Zeit der Heimkehr
herauszufordern. Jene, die unter Corroboc gesegelt waren, erinnerten sich noch an die Verwüstungen, die Jon-Tom und seine Gefährten angerichtet hatten. Hastig klärten sie die neueren Mitglieder ihre Bande auf, die an dieser früheren Expedition nicht teilgenommen hatten.
Das Patt war rein psychologischer Art. Sobald Jon-Tom sich umdrehen und davonlaufen sollte, würden sie erkennen, daß er sich vor ihnen fürchtete, und würden ihn binnen einer Minute niedermachen. Wenn er selbst angriff, mochten sie zwar in Panik auseinanderstieben doch wenn auch nur einer von ihnen stehenblieb und sich wehrte, würden sie erkennen, daß sie vor ihrem größeren Gegner nichts zu befürchten hatten. Doch konnte er den Stillstand auch nicht unendlich ausdehnen. Denn die Zeit arbeitete stets für die Übermacht.
Vorsichtig stellte er den Rammholzstab beiseite und schwang die Suar vor sich. Er setzte seine Hoffnung darin, daß inzwischen genug Zeit verstrichen war, um die Piraten, die sich noch an ihn erinnerten, vergessen zu lassen, wie seine Duar wirklich aussah. Wenn er etwas heraufbeschwören konnte, irgend etwas, und sei es auch nur eine kleine Wolke aus harmlosen Gnieschies, konnte das vielleicht genügen, um seine Gegner zu verjagen.
Doch bevor er mit dem Spielen anfangen konnte, erschien eine neue Gestalt, größer und massiger als alle anderen Briganten, und bahnte sich einen Weg durch die Reihen. In sicherer Entfernung vom Bannsänger blieb sie stehen. In der Schärpe, die sich über den breiten Brustkasten zog, stak ein halbes Dutzend Stiletts. Der Schwanz zuckte vor und zurück, vor und zurück, und nur die erste Hälfte war aus Fleisch, Fell und Blut. »Sei gegrüßt, Mensch! Ich habe nie erwartet, dich einmal wiederzusehen.«
»Hallo, Sasheem! Roseroar läßt dir ihr Bedauern ausdrücken.«
»Bedauern? Welches Bedauern kann mir die Tigerin wohl entbieten wollen?«
»Daß sie sich nicht persönlich von dir verabschieden konnte.« Der Leopard gluckste. Er wußte den blutrünstigen Humor in Jon-Toms Worten wohl zu schätzen. »Ich bin sicher, daß die große Dame einen Mantel aus mir gemacht hätte, hätte es sich nur irgendwie angeboten.« Er begutachtete die Lichtung, den Strick, der leer von dem Baum herabhing, die zahlreichen Seemänner, die auf dem Boden lagen, während ihr Lebenssaft aus den durchgeschnittenen Gurgeln troff. »Für eine einzige Frau riskierst du dein Leben?«
»Ich sehe keinen Grund, dich mit meinen Motiven zu belasten, die du höchstwahrscheinlich sowieso nicht verstehst. Du erinnerst dich an mich. Du erinnerst dich an Roseroar. Du solltest dich auch an die anderen erinnern.«
»Ach ja, der Otter mit dem empfindlichen Gemüt und der Kloakenschnauze. Einer kommt, zwei gehen. Eine Beziehung also?«
»Weegee ist seine«, Jon-Tom kämpfte um das richtige Wort, »Verlobte.«
Sasheem nickte. »Also endlich doch etwas Vernünftiges. Kein schlechter Tausch; eine bösartige spitzzahnige Otterfrau gegen einen Bannsänger.«
»Wer hat hier etwas von einem Tausch gesagt? Ich werde jetzt verschwinden.« Er machte einen Schritt zurück. Sasheem hielt jedoch die Entfernung aufrecht. »Nein, ich glaube nicht, Bannsänger, sonst wärst du bereits gegangen.« Und tatsächlich hatte der scharfäugige Leopard bemerkt, was seinen Kollegen entgangen war. »Das ist nicht dasselbe Instrument, das du damals trugst. Ich weiß, daß ein Bannsänger immer ein ganz besonderes Instrument braucht, sonst kann er seine Magie nicht ausüben. Könnte es sein, daß du beides verlegt hast?«
Jon-Tom fuhr über die Saiten der Suar und lächelte die große Katze dünn an. »Komm doch einen Schritt näher und stell es selbst fest.«
»Vorsicht, Maat!« warnte der Luchs an Sasheems Seite.
»Vergiß nicht, wie er uns das letzte Mal verhext hat. Vielleicht zieht er dich nur auf. Vielleicht ist diese besaitete Schlange, die er da hält, genauso gefährlich wie die andere.«
»Wenn sie es ist, warum steht er dann dort und vergeudet seine Zeit, indem er mit uns redet, während seine Freunde das Weite suchen?«
Jon-Tom starrte ihn verwundert an. »Maat? Er hat dich Maat genannt. Bist du denn jetzt nicht Kapitän?«
Sasheem wirkte überrascht. »Kapitän, ich? Natürlich bin ich hier nicht der Kapitän. Ich wollte nie Kapitän werden.«
Nun entstand Bewegung unter den in hinterer Reihe stehenden Briganten. Jon-Tom sah, wie die Piraten beiseite wichen, um jemanden durchzulassen.
»Nein. Das kann nicht sein! Ich habe doch genau
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