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Zeit der Hingabe

Zeit der Hingabe

Titel: Zeit der Hingabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Stuart
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einen kleinen Handel mit sich ab: Er wollte einen Blick ins Nebenzimmer werfen, und wenn es leer war, wollte er sein Lager im Stall aufsuchen. Wenn sie noch am Tisch saß, würde er ein paar Minuten mit ihr plaudern, nur ein paar Minuten. Das Schicksal sollte entscheiden.
    Er machte die paar Schritte, stolperte und fluchte. Dann griff er nach der Türklinke.
    Das Zimmer war leer, das Feuer zur schwelenden Glut heruntergebrannt. Der fahle Schein des Mondes dieser klaren Nacht fiel in den kleinen Raum. Er schloss die Tür hinter sich, lehnte sich dagegen und redete sich ein, dass er nur Erleichterung verspürte, nichts sonst.
    Und dann entdeckte er die Stiege.
    In der kleinen Herberge gab es nur eine Schlafkammer für vornehme Gäste. Das Gesinde und Long Molly waren im hinteren Teil des Hauses über der Küche untergebracht. Das hatte er gewusst, als er die Herberge ausgesucht hatte – in der Hoffnung, das Gästezimmer sei belegt und er wäre gezwungen, die Fahrt nachts fortzusetzen, um nicht in Versuchung zu geraten.
    Aber die Umstände hatten gegen ihn entschieden. Die Wirtsleute und das Gesinde schliefen längst in ihren Betten. Nur der lüsterne König der Diebe, der sich als Kutscher ausgab, war auf der Suche nach …
    Er wollte nicht daran denken, was er eigentlich suchte. Er fühlte sich zu benebelt, um daran zu denken, was er eigentlich wollte, wobei ein Teil von ihm keinen Zweifel daran ließ. Er steuerte die Stiege an.
    Ob sie schon schlief? Hatte sie ihre Tür verriegelt? Jede vernünftige Frau würde die Tür ihrer Kammer verriegeln. Miss Pagett aber hatte sich von ihm küssen lassen. Und sie hatte ihn eingeladen, sich zu ihr ans Feuer zu setzen. Ziemlich unvernünftig, wenn es darum ging, ein Unschuldslamm vor einem hungrigen Wolf zu bewahren.
    Allerdings konnte sie nicht ahnen, wen sie eingeladen hatte, ihr ein wenig Gesellschaft zu leisten. Oder er schätzte das Mädchen völlig falsch ein. Vielleicht verbarg sich hinter ihren erschrockenen Augen und ihrem weichen Mund das Herz einer lüsternen Frau, die alles nahm, was sich ihr bot.
    Unsinn. Sie hatte nicht einmal gewusst, wie man küsste. Ihr bang klopfendes Herz und ihr Beben hatten ihm zu verstehen gegeben, dass sie seinen Kuss leidenschaftlich erwidert hätte, wenn sie sich darauf verstehen würde. Ihre Unbeholfenheit hatte seinen Appetit nur noch mehr angeregt.
    Nein, sie ist eine unberührte Unschuld, dachte er verträumt. Allerdings waren unberührte Mädchen des Teufels. In seiner Jugend, als Milchbart, der sich nicht an erfahrene Frauen heranwagte, hatte er mit Jungfrauen erste erotische Experimente gemacht. Später hatte er unschuldige Mädchen gemieden. Sie lagen starr unter ihm, weinten, hatten Schmerzen, wussten nicht, was sie mit ihren Beinen und Händen anfangen sollten, und hatten keine Ahnung, welche Wonnen sie einem Mann mit dem Mund verschaffen konnten. Sie glaubten seine Lügen und wollten im Arm gehalten und gestreichelt werden, nachdem bereits alles gesagt und getan war.
    Er beäugte die Stiege. Durch das schmale Fenster auf dem Absatz fiel Mondschein und wies ihm den Weg. Das war ein deutliches Zeichen.
    Bedächtig erklomm er die Stiege. Würde er klopfen, wenn ihre Tür verschlossen war? Oder die Tür eintreten? Wenn sie ihm befahl, wegzugehen, würde er kehrtmachen? Würde er ihr den Mund zuhalten, wenn sie schrie?
    Auf der obersten Stufe verharrte er und starrte auf die einzige Tür. Wenn er öffnete, würde Miss Jane ihn mit einem Lächeln bitten, einzutreten?
    Er stand reglos. Morgen würde sie für immer aus seinem Leben verschwunden sein. Und er musste sturzbetrunken sein, sich hier heraufgewagt zu haben.
    Er machte noch einen Schritt, lehnte die Stirn gegen die kühle Türfüllung und schloss die Augen. Ihm war, als wehe ihm ein Hauch ihres Veilchendufts durch die Tür entgegen. Seine Fantasie war ihm zum schlimmsten Feind geworden.
    Er flüsterte ihren Namen leise wie ein Windhauch. Und dann lachte er lautlos in sich hinein. Was war er nur für ein Idiot. Ein mondsüchtiger Trottel.
    Er stieß sich von der Tür ab. Sobald er Miss Pagett morgen bei ihrer Familie abgesetzt hatte, wollte er schleunigst zum Beggar’s Ken fahren, Gracie bei der Hand nehmen und ihr im dämmrigen Flur die Röcke hochreißen.
    Danach wollte er Lady Blanche aufsuchen und mit ihr das Gleiche tun. Dann würde er es mit beiden gleichzeitig treiben. In seinem Zustand könnte er es mit einem halben Dutzend Weiber gleichzeitig tun, so unstillbar war

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