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Zeit der Hingabe

Zeit der Hingabe

Titel: Zeit der Hingabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Stuart
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Knopfaugen der Köchin funkelten hasserfüllt, und Mrs Humber neben ihr presste wütend die Lippen aufeinander. Ein ausgezeichneter Anfang, registrierte Miranda ungerührt. „Kommen Sie, Mrs Humber“, sagte sie lächelnd.
    Miranda war auf das Schlimmste gefasst, aber letztlich stellte sich der Zustand des Hauses als weniger katastrophal heraus. Das Gebäude stammte aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts, war auf soliden Grundmauern errichtet, und das Dach war in Ordnung. An einigen Stellen stieg zwar Feuchtigkeit aus dem Mauerwerk auf, aber soweit sie es nach der kurzen Besichtigung beurteilen konnte, war der Kasten nicht baufällig, lediglich völlig verwahrlost und vernachlässigt. Die meisten Räume waren augenscheinlich seit Jahrzehnten weder gelüftet noch gesäubert worden. Im ganzen Haus hing der muffige Geruch nach Mäusekot, Staub und mottenzerfressener alter Wolle. Mrs Humber hielt offenbar nur die Räume, die der Hausherr benutzte, einigermaßen in Ordnung. Die übrigen waren dem Verfall preisgegeben.
    Miranda zählte siebzehn Schlafzimmer, wobei das ihr zugewiesene bei Weitem nicht zu den geräumigsten gehörte. Immerhin war es sauberer als die anderen, zweifellos häufig von den Flittchen bewohnt, die Lucien einzuladen pflegte.
    Mrs Humber blieb vor einer Tür stehen. „Es steht mir nicht zu, Ihnen diese Räume zu zeigen“, erklärte sie abweisend.
    „Wieso? Liegen darin die Gebeine seiner ermordeten Bräute?“
    Mrs Humber reagierte keineswegs erheitert. „Es ist das Privatgemach Seiner Lordschaft.“
    „Ist es ebenso verdreckt wie der Rest des Hauses?“
    „Wir halten es sauber.“
    „Wovor haben Sie dann Angst? Da Seine Lordschaft ausgeritten ist, besteht keine Gefahr, ihn zu stören.“
    „Wenn Sie es wünschen, kann ich Sie nicht daran hindern, Mylady“, sagte Mrs Humber mit Grabesstimme. „Ich betrete dieses Zimmer nur, wenn der Herr es wünscht.“
    „Ich bin kein Angsthase“, entgegnete Miranda und stieß die Tür zu Ritter Blaubarts verbotenem Gemach auf.
    Wie nicht anders erwartet, bot sich ihr ein düsterer Anblick, zu dem die Leichen ermordeter Ehefrauen aus dem Gruselmärchen gepasst hätten. Eine dunkle, von Holzwürmern durchlöcherte Wandvertäfelung, verschlissene, ausgebleichte, ehemals braune Samtportieren. Miranda bemühte sich, bei ihrem Rundblick das Bett auszublenden, was ihr natürlich nicht gelang. Ein riesiges Baldachinbett mit dunklen Behängen, allerdings makellos weißen Bezügen.
    Sie wandte sich brüsk ab, warf einen Blick ins Ankleidezimmer und den angrenzenden kleinen Salon. Alle Räume waren zwar ungepflegt, düster und karg eingerichtet, aber relativ sauber. Sein Haus in London, zumindest die Räume, die sie gesehen hatte, waren ebenso düster und deprimierend gewesen. Kein Wunder, dass der Mann eine schwarze Seele hatte, wenn er sich in solch schauriger Umgebung wohlfühlte.
    Mrs Humber wartete immer noch auf der Schwelle. „Nun, Mylady, haben Sie genug gesehen?“, fragte sie frostig.
    „Wir brauchen grob geschätzt zwölf Frauen. Vier Zimmermädchen für die oberen Gemächer, vier Mädchen für die offiziellen Räume im Erdgeschoss und die restlichen vier als Wäscherinnen und Küchenhilfen. Bridget sagt, sie muss alle Hausarbeiten allein erledigen. Das mag angehen, wenn das Haus leer steht. Aber das wird sich ändern. Wir werden Gäste empfangen und brauchen wesentlich mehr Personal.“
    „Und was ist mit Bridget?“, fragte Mrs Humber aufsässig. „Sie ist schlampig, aber ich brauche sie …“
    „Ich werde Bridget anlernen. Sie soll meine persönliche Zofe werden.“
    Mrs Humber lachte höhnisch. „Das Mädchen taugt nichts, sie ist faul und aufsässig. Ich wollte sie ohnehin rauswerfen.“
    „Dann kann es Ihnen nur recht sein, wenn sie mir zur Verfügung steht. Zwölf zusätzliche Mägde, Mrs Humber. Dazu mindestens vier Diener für die schweren Arbeiten.“
    „Mein Ferdy schafft das alleine.“
    Miranda unterdrückte ein Schaudern bei dem Gedanken an den vierschrötigen Grobian. „Das mochte ausreichen, solange hier niemand wohnte.“
    „Ich glaube kaum, dass Seine Lordschaft Gäste empfängt, Mylady.“
    „Sind Sie über Lord Rochdales Pläne unterrichtet, Mrs Humber?“
    Die Frau mied ihren Blick. Sie wusste zu viel, vermutlich lauschte sie heimlich an Türen.
    „Wie heißt die Köchin?“, fragte Miranda auf dem Weg zum Küchentrakt, während Mrs Humber schwerfällig hinter ihr her

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