Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zeit der Hingabe

Zeit der Hingabe

Titel: Zeit der Hingabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Stuart
Vom Netzwerk:
in die Dutzende ging, mussten von Schornsteinfegern gründlich gereinigt werden. Der Teppich in ihrem Zimmer war so durchgetreten und fadenscheinig, dass sie Gefahr lief, mit den Absätzen darin hängen zu bleiben. Sie wollte sich einen anderen Teppich im Haus aussuchen, der in einem besseren Zustand war, ihn ausklopfen und in ihr Zimmer legen lassen.
    Ihr Gefängniswärter tauchte auch nicht zum Dinner auf. Nicht, dass sie ihn vermisst hätte, redete sie sich ein. Sie streckte sich, um die Verspannungen in ihren Schultern loszuwerden. Sie war zu lange eingesperrt gewesen, anfangs während der ewig langen Kutschfahrt und nun in diesem unheimlichen riesigen Haus. Morgen wollte sie einen langen Spaziergang machen, ob es regnete oder nicht. Sie war kein verwöhntes Püppchen, sondern mit drei Brüdern auf dem Lande aufgewachsen und konnte Wind und Wetter trotzen.
    Bridget hatte sich große Mühe mit dem Schlafzimmer ihrer Herrin gegeben, bei offenen Fenstern den gröbsten Staub aus den Vorhängen geklopft und den Kamin gereinigt. Das Zimmer bot einen beinahe behaglichen Eindruck, als Miranda sich nach oben begab. Es war bereits nach zehn, das Buch aus der Bibliothek interessierte sie nicht mehr, und dieser herzlose Schuft von einem Verführer würde die Nacht vermutlich außer Haus verbringen.
    Bridget hatte die staubigen Bettvorhänge abgenommen, und durch die offenen Fenster wehte kühle frische Nachtluft herein. Das Mädchen half ihr bei den Vorbereitungen zur Nachtruhe, und Miranda wünschte sich, Lucien würde bleiben, wo der Pfeffer wächst.
    Sie wartete, bis Bridget sich zurückgezogen hatte, dann schob sie den Riegel vor und klemmte die hohe Stuhllehne unter die Türklinke. Diese Sicherheitsvorkehrungen waren vermutlich gar nicht nötig, da er nach der Episode im Gasthof keinerlei Interesse mehr an ihr gezeigt hatte. Sein einziger Beweggrund, sie hier gefangen zu halten, war offenbar seine Rache. Vermutlich war ihm die Prozedur, das Bett mit ihr zu teilen, ebenso lästig wie ihr. Kein schmeichelhafter Gedanke, aber letztendlich eine Erleichterung für sie. Vielleicht käme sie am Ende doch noch ungeschoren davon.
    Irgendwann nach Mitternacht hörte der Regen auf, und in der plötzlichen Stille wachte Miranda auf. Der Mond ließ sich gelegentlich hinter rasch vorüberziehenden Wolkenfetzen blicken, und Miranda lag im Bett und beobachtete die Regenschlieren, die wie Tränen an den schwarzen Fensterscheiben herunterliefen.
    Sie neigte nicht zum Weinen und würde es auch jetzt nicht tun. Aber sie hatte sich in ihrem ganzen Leben noch nicht so verlassen und einsam gefühlt wie in diesem gruseligen Haus in einer gottverlassenen Gegend, wo niemand, weder ihre Familie noch Freunde, sie je finden würde. Sie nahm sich vor, morgen ihr Leben mit neuer Energie und Entschlusskraft anzupacken, wenn sie die Hoffnungslosigkeit dieser Mitternachtsstunde überwunden hatte.
    „Hast du tatsächlich geglaubt, ein Stuhl unter der Türklinke könnte mich aussperren?“
    Mit einem Laut des Schreckens fuhr Miranda hoch, ihre Hand flog an ihr wild klopfendes Herz, und dann bedachte sie Lucien de Malheur mit einem hasserfüllten Blick. „Mir wäre fast das Herz stehen geblieben!“, herrschte sie ihn an. „Du kannst dich doch nicht heimlich hier hereinschleichen!“
    „Ich habe mich nicht hereingeschlichen. Ich stehe mindestens seit fünf Minuten hier und höre dich schnarchen.“
    „Ich schnarche nicht!“
    Er zuckte die Achseln. „Vielleicht ist es auch nur ein Schnurren, jedenfalls nicht laut genug, um mich nachts zu wecken.“
    „Gewiss nicht, da wir nicht in einem Zimmer schlafen“, entgegnete sie schnippisch, ehe sie sich ihrer Strategie entsann und ein Lächeln aufsetzte. „Es sei denn, du hast deine Meinung über unsere Heirat geändert.“
    Sie hatte den unangenehmen Verdacht, er könne ihre Gedanken lesen. „Was würdest du denn vorziehen, Teuerste?“, fragte er heimtückisch. „In Sünde oder im heiligen Stand der Ehe mit mir zu leben?“
    Sie wusste sehr wohl, dass er das Gegenteil von dem tun würde, was immer sie antwortete. Sie war bereits einmal gezwungen gewesen, die sexuelle Gewalt eines Mannes zu ertragen, und hatte es überstanden. Sie würde auch seine Zudringlichkeiten schadlos überstehen.
    „Eigentlich wäre ich gerne verheiratet“, erklärte sie ein wenig scheu. „Eine große Hochzeit wird es wohl kaum geben, vermutlich nur im kleinen Kreis in einer Dorfkirche. Jedes Mädchen träumt davon,

Weitere Kostenlose Bücher