ausdruckslos, während sie den Kinkaju mit steinernen Mienen musterten. Jede der Gestalten trug einen winzigen, dreiteiligen grauen Nadelstreifenanzug mit dazu passender grauer Krawatte und grauen Schuhen. Nun erschienen auch Gesichter, Augen, Münder und Nasenlöcher, und Jon-Tom bemerkte, daß ihre Augen ebenso grau waren wie ihre Kleidung. Ungefähr die Hälfte von ihnen trug streichholzschachtelgroße graue Aktentaschen.
    »Du hast nicht rechtzeitig abgegeben«, erklärte einer der Gruppe ernst.
    »Aber ich habe es euch doch schon gesagt«, winselte Coulb, »ich weiß überhaupt nicht, was ich abgeben soll.«
    »Das spielt keine Rolle«, meinte ein zweiter Dämon.
    »Unwissenheit schützt vor Strafe nicht«, beharrte ein dritter.
    »Wir haben geprüft, was du eingereicht hast.« Der erste Dämon öffnete seine winzige Aktenmappe und musterte mit gewichtiger Miene den Inhalt. »Du hast deine Ergänzungsanlage 1933-AB nicht unterschrieben.«
    »Bitte, bitte, ich weiß doch überhaupt nicht, was eine Ergänzungsanalge 1933-AB überhaupt ist.«
    Der Dämon ignorierte dieses Flehen und fuhr erbarmungslos fort. »In Zeile 4, Abschnitt H deiner Anlage 5550 ist ein Fehler.«
    Der Kinkaju stöhnte.
    »Der Antrag 140 auf Verlustzuweisung war nicht vorschriftsgemäß ausgefüllt.«
    Couvier Coulb zog sich die Decken über den Kopf und wimmerte. Zugleich bemerkte Jon-Tom, daß jeder der Dämonen einen gegabelten Schwanz besaß, der aus dem hinteren Teil der makellos gebügelten Hosen herausragte. Alle Schwanzspitzen waren dunkel gefärbt, möglicherweise von Tinte.
    »Auf dem Formular 440 gibt es einen Fehler, den wir bisher nicht mit den gegenwärtigen Angaben abgleichen konnten.« Winzige Zeilen Druckschrift sprangen aus dem offenen Aktenkoffer hervor, um wie Miniaturspitzen auf Couvier Coulb einzustechen. Er stieß einen Schmerzensschrei aus.
    »Einen Augenblick mal!« Jon-Tom trat vor und funkelte die winzigen Gestalten böse an. Es schien ihm schier unmöglich, daß etwas so Kleines und Farbloses dem Kinkaju solche Qualen bereiten konnte.
    Ein Dutzend kleiner Gesichter drehte sich zu ihm, und die Macht dieser ausdruckslosen Blicke ließ ihn erstarren. »Misch dich nicht ein«, sagte der Dämon, den Jon-Tom inzwischen für den Anführer hielt. »Du kannst nicht helfen. Niemand kann helfen. Er hat falsche Angaben gemacht und muß dafür die Strafe tragen.«
    »Die Strafe tragen«, wiederholte der blaßgesichtige Dämonenchor.
    »Da wir schon gerade darüber nachdenken«, fuhr der Anführer fort, »hast du eigentlich schon die Erklärung abgegeben?«
    Jon-Tom torkelte zurück. Eine riesige, unsichtbare Faust hatte ihn in die Eingeweide getroffen. Er keuchte nur noch, kurz und schmerzvoll japsend.

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