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Zeit der Hingabe

Zeit der Hingabe

Titel: Zeit der Hingabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Stuart
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nicht, Mädchen“, raunte er so leise, dass sie beinahe glaubte, sich verhört zu haben. Dann wandte er sich ab und ließ sie allein.
    „Offenbar will mir niemand aus diesem engen Käfig helfen, wie?“, beschwerte sich Mrs Grudge erbost. „Ich habe keine Lust, noch länger hier eingesperrt zu bleiben.“
    „Ich bitte um Entschuldigung“, sagte Jacobs mit einer Stimme, die unversehens mehrere Sprossen auf der gesellschaftlichen Rangleiter nach unten gerutscht war. „Ich wollte mich nur um die junge Dame kümmern.“
    Jane warf keinen Blick zurück, seine Worte drangen kaum in ihr Bewusstsein. Die Schultern gestrafft und ein zaghaftes Lächeln auf den Lippen stieg sie die Stufen hinauf wie Marie Antoinette zum Schafott.
    „Welche Freude, Mr Bothwell“, grüßte sie ihn förmlich.
    „Ins Haus mit Ihnen, Miss Pagett“, befahl er mit donnernder Stimme. „Sofort!“
    Die umstehenden Dienstboten beobachteten die Szene neugierig, und auch Jacobs würde sich gewiss köstlich amüsieren. Das unscheinbare hässliche Entlein wurde von dem sittenstrengen Verlobten zurechtgewiesen.
    Gehorsam folgte sie Mr Bothwell ins Haus, der ihr vorsätzlich nicht den Vortritt ließ, wie es die Höflichkeit geboten hätte. Er musste sehr aufgebracht sein, um seinen Unmut vor den Dienstboten so offen zu zeigen.
    „In den Empfangssalon!“ Mr Bothwell war ein stattlicher hochgewachsener Mann mit sehr weißen Zähnen, die er beim Reden zusammenbiss. Alles an ihm machte Jane nervös. Diesmal ließ er ihr den Vortritt in den ersten Stock. Kaum hatte sie den Salon betreten, begann er mit seiner Schimpftirade.
    Jane setzte sich.
    „Solltest du Miss Jane nicht beistehen, Molly?“, fragte Jacob, als er ihr aus der Kutsche half. „Schließlich kannst du dich für ihr Wohlverhalten verbürgen. Und ihr Verlobter sieht aus, als würde er ihr gleich den Kopf abreißen.“
    „Ich fürchte, das ist mir nicht möglich, Schätzchen. Ich kenne den Gentleman. Er ist einer meiner Kunden und hat sehr eigenwillige Praktiken. Ich musste ihn schon mehrmals verwarnen, und er wird sich an mich erinnern. Ich kann nur hoffen, die Kleine heiratet den Widerling nicht. Jedenfalls hast du deine Sache gut gemacht, Jacob. Worauf wartest du?“
    „Sie hat mich erkannt.“
    „Sei nicht lächerlich. Selbst wenn sie einen Verdacht hatte, habe ich ihr solche Schauergeschichten über dich erzählt, die sie überzeugen mussten, dass sie sich geirrt hat.“
    Jacob schüttelte den Kopf. „Sie hat mich erkannt.“ Er zog das Taschentuch hervor und entfaltete es, obwohl er bereits wusste, was darin lag. Er schob den Ring in die Tasche und hielt sich das Tuch unter die Nase. Veilchenduft.
    Er betrachtete gedankenvoll die Fassade des vornehmen Hauses. „Ich habe noch etwas zu erledigen“, erklärte er.
    „Jacob …“
    „Soll ich dir eine Mietdroschke rufen, Molly? Ich würde dich ja nach Hause fahren, wenn ich hier fertig bin; ich könnte allerdings auch im Gefängnis landen.“
    Molly sah ihn lange forschend an. Und dann schüttelte sie lächelnd den Kopf. „Du bist ein unverbesserlicher Narr, Jacob. Wer hätte gedacht, dass King Donnelly sich je in ein Mädchen aus gehobenen Kreisen verguckt? Es wäre zum Weinen, wenn es nicht so komisch wäre.“ Sie streckte sich. „Ich gehe zu Fuß. Es ist nicht weit, und mein Rücken bringt mich um nach dem ewigen Geholpere in der Kutsche. Die Kleine hat ganz recht, zum Kutscher bist du nicht geboren.“
    „Gott allein weiß, wozu ich geboren wurde“, murmelte Jacob. „Hast du was dagegen, wenn ich mir dein Gepäck ausborge?“ Er deutete mit dem Kinn zum Reisekorb, der hinten am Wagen festgegurtet war.
    „Krieg ich ihn wieder? Du kannst mir den Ring als Pfand überlassen, wenn sonst niemand Verwendung dafür hat.“
    „Ich habe Verwendung dafür. Und du weißt, dass ich mich erkenntlich zeige. Diese hässlichen Kleider musst du jedenfalls nie wieder tragen.“
    „Na schön“, sagte Long Molly. „Nimm ihn dir, Romeo. Zieh los und rette deine Herzdame.“
    Er hievte sich den schweren Korb auf die Schulter. „Und du pass auf, dass du mit deinen Geschichten nicht durcheinanderkommst.“
    Molly zuckte die Schultern. „Du bist es, der lesen kann, nicht ich. Lass mich wissen, wie deine Geschichte weitergeht.“
    „Du hörst von mir“, sagte er mehr zu sich selbst und stieg die Steinstufen hinauf.
    Der Butler wollte ihm den Zutritt verwehren und versuchte, ihm den Reisekorb abzunehmen. Aber Jacob, der den hageren

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