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Zeit der Hingabe

Zeit der Hingabe

Titel: Zeit der Hingabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Stuart
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wollte. „Im Übrigen wäre Lord Rochdale nicht sonderlich erbaut zu erfahren, welchen Ton Sie mir gegenüber anschlagen. Ist Ihnen das eigentlich bewusst, Mrs Humber?“
    Bridget unterdrückte ein Kichern, aber Mrs Humber war zu entgeistert, um es zu bemerken. Und Miranda beobachtete mit stillem Vergnügen die Vielfalt der Gemütsaufwallungen, die sich in ihrer Miene spiegelten. „Ich weiß nicht, wovon Sie sprechen, Mylady“, stieß sie schließlich gepresst hervor.
    „Dann denken Sie mal darüber nach“, murmelte Miranda. „Komm, Bridget.“
    Lucien begab sich direkt in sein Arbeitszimmer, sich auf einen Stock stützend, den sein Kammerdiener ihm gebracht hatte. Er schlug die Tür hinter sich zu, packte den Stock mit beiden Fäusten und ließ ihn auf die chinesische Vase auf dem Kaminsims niedersausen, die in tausend Scherben zerbrach, demolierte einen silbernen Kerzenleuchter und zertrümmerte die Standuhr auf seinem Schreibtisch, bevor er sich fluchend in seinen Lehnstuhl warf.
    Es roch nach Seifenlauge und Bohnerwachs. Er hatte allen Bewohnern einschließlich seiner neugierigen Verlobten strikt verboten, seine Privaträume zu betreten, es allerdings versäumt, die Bibliothek abzusperren, wollte noch nicht, dass sie vor Langeweile den Verstand verlor. Der letzte Akt des Dramas hatte noch nicht begonnen.
    Am liebsten hätte er auch die Fensterscheiben eingeschlagen, um frische Luft hereinzulassen. Er hasste sein lahmes Bein, hasste seine Schwäche. Die Narben im Gesicht trug er mit einem morbiden Stolz zur Schau, aber wenn sein Bein, sein Körper ihn im Stich ließ, geriet er in rasende Wut. Miranda hatte Glück, dass er sie in seinem Zorn nicht ertränkt hatte.
    Und dann musste er über sich lachen. Er führte sich auf wie ein tobsüchtiger kleiner Junge und musste schleunigst seine Fassung zurückerlangen. Er verabscheute es, Schwäche zu zeigen, zumal in ihrer Gegenwart. Und Zorn war gleichbedeutend mit Schwäche.
    Verdammtes Frauenzimmer! Was hatte sie sich dabei gedacht, sich alleine auf diesen morschen Bootssteg hinauszuwagen? Bei einem Sturz ins eiskalte Wasser wäre sie ertrunken, wie ein Stein in die Tiefe gesunken, und kein Mensch hätte je erfahren, was ihr zugestoßen war.
    Der Gedanke entfachte seinen Zorn erneut. Es lag ihm zwar nichts an ihr, aber wenn sie durch einen dummen Unfall zu Tode käme, wäre das Leiden ihrer Familie unnötig verkürzt. Nach angemessener Zeit der Trauer würden alle ihr Leben weiterführen. Gegen einen tragischen Schicksalsschlag war niemand gefeit.
    Er hatte sich große Mühe mit seinem Racheplan gegeben. Die Rohans sollten ihr Leben lang leiden, sich mit dem Gedanken quälen, dass Miranda dem Skorpion auf Gedeih und Verderb ausgeliefert war. Die Familie sollte Jahre in tiefer Sorge um sie verbringen, von Schmerz und Leid zerfressen.
    Nur diese Form der Genugtuung würde seinen Schmerz über Genevieves Tod lindern, den Benedick Rohan mit seiner Gleichgültigkeit verschuldet hatte. Daran änderte sich auch nichts, dass es in der Verwandtschaft seiner Mutter Fälle von Schwermut gegeben hatte, unter denen auch Genevieve gelegentlich gelitten hatte. Sie war Luciens einzige lebende Verwandte gewesen und wegen Benedick Rohan in den Tod gegangen.
    Keine Vergeltung war zu grausam für diese Familie, auch wenn Miranda als Werkzeug dafür herhalten musste. Sobald er ihrer überdrüssig wurde, würde er sie zufriedenlassen und in dem düsteren alten Haus einsperren.
    Allerdings wirkte es weniger düster. Als er durch die Eingangshalle gehumpelt war, hatte er nicht sonderlich darauf geachtet, aber irgendwie erschienen ihm die Räume heller. Verfluchte Hexe! Was hatte sie getan? Fehlte nur noch, dass sie Blumen ins Haus brachte. Ihn schauderte bei dem Gedanken.
    Er verbrachte den ganzen Nachmittag in seinem Arbeitszimmer, brüllte jeden an, der an seine Tür klopfte, auch seinen Kammerdiener. In Pawlfrey House gab es wenig Arbeit für ihn, da die Ländereien, auf denen einst Landwirtschaft betrieben wurde, vor Jahren verkauft worden waren. Allerdings galt es, das Gesinde zu entlohnen. Plötzlich hatte sich die Anzahl des Hauspersonals verdoppelt, ebenso die Kosten für Lebensmittel, Haushalt, Uniformen der Lakaien und Reinigungsmittel. All diese Rechnungen wurden ihm von seinem Verwalter vorgelegt. Es ging ihm nicht um Geld, von dem er mehr als genug besaß und außerdem keine kostspieligen Interessen hatte. Was ihn störte, war der Umstand, Geld für Dinge auszugeben, die

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