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Zeit der Hingabe

Zeit der Hingabe

Titel: Zeit der Hingabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Stuart
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ich bin beinahe erstickt, als ich sie aufgezogen habe.“
    Bridget machte ein erschrockenes Gesicht. „Oh Miss … ähm, Mylady, das tut mir leid. Wir haben erst heute von Ihrer Ankunft erfahren, und Mrs Humber ist sehr eigen. Sie hat es nicht gern, wenn Seine Lordschaft Frauen ins Haus bringt.“
    Es gab keinerlei Grund für den Stich, den Miranda verspürte. „Lehnt sie Damenbesuche aus moralischen Gründen ab? Oder weil Seine Lordschaft beabsichtigt, mich zu heiraten?“
    Bridget schüttelte den Kopf, und Miranda entdeckte dabei einen blauen Fleck an ihrem Hals, den sie vermutlich Mrs Humber oder ihrem Handlanger Ferdy zu verdanken hatte. „Nein, das nicht. Ich glaube, sie macht sich selbst Hoffnungen auf ihn.“
    „Mrs Humber?“, fragte Miranda fassungslos. „Aber sie ist viel älter als er und noch dazu seine Wirtschafterin.“
    „Wer kann schon wissen, wo die Liebe hinfällt, Mylady?“
    Die Vorstellung, die griesgrämige Mrs Humber könne in Lucien verliebt sein, war so absurd, dass Miranda keinen weiteren Gedanken daran verschwendete und das Thema wechselte. „Er bringt also Damen hierher?“, fragte sie und nestelte an einem losen Band ihres zerknitterten Kleides.
    „Nein, Miss. Keine echten Damen. Sie wissen ja, wie die Herren sind … sie wollen eben gelegentlich ihren Spaß haben.“
    „Ich bezweifle, dass Lord Rochdale etwas von Spaß versteht“, entgegnete Miranda trocken. „Wie dem auch sei, ich bin froh zu hören, dass er gelegentlich Huren zu sich eingeladen hat. Dann fehlte es ihm wenigstens nicht völlig an weiblicher Gesellschaft.“
    „Die blieben aber nicht lange, Miss. Seine Lordschaft langweilt sich schnell.“
    „Das will ich hoffen“, entgegnete Miranda freundlich. Mit etwas Glück langweilte er sich auch mit ihr in diesem Kampf, ehe er den Sieg erringen konnte. Letztlich hatte er alle Trümpfe in der Hand, und zu allem Überfluss reagierte ihr Körper verräterisch auf seine Berührungen. Sie musste also dringend vermeiden, dass er ihr zu nahe kam, bis er dieses zermürbende Spiel satthatte. Und das würde geschehen, früher oder später.
    „Wie bitte, Mylady?“, fragte Bridget, während sie vorsichtig die schweren braunen Samtvorhänge zuzog, um keinen Staub aufzuwirbeln.
    „Ich führe nur Selbstgespräche.“
    Nach einer halben Stunde war die Wanne mit heißem Wasser gefüllt. Bridget legte weitere Scheite ins Feuer und war sogar so kühn, Ferdy anzuweisen, mehr Holz zu bringen und ein Tablett mit Tee und Gebäck.
    Miranda ließ sich mit einem wohligen Seufzer ins Badewasser gleiten, Balsam für ihre verspannten Muskeln und steifen Gelenke. Bridget wusch ihr mit Hingabe die Haare und rieb sie mit einem flauschigen Tuch trocken.
    Wie jede Frau fand Miranda Gefallen an neuen Kleidern, aber das, was sie im Schrank entdeckt hatte, kam ihr vor wie eine Weihnachtsbescherung. Sie stieg aus der Wanne, hüllte sich ein großes türkisches Tuch, das Bridget ihr reichte, und begutachtete Nachthemd und Morgenmantel, die das Mädchen ihr zurechtgelegt hatte.
    „Werde ich denn nicht mit Seiner Lordschaft speisen?“, fragte sie. Es konnte noch nicht so spät sein, sie waren bei Tageslicht angekommen.
    „Er ist ausgegangen, Miss, und man weiß nie, wann er nach Hause kommt. Er gab Anweisung in der Küche, nicht mit dem Dinner auf ihn zu warten und Ihnen das Essen auf Ihr Zimmer zu bringen.“
    „Kann es sein, dass er ausgegangen ist, um den Priester aufzusuchen?“, fragte Miranda, während sie in das spitzenbesetzte Seidenhemd schlüpfte. Lucien bewies einen erlesenen und luxuriösen Geschmack.
    „Das weiß ich leider nicht, Miss. Manchmal bleibt er tagelang fort.“
    „Das kann man nur hoffen“, murmelte sie wieder und band die Seidenschleifen. Das dünne Nachthemd bot kaum Schutz gegen die Kälte in dem unwirtlichen Haus, dennoch hatte sie nicht die Absicht, in ihr breites Bett zu schlüpfen und auf ihren unwillkommenen Bräutigam zu warten.
    Sie hatte nämlich starke Zweifel daran, dass er die Absicht hatte, die Trauung abzuwarten.
    Und sie hatte nicht die Absicht, sich ihm hinzugeben. Niemals.
    Endlich wurde das Abendessen gebracht, das völlig verkocht war und fade schmeckte. Dieser Haushalt brauchte dringend eine weibliche Hand, um maßgebliche Veränderungen vorzunehmen. Wenn sie nur Lucien loswerden könnte, würde ihr diese Aufgabe sogar Vergnügen bereiten. Sie hatte immer schon ein Faible für schöne Dinge gehabt und liebte es, ein Haus hübsch zu dekorieren.

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