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Zeit der Hingabe

Zeit der Hingabe

Titel: Zeit der Hingabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Stuart
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er überflüssig fand. Und die unheimliche Atmosphäre von Pawlfrey House war ein Spiegel seiner düsteren Seele. In der knappen Woche seiner Abwesenheit konnte dieses Frauenzimmer nicht viele der Spuren jahrzehntelanger Vernachlässigung beseitigt haben.
    Er ließ den Blick argwöhnisch durch den Raum wandern. Nur Essie Humber hatte Zutritt, um gelegentlich Ordnung zu schaffen, aber auch dieses Zimmer wirkte irgendwie heller. Vielleicht lag es nur an dem Sonnenschein. Als er aber durch die halb geöffneten schweren Portieren aus dem Fenster blickte, stellte er fest, dass die Scheiben blank geputzt waren.
    Er hatte Miranda gesagt, sie könne tun und lassen, was sie wolle, wobei er angenommen hatte, sie würde die meiste Zeit weinend im Bett verbringen. Er hatte sie wieder einmal unterschätzt. Nur gut, dass er nicht länger fortgeblieben war. Als Nächstes hätte sie sich vermutlich über den verwahrlosten Garten hergemacht, den verwilderten Dschungel, den er so sehr schätzte.
    Er erledigte seine Arbeiten konzentriert, verdrängte jeden Gedanken an das Zeremoniell, das in zwei Tagen um Mitternacht stattfinden sollte und dessen Vorbereitung er anderen überlassen hatte. Er hatte kein besonderes Interesse daran, in welcher Form die Demütigung seiner Braut stattfinden sollte, hatte lediglich den Wunsch geäußert, die Rohans sollten zutiefst erschüttert sein, sobald sie davon erfuhren. Als er sich erhob, um sich zum Dinner umzukleiden, hatten die Schmerzen in seinem verdrehten Knie nachgelassen. Er konnte sich einigermaßen beschwerdefrei durchs Haus bewegen, und seine gedankenlose Verlobte musste nie etwas von seiner Schwäche erfahren.
    Nein, gedankenlos war sie keineswegs, so sehr sie sich auch bemühte, ihm diesen Eindruck zu vermitteln.
    Er erreichte ohne große Mühe den zweiten Stock und bog in den Flügel ein, in dem seine Gemächer in einiger Entfernung von ihren Zimmern lagen. Im Nachhinein zweifelte er an der Richtigkeit dieser Entscheidung, andererseits könnte er ihr mühelos ein näher gelegenes Zimmer zuweisen, wenn er sich öfter mit ihr vergnügen wollte. Genauso gut konnte er sie auch auf den Speicher verbannen, wenn sie ihm Ärger bereitete.
    Im Flur eilte ihm sein Kammerdiener mit sorgenvoll umwölkter Stirn entgegen. „Mylord“, begann er in gewohnt gehetztem Tonfall. „Ich wollte Sie davon in Kenntnis setzen …“
    „Das kann warten“, fiel Lucien ihm ins Wort und wollte an ihm vorbei. „Ich nehme an, mein Bad ist bereit.“
    „Ich … ich war mir nicht sicher …“
    „Ob ich ein Bad wünsche? Wie lange stehen Sie in meinen Diensten? Ich wünsche stets ein Bad bei meiner Ankunft. Kümmern Sie sich augenblicklich darum.“
    „Sehr wohl, Mylord. Es gibt nur eine winzige Verzögerung, aber …“
    Lucien drehte sich um, die Hand auf der Türklinke. „Welche Verzögerung?“, fragte er in einem Ton, der jedem, an den er das Wort richtete, das Blut in den Adern gefrieren ließ. „Ich bin daran gewöhnt, dass meine Anordnungen befolgt werden, wie Sie wissen.“
    Der ohnehin blasse Kammerdiener wurde totenbleich. „Ihre Ladyschaft hat ein Bad befohlen, und die Mägde bringen soeben Wasser herauf.“
    „Tatsächlich?“ Ausnahmsweise wollte er Nachsicht üben. Im Wissen, dass der Hausherr auf sein Bad wartete, würden die Dienstboten sich sputen. „Sie sollen sich beeilen.“
    Er stieß die Tür auf und trat ein.

21. Kapitel
    J acob Donnelly war ein trinkfester Mann und hatte am nächsten Morgen nur leichte Kopfschmerzen, obwohl er eine Menge Alkohol in sich hineingeschüttet hatte. Nachdem er nachts die Stiege wieder nach unten geschlichen war, hatte er sich in der Schankstube eine Flasche Whisky gegriffen und sie bis zur Neige geleert.
    Nach der kurzen Nacht war er pflichtbewusst bei Tagesanbruch wieder auf den Beinen, versorgte die Pferde, ließ sie anspannen und wartete im Hof. Je früher er Miss Jane Pagett loswurde, desto besser.
    Solange er sie in Gedanken Miss Pagett nannte, konnte er die Distanz zu ihr bewahren. In den vergangenen Tagen war er ihr gefährlich nahe gekommen und wollte schleunigst zurück ins Beggar’s Ken , den einzigen Ort, wo er sich zu Hause fühlte. Er wollte zurück in sein altes Leben und sich nicht um Angelegenheiten anderer Leute scheren, die ihn nichts angingen. Als Long Molly erschien, drängte er sie zur Eile.
    Miss Jane trat ins Freie, eine angebissene Scheibe Toast in der Hand. Es war unangemessen, sie so sehr zur Eile anzuhalten, da sie in wenigen

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