Zeit der Hingabe
geahnt.
„Und wird unsere Trauung im Beisein dieser Freunde stattfinden?“, fragte sie gelassen. „Nicht dass ich Einwände dagegen hätte, das klingt alles sehr aufregend. Aber sollte eine Hochzeit nicht in einer Kirche stattfinden?“
„Du sprichst von Bündnissen, die im Himmel geschlossen werden, meine Liebe. Unser Bund wird in der Hölle geschlossen, und die Zeremonie wird dem Rechnung tragen. Mit anschließender Feier.“ Er beobachtete sie scharf. „Eine wahre Orgie der Lustbarkeit.“
Sie ahnte, worauf er anspielte, und behielt ihr Lächeln bei, während sie sich anmutig erhob, ohne eine weitere Frage zu stellen. Allerdings konnte sie nicht ahnen, dass er seinen Rachedurst bei den ausschweifenden Lustbarkeiten des Satanischen Bundes endgültig stillen, ihre Nacktheit den lüsternen Blicken der geifernden Gäste preisgeben und sich an ihrer Demütigung ergötzen wollte. Und wenn sie sich wehrte oder zierte, würde er sie kurzerhand in einem dunklen Zimmer einsperren.
Aber sie würde sich nicht zieren, sie würde jede Erniedrigung ertragen. Und darauf freute er sich.
„Und wann soll diese ungewöhnliche Festlichkeit stattfinden?“, fragte sie mit sanfter Stimme.
„Wir reisen morgen am frühen Nachmittag ab. Die Fahrt dauert nur ein paar Stunden.“
Sie bewies eine bemerkenswert standhafte Haltung, das musste er ihr zugestehen. „Ich nehme an, du hast eine Menge zu erledigen nach deiner langen Abwesenheit. Sehe ich dich zum Dinner?“
„Vielleicht“, antwortete er gedehnt, suchte nach Anzeichen von Besorgnis in ihrer Miene und fand keine. „Guten Tag, meine Liebe.“
Wieder allein, blickte er lange sinnend auf den leeren Sessel. Eine leise Melancholie legte sich über sein Gemüt. Immer wenn der Frühling nahte, wurde er von Schwermut befallen, was vermutlich an seinem düsteren Charakter lag. Sonnenschein und Heiterkeit waren einem Bösewicht natürlich verhasst. Er zog Dunkelheit und Schatten vor.
Er lachte. Dümmliche Gedanken, die zu einem Weichling wie diesem Lord Byron passten, mit dem sie ihn einmal verglichen hatte. Die Dinge entwickelten sich zufriedenstellend, es gab keinen Grund, in Grübeleien zu verfallen. Und was Mirandas ausgeklügelten Einfallsreichtum betraf, ihn aufs Glatteis zu führen und zu übertölpeln, so musste er nur mit ihr schlafen, um ihren Widerspruchsgeist zu lähmen. Es verlief alles nach seinen Wünschen. Die groteske Feier würde stattfinden, und nach den Orgien wollte er sich mit ihr von einem Priester offiziell trauen lassen, nur um ihre letzte Möglichkeit zur Flucht zu vereiteln und das Leiden der Rohans auf die Spitze zu treiben. Der einzige Wermutstropfen war die Tatsache, dass die Enkelsöhne von Francis und die Söhne von Adrian Rohan keine Mitglieder im Satanischen Bund waren. Welch ein Triumph wäre es erst, wenn die Nachkommen der Rohans Zeugen der unsagbaren Demütigung ihrer Schwester und Cousine wären!
Andererseits würden die Burschen wahrscheinlich die Orgien stören, und es käme zu unerquicklichen handgreiflichen Auseinandersetzungen. Nein, die Familie würde besser von ihrer endgültigen Niederlage erfahren, wenn alles vorüber wäre.
Was ihn allerdings ein wenig verwunderte, war die Tatsache, dass er bei dieser Aussicht keine wirkliche Genugtuung empfand.
Leichter Regen trommelte auf das Dach der Kutsche, und es wurde dunkler. Jane hüllte sich in die Decke. Bei ihrer überstürzten Flucht hatte sie vergessen, ihren Mantel umzulegen. Sie hatte alles vergessen. Als Jacob ihr die Hand entgegengestreckt hatte, war sie ihm blindlings gefolgt, ohne einen Blick zurückzuwerfen.
Sie hatte nicht einmal einen Gedanken daran verschwendet, ob Mr Bothwell tödlich getroffen war. In diesem Fall wäre Jacob in höchster Bedrängnis, und je früher sie London hinter sich ließen, umso besser. Einen Gentleman von Mr Bothwells hohem Ansehen bewusstlos zu schlagen war gefährlich genug, und der Gedemütigte könnte die Bow Street Runners auf Jacob hetzen. Mr Bothwell war ein Mensch, der einen Straftäter gnadenlos verfolgen und zur Rechenschaft ziehen lassen würde. Die Vorstellung, dass ihr hübscher Juwelendieb ihretwegen in Gefahr schwebte, war ihr unerträglich. Je länger er auf sich warten ließ, desto unruhiger wurde sie. Irgendwann fasste sie den Mut und öffnete den Wagenschlag, um Ausschau nach ihm zu halten.
Bislang war ihr der Blick nach draußen durch die zugezogenen Vorhänge verwehrt gewesen. Nun erschrak sie beim Anblick der
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