Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zeit der Hingabe

Zeit der Hingabe

Titel: Zeit der Hingabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Stuart
Vom Netzwerk:
Mann wie ihn würde ein Mädchen nicht vergessen, ganz gewiss kein scheues, romantisches, sich nach Liebe verzehrendes Mädchen, das im Begriff war, eine langweilige Ehe einzugehen. Sie sah ihn argwöhnisch an, ihr Unmut verwandelte sich in Neugier. „Sie reden plötzlich anders als vorhin.“
    Damit brachte sie ihn in Verlegenheit. „Ach ja, Mylady. Ich bin ziemlich weit herumgekommen und habe verschiedene Dialekte aufgeschnappt. Aber glauben Sie mir, ich habe keine schlechten Absichten.“
    Er klang aufrichtig, und ihre Neugier gewann die Oberhand. „Kenne ich Sie? Mir ist, als wären wir uns schon einmal begegnet.“
    Sie glaubte, eine flüchtige Unsicherheit in seinem Blick wahrzunehmen, doch dann veränderte sich seine Miene, beinahe so, als setze er eine Maske auf. Er grinste. „Eine schöne Lady wie Sie würde ich nicht vergessen.“
    Sie funkelte ihn erbost an. „Geben Sie sich keine Mühe, Jacobs“, sagte streng. „Vielleicht fühlen Sie sich verpflichtet, einer höhergestellten Dame zu schmeicheln, oder plumpe Komplimente sind Ihnen zur Gewohnheit geworden, aber ich weiß genau, dass ich keine Schönheit bin, also lassen Sie diesen Unsinn, bitte.“
    „Sie brauchen einen Spiegel.“ Seine Stimme hatte den unterwürfigen Tonfall verloren, und ihr Argwohn stellte sich wieder ein.
    „Bitte um Verzeihung, Mylady“, fuhr er fort, wieder im Dialekt, eine Mischung aus Yorkshire und irischer Mundart. Offenbar war er tatsächlich weit herumgekommen und hatte von jedem Dialekt ein paar Brocken aufgeschnappt. „Was kann ich für Sie tun?“
    Einem Impuls folgend streckte sie ihm die Hand entgegen, an dem der Diamant blitzte. „Haben Sie eine Ahnung, wie ich diesen Ring loswerde?“
    Er studierte das Schmuckstück lange, erstaunlicherweise ohne eine Spur von Habgier im Blick. „Woher soll ich das wissen? Vielleicht fragen Sie Mrs Grudge.“
    „Das habe ich bereits getan. Sie schlug Wagenschmiere vor. Sie als Kutscher könnten so etwas doch auftreiben.“
    „Hm, wie soll ich mitten in der Nacht an Wagenschmiere kommen? Bevor wir morgen aufbrechen, besorge ich Ihnen welche. Aber wieso wollen Sie dieses funkelnde Ding loswerden?“
    „Der Ring ist gestohlen“, antwortete sie verlegen. „Und mein Verlobter wird mir peinliche Fragen stellen.“
    „Das kann ich mir denken“, bemerkte er trocken. „Sie sollten zu Bett gehen, Mylady. Morgen liegt eine anstrengende Reise vor uns, und Sie sollten sich nicht allein mit einem Mann wie mir unterhalten.“
    „Meine Gliedmaßen sind steif, und ich kann nicht schlafen“, gestand sie.
    „Mir ergeht es ähnlich“, erklärte er merkwürdig belustigt.
    Armer Mann. So ungehörig er auch sein mochte, er hatte den ganzen Tag im strömenden Regen auf dem offenen Kutschbock verbracht, und sie konnte ihn kaum aus dem Zimmer weisen. Sie holte tief Atem. „Nun, Jacobs, dann sollten Sie einen zweiten Stuhl holen, und wir verbringen die Nacht gemeinsam vor dem warmen Feuer.“
    Er rührte sich nicht von der Stelle, blickte nur sinnend auf sie herab.
    Gütiger Gott, was für ein unschickliches Angebot, dachte Jane reichlich verspätet und spürte, wie ihr die Hitze in die Wangen stieg. Wie konnte sie nur so einen Vorschlag machen? Er war ein Schürzenjäger, und ihre Worte klangen wie eine Einladung zu einer Tändelei. „Ich meine …“, stammelte sie hilflos. „Das heißt …“
    Er lächelte jungenhaft ohne jede Anzüglichkeit. „Keine Sorge, Mylady, ich weiß, was Sie meinen. Es ist besser, wenn ich meine Unterkunft im Stall aufsuche und Ihnen den bequemen Stuhl vor dem Feuer überlasse, und morgen bringe ich Ihnen die feinste Wagenschmiere, die ich auftreiben kann.“
    Jane atmete erleichtert auf. „Das ist eine glänzende Idee, Jacobs“, erwiderte sie dankbar und nahm in dem Schaukelstuhl Platz, der immer noch seine Körperwärme ausstrahlte, was sich ausgesprochen ungehörig anfühlte. Sie musste sich den Anschein geben, als sei diese nächtliche Begegnung nichts Ungewöhnliches für sie. Während der Unterhaltung hatte sie geflissentlich vermieden, ihm ins Gesicht zu sehen, und stattdessen den Blick auf seine Schultern gerichtet. Doch nun hob sie den Kopf und sah in sein verwegen schönes Gesicht und in seine blauen Augen, und sie wusste es.
    Unmöglich, schoss es ihr durch den Sinn, absolut unmöglich. „Gute Nacht, Mylady“, sagte er, verneigte sich unbeholfen, ging rückwärts zur Tür und verschwand in der Nacht.
    Verdammt, das war haarscharf, dachte

Weitere Kostenlose Bücher