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Zeit der Hingabe

Zeit der Hingabe

Titel: Zeit der Hingabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Stuart
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nach ihm. Er ist mit der Tochter der Köchin verheiratet, was ihn allerdings nicht daran hindert, anderen Frauen schöne Augen zu machen, wenn Sie wissen, was ich meine.“
    „Ja“, sagte Jane tonlos. Was war nur los mit ihr? Sie hatte lediglich einen flüchtigen Blick auf den Mann geworfen und dennoch das seltsame Gefühl, ihn zu kennen. Ein völlig absurder Gedanke. Wieso sollte sie einen Schürzenjäger kennen, der in den Diensten des Skorpions stand?
    „Wir sind soeben angekommen“, fuhr die Frau leutselig fort. „Die Pferde brauchen Rast, und ich habe ein ordentliches Frühstück bestellt. Wie ich höre, sind Sie erkältet. Wir werden uns also reichlich Zeit für die Rückfahrt nehmen, um Sie nicht zu überanstrengen.“
    „Wir sind doch nicht weit von London entfernt, nehme ich an. Mir wäre es lieber, so rasch wie möglich nach Hause zu kommen.“
    „Du liebe Güte, Miss, wir sind fast im Lake District. Bis London sind es gute zwei Tage.“
    „Aber wir sind doch nur eine Nacht durchgefahren!“, widersprach Jane verblüfft.
    „Seine Lordschaft pflegt mit seinen besten Pferden sehr schnell zu fahren. Wir reisen gemächlicher. Seien Sie unbesorgt, Miss. Jacobs hat Ihren Eltern persönlich eine Nachricht überbracht und sie davon überzeugt, dass Sie wohlauf sind.“
    Wenn sie in diesen zwei Tagen fastete, würde sich der Ring endlich abziehen lassen. Das war es doch, was sie wollte, oder?
    Nein, das wollte sie nicht. Sie sehnte sich nach kross gebratenen Speckstreifen mit Rührei, Toast und Butter, Erdbeermarmelade mit Schlagsahne und heißer Schokolade.
    Und es drängte sie keineswegs danach, ihren Verlobten zu sehen, der ihre überstürzte Reise nicht ohne Tadel hinnehmen würde wie ihre nachsichtigen Eltern, die auf die Vernunft ihrer Tochter vertrauten. Mr Bothwell schien sie für ein geistloses, unselbstständiges Geschöpf zu halten, das wie ein Hündchen an der Leine zu führen war, damit es nicht auf Abwege geriet.
    Jane zerrte wieder an dem verräterischen Ring, aber ihr Knöchel war bereits gerötet und geschwollen. Also ließ sie es sein.
    „Oh, was für ein schöner Ring! Darf ich ihn sehen?“
    Ein höchst ungebührliches Ansinnen einer Bediensteten, aber Jane hätte ihr das verdammte Ding liebend gerne geschenkt. „Er lässt sich nicht mehr abziehen. Kennen Sie vielleicht ein Mittel, um ihn loszuwerden?“
    „Entenschmalz!“, erklärte Mrs Grudge triumphierend. „Ich frage in der Küche danach …“
    „Habe ich schon versucht“, sagte Jane mutlos. „Auch Seife, Butter, heiße und kalte Kompressen. Aber er lässt sich nicht abziehen.“
    In Mrs Grudges kleinen Augen blitzte ein neugieriges Funkeln. „Wir kümmern uns später darum. Vorher müssen Sie frühstücken. Was darf ich Ihnen bringen? Die Wirtin hat frische Brötchen gebacken. Dazu Eier mit Speck, Bratwürstchen und Kalbsnierchen?“
    „Nein, danke. Nur eine Scheibe Toast und Tee.“ Jane widerstand tapfer den Wohlgerüchen aus der Küche, die ihr den Mund wässrig machten.
    „Davon wird nicht einmal eine Maus satt!“, protestierte Mrs Grudge entrüstet.
    „Es genügt mir. Vielen Dank, Mrs Grudge.“ Jane stiegen schon wieder Tränen in die Augen, die sie hastig mit dem Taschentuch des Fremden wegwischte.
    Erst als Mrs Grudge das Zimmer verlassen hatte, nahm sie das Tuch in näheren Augenschein. Aus feinstem Leinen, absolut ungewöhnlich für einen Diener. Beinahe erwartete sie, das Monogramm des Earls eingestickt zu sehen, stattdessen fand sie in einer Ecke die Initialen J.D. Aber der Mann hieß Jacobs mit Nachnamen. Offenbar hatte er es jemandem entwendet.
    Ein verwegener Taugenichts, dachte sie missbilligend. Wieso fühlte sie sich plötzlich zu dreisten Männern aus der Unterschicht hingezogen? Erst ein Juwelendieb, der ihr diesen vermaledeiten Ring angesteckt hatte, und nun der Schwiegersohn einer Köchin, der anderen Frauen nachstieg.
    Sie schüttelte ratlos den Kopf. Sobald sie den Ring abgestreift und versteckt oder weggeworfen hatte, wie immer sie diesen kostbaren Stein des Anstoßes auch loswurde, der ihr nur Scherereien machte, würde sich alles zum Guten wenden. Mr Bothwell war ein rechtschaffener Mann, und sie hatte Glück, dass er sie zur Braut erwählt hatte. Vermutlich bewahrte er feurige Küsse für das eheliche Schlafgemach auf, und sie konnte endlich alle verbotenen Gedanken an Juwelendiebe aus ihrem wirren Geist verbannen.
    Das konnte sie nur hoffen.

12. Kapitel
    M iranda erwachte im hellen

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