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Zeit der Hingabe

Zeit der Hingabe

Titel: Zeit der Hingabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Stuart
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Verstand zu kommen, und beim zweiten Mal war es sogar noch schwieriger gewesen.
    Es hatte nichts zu tun mit der Leere, die sie nach St. Johns plumper Gewalt empfunden hatte.
    Bei Lucien fühlte sie sich ausgefüllt, trunken vor Wonne. St. Johns unbeholfenes Begrapschen, die Schmerzen, die er ihr zugefügt hatte, hatte sie abgeschüttelt und vergessen.
    Luciens Liebkosungen hatten sich in ihr eingebrannt.
    Sie ließ die Finger über die Tasten gleiten und schlug die ersten Töne eines Präludiums von Bach an, das sie vor Wochen eingeübt hatte. Sie liebte Bach, die mathematische Logik, die Leichtigkeit seiner Kompositionen. Sie schlug die Tasten hart an, in der Hoffnung, die Lautstärke ihres Klavierspiels würde an Luciens Ohren dringen und ihn erzürnen. Es war ein schwieriges Stück, sie griff etliche Male daneben, ohne sich von den Misstönen beirren zu lassen.
    „Aufhören!“
    Mit einem spitzen Schrei schlug sie alle zehn Finger in die Tasten und fuhr herum. „Du hast mich erschreckt!“, herrschte sie ihn an. „Musst du dich ständig anschleichen?“
    „Du hast so laut gespielt, dass du nicht einmal gehört hättest, wenn ein Dragoner-Regiment durchs Zimmer marschiert wäre. Wenn du das Instrument unbedingt malträtieren musst, wieso spielst du nicht etwas Einfaches? Eine Fuge vielleicht? Dein Repertoire umfasst gewiss auch Stücke, die nicht so ohrenbetäubend laut angeschlagen werden müssen. Könntest du vielleicht weniger fehlerhaft spielen?“
    Lucien war wie immer schwarz gekleidet, die Sonne beleuchtete sein vernarbtes Gesicht. Der Ausdruck seiner hellen Augen war unergründlich, und sie hoffte, dass auch sie verbergen konnte, was in ihr vorging, denn der Anblick seiner entstellten Schönheit zerrte an ihrem Herzen.
    „Tut mir leid, so fleißig ich auch übe, mein Spiel wird nicht besser, fürchte ich. Mir fehlt es wohl am nötigen Talent“, erklärte sie liebenswürdig. „Aber ich spiele mit großer Hingabe.“
    „Mit großer Hingabe und ohne jede Musikalität.“
    „Ich nehme an, du spielst besser?“
    „Wesentlich besser. Aber ich tue es nicht. Spiel weiter, wenn du Spaß daran hast, aber etwas leiser, wenn ich bitten darf. Ich habe Kopfschmerzen.“
    Sie schlug einen Akkord an, absichtlich laut und absichtlich falsch und sah mit Vergnügen, wie er das Gesicht verzog. Dann schlug sie den Deckel zu und erhob sich. „Sagst du mir, wann wir aufbrechen?“
    „Sobald du fertig bist. Ich nehme an, du freust dich darauf, endlich wieder in Gesellschaft zu kommen. Unser Besuch wird dir großes Vergnügen bereiten.“
    „Eigentlich fühle ich mich hier wohl“, entgegnete sie fröhlich. „Ich lebe gern in einem großen Haus und genieße es, allein zu sein. Aber ich begleite dich ebenso gern, wo immer du mich auch hinbringst, und freue mich darauf, deine Freunde kennenzulernen.“ Sie schenkte ihm wieder ihr strahlendes Lächeln, das ihre Augen nicht erreichte. „Liebster, ich tue alles mit Freuden, was du dir wünschst.“
    Sein sarkastisches Lächeln trug nicht dazu bei, ihre Ängste zu beschwichtigen. „Ich hoffte, das von dir zu hören, meine Teuerste. Ich habe große Pläne mit dir.“
    Ich könnte ihm ein Messer in den Rücken jagen, dachte sie und lächelte verträumt. Wenn er annahm, sie würde etwas mit seinen lasterhaften Freunden zu tun haben wollen, so musste sie ihn eines Besseren belehren, wobei sie nicht wirklich glaubte, dass er seine verschleierte Drohung wahr machte. Er war ein Mann, der seinen Besitz schätzte, und eine Ehefrau war leider ein Besitz, vorausgesetzt, er wollte sie immer noch heiraten. Nein, er würde sie nicht an seine Freunde ausborgen.
    Oder doch? Um der Vergeltung willen, die er so hoch schätzte?
    Sie würde ihn erdolchen.
    Honigsüß lächelte sie. „Werden wir rechtzeitig zum Dinner dort eintreffen? Sonst lasse ich uns von Mrs Humber einen Picknickkorb zurechtmachen.“
    „Es wird keine festgelegten Mahlzeiten geben. Zerbrich dir nicht den Kopf über derlei Dinge. Mrs Humber wird sich um alles kümmern. Du musst nur lächeln und hübsch aussehen.“ Dann zog er eine Braue hoch. „Was war das, Liebste? Höre ich da etwa einen Laut des Unmuts?“
    Miranda öffnete rasch ihre geballten Fäuste. „Keineswegs, mein Schatz. Ich freue mich auf unsere Reise.“ Verflixt, er durchschaute sie zu schnell. Sie musste besser aufpassen. Wie hieß es doch bei Shakespeare? Dass einer lächeln kann und immer lächeln und doch ein Schurke sein … Ja, Lucien war kein

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