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Zeit der Hingabe

Zeit der Hingabe

Titel: Zeit der Hingabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Stuart
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Ausgeglichenheit vorzog. Sie wollte sich nicht nach seinen Küssen, seinen Liebkosungen oder gar seinem Mund an den geheimsten Stellen ihres Körpers sehnen. Bereits der Gedanke daran ließ sie erschauern, und schleunigst verdrängte sie solche Gedanken. Irgendwo musste es einen Rosengarten geben, darauf wollte sie ihre Energie verwenden.
    Sie schlenderte zum See hinunter und tauchte die Finger ins eiskalte Wasser.
    In einiger Entfernung entdeckte sie einen morschen Bootssteg, der weit in den See hineinragte, legte den Mantel auf einen großen Stein und näherte sich dem Steg. Über ihr zogen Bergdohlen und Raben kreischend ihre Kreise.
    Die verwitterten Holzplanken waren durch die anhaltenden Regenfälle aufgeweicht und glitschig, es gab kein Geländer, an dem sie Halt finden konnte. Dennoch wollte sie bis zum Ende des Stegs gehen, um sich einen besseren Überblick zu verschaffen. Vielleicht würde sie am anderen Ufer ein Gehöft entdecken, irgendein Anzeichen menschlicher Behausung, falls sie sich entschließen würde zu fliehen.
    Mit vorsichtigen Schritten ging sie die Planken entlang, als die Stimme, die sie verabscheute und gleichzeitig ersehnte, sie aus ihrer Konzentration riss.
    „Was zum Teufel tust du da?“, brüllte Lucien. Zu Tode erschrocken, fuhr Miranda herum, glitt auf den schlüpfrigen Brettern aus, geriet ins Wanken und stützte sich mit den Händen ab, um nicht in den eiskalten Fluten zu landen. Benommen kauerte sie mit angstvoll klopfendem Herzen auf dem morschen Steg.
    Dann hob sie den Blick und stutzte.
    Sie hatte Lucien noch nie im hellen Sonnenlicht gesehen. Wie immer schwarz gekleidet, das dunkle, im Nacken zum Zopf gebundene Haar gab sein von Narben gezeichnetes Gesicht frei. Er stützte sich auf den Stock, und dennoch war er ein ungewöhnlich schöner Mann. Finster starrte er sie an.
    „Du hast mich fast zu Tode erschreckt!“, rief sie aufgebracht. „Musst du dich ständig an mich anschleichen?“
    „Musst du dein Leben auf diesem verrotteten Steg aufs Spiel setzen? Komm sofort zurück! Nein, bleib, wo du bist! Ein Diener soll mit dem Boot rausfahren und dich holen.“
    „Das Wasser kann hier doch höchstens knietief sein. Selbst wenn ich gestürzt wäre, wäre mir nichts passiert.“
    „Es ist tiefer, als du denkst. Schau nicht hinunter!“, befahl er barsch. „Du verlierst das Gleichgewicht.“
    „Ich bin kein Hasenfuß“, rief sie, beugte sich vor, um ins klare Wasser zu spähen und zog sich hastig wieder zurück. Schwindel drohte sie beim Blick in die bodenlose Tiefe zu übermannen. „Du hast recht, es ist sehr tief.“
    „Natürlich habe ich recht!“, erklärte er erzürnt. „Warum sollte ich dich belügen?“
    „Weil du mich ständig belügst und ich guten Grund habe, an deiner Aufrichtigkeit zu zweifeln.“ Verflixt, dachte sie, ich darf nicht aus der Rolle fallen. Und sie stimmte wieder ihr trällerndes Lachen an. „Wie albern von mir! Willkommen daheim, mein verehrter … wie soll ich dich nennen? Geliebter? Gemahl in spe? Wenn ich deine Gefangene bin, macht dich das zu meinem Aufseher? So etwas wie einen Wärter?“
    Er lächelte sarkastisch. „So könnte man es nennen.“
    „Du bist sehr witzig.“ Sie kam auf die Füße und wollte sich ihm nähern.
    „Bleib, wo du bist!“, warnte er schroff.
    „Wenn ich stürze und ertrinke, wäre das gewiss eine große Tragödie für dich. Aber ich denke nicht daran, hier zu warten, bis mich ein Boot abholt. Ich friere und sehne mich danach, meinen allerliebsten … Wärter gebührend zu begrüßen.“
    „Ich hole dich.“
    Sie zog eine Braue hoch. „Wieso? Vielleicht brechen die morschen Bretter unter unserem Gewicht.“
    „Oder du rutschst auf den glitschigen Planken aus.“ Er näherte sich, sein Stock schlug dumpf gegen das Holz.
    „Wenn du versuchst, mich zu stützen, könnten wir beide ins Wasser fallen“, gab sie zu bedenken.
    „Kannst du schwimmen?“
    „Nein.“
    „Aber ich. Wenn wir stürzen, kann ich uns beide retten. Das Wasser ist zwar sehr tief und eiskalt, aber die kurze Strecke zum Ufer schaffe ich.“
    „Und wenn ich zu schwer für dich bin?“
    „Dann rette ich mich und lasse dich ertrinken“, antwortete er mit seinem galligen Humor. Er näherte sich ihr mit vorsichtigen Schritten.
    „Du trägst ja bereits Trauerkleidung, wie praktisch. Aber vielleicht versetze ich dir einen Stoß und schaue zu, wie du ertrinkst.“
    „Wohl kaum, da du nicht schwimmen kannst.“
    „Das wird sich im Sommer

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